
Die Finanzierungssituation von Unternehmen ist derzeit „besser den je“. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage der KfW Bankengruppe, an der sich 3096 deutsche Unternehmen beteiligt haben. Das Nachsehen haben kleine Unternehmen: Sie scheitern besonders häufig in Kreditverhandlungen über kurzfristige (23%), mittelfristige (37%) und langfristige (39%) Kredite.
Schon die aktuellen Zahlen wären ein guter Grund, sich nach Finanzierungsalternativen umzusehen, sagt Finanzierungsexperte Carl-Dietrich Sander vom Bundesverband Die KMU-Berater. Doch der Handlungsdruck auf kleine Betriebe dürfte nach seiner Erwartung sogar noch steigen: „Wir rechnen damit, dass vor allem die Sparkassen und Volksbanken in den nächsten zwei bis drei Jahren deutlich restriktiver bei der Kreditvergabe werden“, sagt Sander.
Dafür sprechen derzeit drei Gründe:
- Sinkende Erträge durch die anhaltende Niedrigzinsphase: „Die Erträge kommen zu zwei Dritteln bis drei Vierteln aus dem Kreditgeschäft“, berichtet der Experte. Ein Ende der Niedrigzinsphase sei jedoch nicht absehbar.
- Steigender Eigenkapitalbedarf: Kreditinstitute sollen Kredite nach dem Willen der internationalen Bankenaufsicht (Basel III) bis Ende 2018 mit mehr Eigenkapital absichern. „Aber wie sollen die Banken bei den Niedrigzinsen mehr Eigenkapital aufbauen?“, fragt Sander. Dann bleibe ihnen nur der Weg, Risiken abzubauen und keine neuen einzugehen. Mit anderen Worten: Die Kreditvergabe dürfte restriktiver werden.
- Steigende Bürokratiekosten: Hinzu kommen Pläne der Europäischen Zentralbank (EZB), denen zufolge jede Bank künftig Kredite ab 25.000 Euro bei der EZB melden soll. Die so steigenden Bürokratiekosten dürften die Vergabe kleiner Kredite noch unattraktiver machen.
Auf diese Entwicklung könnten sich Handwerksbetriebe vorbereiten. Möglichkeiten dafür gebe es reichlich, sagt Sander.
Was tun? Hier die 6 Tipps für mehr Unabhängigkeit von der Hausbank!
Läuft ein Teil der Umsätze und Kredite über eine zweite Bank, dann stärkt das die Position gegenüber der Hausbank. Der Aufbau einer zweiten starken Finanzbeziehung braucht allerdings Zeit, denn Verhandlungsstärke erreichen Unternehmen nur, wenn sie zwei ungefähr gleich starke Bankbeziehungen haben. Zudem nützt Ihnen die Zweitbank nur dann etwas, wenn sie nicht die gleichen Probleme hat wie die Hausbank. Sanders Rat: Informieren Sie sich über andere Kreditinstitute und wählen Sie ihre zweite kreditgebende Hausbank danach aus, wie aktiv diese im Firmenkreditgeschäft ist.
2. Factoring: Forderungen schneller realisieren
Viele Betriebe hängen stark von ihrem Kontokorrentkredit ab. Dagegen hilft vor allem ein schnellerer Zahlungseingang. Das bedeutet: Rechnungen sofort schreiben, Zahlungsziele möglichst verkürzen, bei Rückständen sofort nachhaken und schnell mahnen.
Noch schneller kommen Betriebe mit Hilfe eines Factoring-Anbieters an ihr Geld: Gegen eine Gebühr kauft das Factoring-Unternehmen die Forderungen des Handwerkers auf und zahlt binnen 48 Stunden 80 bis 90 Prozent der Rechnung aus. Den Rest gibt es, sobald der Kunde zahlt. Nachteil: Factoring kann je nach Anbieter, Gewerk und Kundenstruktur zwei bis fünf Prozent kosten. Vorteil: Keine Forderungsausfälle, kein Aufwand mit Mahnungen, weniger Kreditbedarf und weniger Kreditzinsen. Eine Herausforderung ist es allerdings, passende Factoring-Anbieter zu finden und die Konditionen zu vergleichen. Wer das nicht selbst leisten will, könne mit dieser Aufgabe einen Factoring-Makler beauftragen, rät Sander.
3. Leasing: ohne Sicherheiten
Mittels Leasing lassen sich Investitionen auch ohne Bankkredit finanzieren, vom Fuhrpark bis zu neuen Maschinen. Ein Pluspunkt: Wer schon in Kreditverhandlungen Probleme mit den geforderten Sicherheiten hatte, muss sich darüber beim Leasing keine Sorgen machen. Der Leasing-Gegenstand gehört der Leasing-Gesellschaft, weitere Sicherheiten sind nicht nötig. Beim Anbietervergleich können spezialisierte Leasing-Makler helfen.
Noch mehr Finanzierungsalternativen: Geld aus dem Web oder vom Staat!
Finanzieren lassen sich Investitionen auch durch Internetcommunities: Betriebsinhaber werben auf entsprechenden Plattformen im Internet für ihre Investitionsvorhaben und versuchen dort, Kleinanleger und Privatinvestoren zu überzeugen. Erst durch die Summe der Beiträge kommt das Investitionsvolumen zusammen. Vorteil: Auf diesem Wege müssen keine Sicherheiten gestellt werden. Nachteil: Unternehmen müssen erst unter zahlreichen Plattformen mit unterschiedlichen Schwerpunkten, Konditionen und Anforderungen an den Kreditnehmer auswählen. Und es gibt keine Garantie, dass genügend private Geldgeber zusammenkommen.
5. Vermittlungsportale: leichter Anbietervergleich
Einen anderen Weg im Internet gehen Vermittlungsportale: Unternehmen stellen auf Plattformen wie compeon.de oder finpoint.de ihre Finanzierungsanfragen ein – auf Wunsch auch zunächst anonym. Auf der anderen Seite sitzen Finanzdienstleister wie Banken, Sparkassen und Leasinggesellschaften, die bei Interesse ein Angebot unterbreiten, Kontakt aufnehmen und weitere Informationen abfragen. Nach Sanders Einschätzung ist das eine effektive Möglichkeit, sich alternative Finanzierungsangebote einzuholen und Konditionen zu vergleichen.
6. Mikrobeteiligungen: Eigenkapital vom Staat
Kleinstbeteiligungen zwischen 10.000 und 50.000 Euro aus dem Mikromezzaninefonds Deutschland gibt es bei den Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBG) der Bundesländer. Der Fonds unterstützt Kleinstunternehmer und Gründer unter anderem bei Investitionen, der Betriebsmittelfinanzierung und der Eigenkapitalstärkung. Die Beteiligung steht zehn Jahre zur Verfügung, zurückgezahlt wird sie ab dem achten Jahr. Kosten: acht Prozent jährlich plus eine 1,5-prozentige Gewinnbeteiligung.
Und wie reagiert die Hausbank auf solche Alternativen?
Finanzierungsmöglichkeiten neben der eigenen Hausbank gibt es also viele. Doch wird die nicht sauer, wenn sich ein Handwerker plötzlich anderswo umsieht? Dieses Problem sieht Carl-Dietrich Sander nicht. Im Gegenteil: „Wenn die Bank schon alle Sicherheiten hat, dann tut der Kreditnehmer ihr eventuell sogar einen Gefallen, wenn sie nicht noch weiter ins Risiko muss.“ Und auch sonst sei es ein positives Signal gegenüber der Bank, wenn sich ein Unternehmer um seine Finanzen kümmert.
Nur wenn es um Leasing oder Factoring geht, ist etwas mehr Fingerspitzengefühl gefragt: Beides bieten Sparkassen und Volksbanken in ihren bankeigenen Gruppen selbst an. „Da sollte man zumindest ebenso ein Angebot einholen“, rät Sander. „Auch wenn man sich nachher vielleicht für einen anderen Anbieter entscheidet.“
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