Lieber Karl-Theodor zu Guttenberg,
persönlich ist es mir ja völlig egal, ob Du in Deiner Doktorarbeit geschummelt hast. Ein Politiker, der eine Aufgabe nicht ordentlich erledigt? Da wärst Du ja nicht der erste Fall. Bist halt auch nur ein Mensch.
Aber leider bist Du ja auch ein Vorbild: Du bist Verteidigungsminister, Jurist, politischer Hoffnungsträger und adliger Dauergast in der Klatschpresse. Du bist ein Vorbild nicht nur für Generäle und Soldaten, sondern für jeden kleinen Angestellten, für jeden Schüler und Studenten in diesem Land.
Schönes Vorbild: Statt Deinen Fehler aufrecht einzugestehen, spielst Du sie herunter. Bei 475 Seiten Doktorarbeit mit mehr 1200 Fußnoten könne es allenfalls um vereinzelte Fußnoten gehen. Du wärst aber bereit, das zu prüfen.
Sollen wir das jetzt alle so machen?
Ich bin schon gespannt, wann der erste Meister diesen Spruch von seinem Gesellen hört: "Der Vorwurf, dass ich das Dach nicht ordentlich gedeckt habe, ist abstrus. Ich bin aber gerne bereit zu prüfen, ob ich bei mehr als 1200 Dachpfannen die eine oder andere Dachpfanne vergessen habe."
Oder: "Ich hab in diesem Jahr schon 1000 Quadratmeter Wände tapeziert, da kann ich nicht ausschließen, dass ich an ein oder zwei Wänden die Grundierung vergessen habe."
Das ist doch keine Entschuldigung! Wer eine Arbeit macht, der soll sie bitte gründlich machen. Oder gilt das nicht für Dich, bist Du etwas Besseres?
Jeder Handwerker muss heute für die kleinsten Mängel bei Kunden zu Kreuze kriechen und Abschläge hinnehmen. Da kannst Du nicht einfach so tun, als ob nichts wäre. Würde sich ein normaler Handwerker so wie Du verhalten, dann wäre er bei den Kunden unten durch.
Es kommt nicht darauf an, keine Fehler zu machen. Es kommt darauf an, wie man mit ihnen umgeht. Wer einen Fehler macht, der muss dazu stehen, sich entschuldigen, möglichen Schaden beseitigen und dafür sorgen, dass es nicht wieder passiert. Das wäre ein echtes Vorbild.
Wie wäre es also mit einer Entschuldigung, lieber zu Guttenberg - und mit der Rückgabe des Doktortitels? Du hast Deinen Job nicht ordentlich gemacht und bist nach unserer Ansicht eindeutig noch in der Gewährleistung. So läuft das jedenfalls im Handwerk
Es grüßt
Jörg Wiebking
- Redaktion handwerk.com -
P.S. Und komm mir bloß nicht damit, dass das ja alles nur eine Kampagne Deiner linken Gegner ist. Selbst die konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) beschuldigt Dich. 23 Schummeleien hat die FAZ bereits gezählt - und erwartet noch mehr.
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