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Fakten zählen

So überzeugen Sie in Kreditverhandlungen

Banker interessieren sich vor allem für Zahlen. Auf welche es wirklich ankommt, lesen Sie hier. Sie zu kennen, lohnt sich doppelt.

Kreditverhandlungen sind kein Zuckerschlecken. Vor allem Inhaber kleiner Unternehmen kennen das Problem, das belegen Jahr für Jahr die Umfragen der KfW zur Finanzierungssituation im Mittelstand. Gründe für diese Misere gibt es einige. Fast immer geht es um Zahlen. Von ihnen hängt alles ab: Bonität, Kreditlinie, Zinsen, Sicherheiten.

Nicht nur schlechte Zahlen sind ein Problem. Gute Zahlen allein seien auch kein Erfolgsgarant, warnt Finanzierungsexperte Carl-Dietrich Sander vom Bundesverband Die KMU-Berater. Sein Rat: Wer seine Kreditlinie aufstocken will, müsse drei Wünsche der Banken erfüllen:

1. Aktuelle Werte

Banken bewerten die Aktualität der Unterlagen. „Je aktueller, desto besser“, sagt Sander. Wer bei einem Kreditantrag Mitte 2016 noch einen Jahresabschluss 2014 vorlegt, mutet seiner Bank einiges zu. „Das bedeutet, dass die letzten gesicherten Zahlen schon eineinhalb Jahre alt sind“, erklärt der Experte. „Wie soll die Bank damit das aktuelle Risiko einschätzen?“ Eine aktuelle BWA als Ergänzung sei dann das Mindeste, noch besser eine qualifizierte BWA, die halbfertige Erzeugnisse ausweist. Sonst werde die Bank mit der Kreditentscheidung eventuell bis zum nächsten Jahresabschluss warten.

2. Entwicklung aufzeigen

Ganz ohne ältere Zahlen geht es aber auch nicht. „Kreditinstitute wollen eine möglichst positive Entwicklung sehen“, berichtet Sander. Drei Jahre – das sei der Zeitraum, für den Banken die Zahlen ihrer Kunden analysieren.

3. Sattelfest bei Zahlen

Kreditgeber wollen nicht nur Zahlen, sondern auch Erklärungen. „Im Gespräch muss der Unternehmer seine Zahlen kennen und Fragen beantworten können“, sagt Sander. Es gehe um den Nachweis der „kaufmännischen Qualifikation“. Es nütze nichts, wenn der Steuerberater dem Banker die Zahlen erläutert. Schließlich vergibt die Bank das Darlehen an den Unternehmer und nicht an seinen Steuerberater.

Daher sollten Handwerker diese Zahlen präsent haben:

  • Eigenkapitalquote: Die Eigenkapitalquote (Eigenkapital / Bilanzsumme x 100) spielt im Rating eine große Rolle. Eine Quote ab 20 Prozent sei hilfreich in Verhandlungen. Je geringer sie ausfällt, desto schwerer sei es, einen Kredit zu bekommen, sagt der Experte. Denn das Eigenkapital hat eine „Haftungs- und Verlustdeckungsfunktion“. Ein wichtiger Schutz auch für die Bank: Je größer das Eigenkapital des Kreditnehmers, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass er wirtschaftliche Probleme übersteht – und seinen Kredit zurückzahlen kann.

  • Bilanzielle Risiken im Umlaufvermögen: Solche Probleme können sich schon heute im Umlaufvermögen verbergen. Risiken sind zum Beispiel unsichere Forderungen und veraltete, kaum noch zu verkaufende Warenbestände. Das wissen auch die Banken, berichtet Sander, und werden entsprechend kritisch nachfragen.

  • Umsatzentwicklung: Umsatzrückgänge sind für Banken immer ein Warnsignal. Es sei denn, der Unternehmer hat sie bewusst herbeigeführt: Sich von umsatzstarken aber verlustbringenden Kunden oder Geschäftsfeldern zu trennen, kann durchaus positiv sein – man muss es nur belegen und der Bank erklären können.

  • Jahresüberschuss: Der Jahresüberschuss spielt ebenfalls eine Rolle, zumindest der Teil, der im Unternehmen bleibt und das Eigenkapital stärkt. „Da sollte noch etwas übrig bleiben und nicht alles durch Privatentnahmen oder das Geschäftsführergehalt abgezogen werden“ rät Sander. Wer den Überschuss gezielt gegen Null fahre, erschwere die Kreditverhandlung.

  • Rohertragsquote: Die Rohertragsquote verrät die Marge aus der Gesamtleistung. Um die Quote zu ermitteln, sind mehrere Zahlen wichtig:
    • Gesamtleistung = Umsatz +/- Bestandsänderungen an halbfertigen / fertigen Arbeiten
    • Rohertrag = Gesamtleistung - Materialeinsatz
    • Rohertragsquote = (Rohertrag/Gesamtleistung) x 100
    Kritisch wird es, wenn die Rohertragsquote sinkt. Liegt das an steigenden Wareneinstandskosten, sinkenden Preisen, sich verändernden Geschäftsfeldern? „Da brauche ich plausible Argumente“, sagt Sander.

  • Personal- und Sachaufwandsquote: Natürlich interessieren die Bank auch die Personal- und Sachkosten: Wie haben sich die Personalaufwandsquote (Personalkosten im Verhältnis zu Umsatz / Gesamtleistung) und die Sachaufwandsquote (Sachaufwand im Verhältnis zu Umsatz / Gesamtleistung) entwickelt? Und wie steht der Betrieb im Branchenvergleich da?

Auswendig lernen ist keine Lösung

Auch andere Zahlen werden die Bank interessieren, zum Beispiel der Cash-Flow und die Gesamtkapitalrendite. Die hat die Bank natürlich aufgrund der vorgelegten Zahlen längst selbst ermittelt, wird dazu aber die eine oder andere Fragen haben. „Bei diesen Kennzahlen besteht häufig das Problem, dass sie von den Banken sehr unterschiedlich errechnet werden“, berichtet der Experte. Da helfe nur eins: „Fragen Sie nach, wie die Bank rechnet, dann können Sie auch deren Fragen beantworten.“ Wer seine eigenen Zahlen kennt, werde damit keine Probleme haben, sagt Sander. „Das beeindruckt einen Banker im Zweifelsfall eher, als irgendwelche Kennzahlen auswendig aufzusagen.“

Auch wenn der Experte sonst so einiges an Banken und Sparkassen kritisiert: Diese Wünsche der Kreditgeber seien nicht zu viel verlangt. „Letztlich sind es nur einige wenige Zahlen und die sollte ein Handwerker schon aus Eigeninteresse kennen“, sagt Sander. „Wie will er sonst sein Unternehmen steuern?“


(jw)

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