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Der Anwalt aus dem Netz

So funktioniert Online-Rechtsberatung

Rechtsportale liefern anwaltliche Beratung und Verträge aus dem „Automaten“. Was können Sie leisten? Und wo liegen die Grenzen?

Ein typischer Fall: „Sehr geehrter Anwalt“, schreibt jemand auf der Plattform frag-einen-anwalt.de. „Beim Blick auf meinen Kontoauszug habe ich leider jetzt erst festgestellt, dass die Firma D seit Oktober 2013 von meinem Konto 19,70 Euro via Lastschrift abbucht.“ Der Betroffene schreibt weiter, dass er mit der abbuchenden Firma mit Sitz in England weder ein Vertragsverhältnis abgeschlossen hat, noch über sein 14-tägiges Widerrufsrecht aufgeklärt wurde. Er ist in eine Abo-Falle getappt und möchte nun wissen, wie er sich verhalten soll.

Online-Rechtsberatung als kostengünstige Alternative
Hätten Sie in einem solchen Fall extra einen Rechtsanwalt aufgesucht? Oder scheuen Sie den Aufwand und die Kosten? Online-Rechtsportale stoßen mit ihrem Angebot genau in diese Lücke: Bei frag-einen-anwalt.de tippen Ratsuchende ihr Anliegen einfach in eine Maske ein und geben dafür selbst einen Preis an – je nach Zahlungsbereitschaft. Die Antwort folgt nach Betreiberangaben in der Regel in weniger als zwei Stunden. Frage und Antwort können entweder öffentlich sichtbar oder vertraulich sein. Bei der zweiten Variante können die Nutzer auch Dokumente mitschicken. Mindestgebot für eine öffentliche Anfrage: 25 Euro. Mindestgebot für die vertrauliche Variante: 50 Euro. Der Nachteil daran: Sie können sich die Anwälte nicht aussuchen, die sich mit ihrem Anliegen beschäftigen sollen.

Verschiedene Spielarten und Preismodelle
„Wir möchten, dass die Menschen auf unseren Plattformen schnell, einfach und günstig ihre rechtlichen Probleme lösen können“, sagt Michael Friedmann. Er ist Geschäftsführer der QNC GmbH in Hannover, die neben frag-einen-anwalt.de auch noch die Plattform 123recht.net betreibt. Dort können die Nutzer einen Anwalt ihrer Wahl direkt und vertraulich für eine Rechtsberatung kontaktieren, der Preis ist Verhandlungssache. Oder sie buchen eine genau definierte Leistung zum Festpreis, die einzelne Anwälte im „Rechtsshop“ anbietet. Die Prüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder die Erstellung eines „rechtssicheren Impressums“ zum Beispiel.

Bei der Online-Rechtsberatung kommunizieren Anwalt und Mandant ausschließlich oder hauptsächlich über das Internet. Das kann Zeit und Kosten sparen. Portale wie anwalt.de, yourxpert.de, advocado-expert.de, frag-einen-anwalt.de und 123recht.net bieten diese Dienstleistung in unterschiedlichen Spielarten an.

Wofür eignet sich eine Online-Rechtsberatung?
„Die Stärke besteht darin festzustellen, ob ich überhaupt ein rechtliches Problem habe“, sagt Swen Walentowski vom Deutschen Anwaltverein über die Online-Rechtsberatung. Sind meine AGB zum Beispiel korrekt oder nicht? Ist die Mängelrüge eines Kunden gerechtfertigt oder nicht? Für solche Rechtsauskünfte könne sich die Online-Rechtsberatung durchaus eignen. Nicht geeignet sei sie hingegen, wenn es darum gehe, Verträge an die spezifischen Erfordernisse eines Unternehmens anzupassen, sie also individuell zu „gestalten“.

Einige Rechtsportale bieten Rechtsdokumente an, die konfigurierbar sind. Wie das geht, lesen Sie auf Seite 2.

Interaktiv anpassbare Dokumente als weiterer Service

Ein Teil der Rechtsportale hat außerdem auch Musterverträge und Dokumente im Angebot, die sich interaktiv konfigurieren lassen und zum Festpreis als Download verfügbar sind. Solche Dokumente finden sich zum Beispiel bei 123recht.net oder auf den Plattformen smartlaw.de und janolaw.de, die bislang ganz darauf spezialisiert sind.

Smartlaw.de wird von der Wolters Kluwer Deutschland GmbH in Hürth betrieben. Laut Geschäftsbereichsleiter Ingo Mahl finden sich dort mehr als 140 verschiedene Schriftstücke für Unternehmen, vom Arbeitsvertrag über gesellschaftsrechtliche Dokumente bis hin zum Mitarbeiterzeugnis. Sie sind einzeln oder im Abo-Paket erhältlich, das noch weitere Leistungen beinhaltet. Die Macher von smartlaw.de stellen heraus, dass die von ihnen vertriebenen Rechtsdokumente nicht starr, sondern über einen strukturierten Frage-Antwort-Dialog konfigurierbar sind. Anhand der Antworten des Nutzers wird im Hintergrund Wort für Wort und Absatz für Absatz das Dokument erstellt. „Die Inhalte entwickeln wir zusammen mit ausgewählten Rechtsexperten“, sagt Ingo Mahl. Und auch das intern dafür zuständige Team bestehe komplett aus „hervorragend ausgebildeten Rechtsanwälten“.

Wofür eignen sich solche Rechtsdokumente?
Swen Walentowski, Sprecher des Deutschen Anwaltvereins, weist jedoch auf die Grenzen dieser Produkte hin: „Das ist keine individuelle Rechtsberatung. Und weil kein Anwalt in diesen Prozess eingeschaltet ist, haftet auch niemand dafür, wenn diese Dokumente nicht passgenau sind.“ Musterdokumente eignen sich ihm zufolge am ehesten für einmalige Angelegenheiten, die standardisierbar sind und bei denen es nicht um allzu viel Geld geht. Als Beispiel fällt ihm der Vertrag über einen Tiefgaragenstellplatz für das Auto ein. Bei Dauerschuldverhältnissen wird es aus Sicht von Walentowski schon schwieriger, weil mehr zu regeln ist und auch mehr auf dem Spiel steht. Bei Standardmustern, die es zum Beispiel im Schreibwarenhandel gibt, bestehe immer die Gefahr, dass die Dokumente nicht mehr aktuell sind, weil sich die Rechtslage – etwa zu den AGB – geändert hat.

Smartlaw.de zum Beispiel führt hier allerdings seinen „Radar“ ins Feld: „Gemeinsam mit unseren Kanzleipartnern überwachen wir unser gesamtes Dokumentenangebot“, erklärt Ingo Mahl. Sobald sich rechtlich etwas ändert, werden die Rechtsdokumente ihm zufolge sofort oder zum relevanten Stichtag aktualisiert. „Unsere Kunden, die diese Dokumente nutzen, werden von uns informiert, so dass sie bei Bedarf rechtzeitig aktiv werden können.“

Was sagen die Kundenbewertungen über die Qualität der Portale aus? Mehr dazu auf Seite 3.

Wie lässt sich die Qualität des Angebots beurteilen?

Ein Qualitätsindikator können die Urteile anderer Kunden sein. Bei einem Teil der Plattformen können die Nutzer die Anwälte bewerten, nachdem sie von ihnen einen Rat eingeholt haben. Ob die Bewertungen auch sämtlich veröffentlicht werden – egal ob sie gut oder schlecht ausgefallen sind – ist jedoch nicht immer transparent. „Wir veröffentlichen alle Bewertungen und trennen uns von Anwälten, die anhaltend schlechte Bewertungen bekommen“, sagt Michael Friedmann von frag-einen-anwalt.de und 123recht.net. Die Betreiber von anwalt.de schalten nach eigenen Angaben ebenfalls generell alle Kundenbewertungen frei, wenn die Anwälte am Bewertungssystem teilnehmen wollen. Das müssen sie aber nicht.

Ein Qualitätsindikator kann auch sein, ob und wie das Rechtsportal die dort vertretenen Anwälte auswählt. Auch das ist nicht immer transparent.

Wann empfiehlt sich der Gang zum Anwalt?
Bei nicht standardisierbaren Fällen und in der Vertragsgestaltung sollten Unternehmen einen Anwalt ihres Vertrauens einschalten. So lautet das Fazit von Swen Walentowksi vom Deutschen Anwaltverein, der selbst unter www.anwaltauskunft.de eine Suchfunktion bereitstellt.

Er weist darauf hin, dass auch die Kosten für eine „klassische“ Rechtsberatung in der Anwaltskanzlei oder am Telefon Verhandlungssache sind. Im außergerichtlichen Bereich schließen die Mandanten mit ihrem Anwalt eine Honorarvereinbarung ab. Das können Honorare sein, die sich wie im gerichtlichen Bereich am sogenannten Streitwert bemessen und die im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) festgeschrieben sind. Das können aber auch Stundensätze oder Pauschalen sein.

„Es ist wichtig zu wissen, dass diese Preise nicht in Stein gemeißelt sind, sagt auch Michael Sittig, der als Redakteur für Sachthemen bei der Stiftung Warentest tätig ist. „Deshalb sollte man sich auch nicht scheuen, zu verhandeln.“

(afu)

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