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9 Fallen bei der Umsatzsteuer

So werden Umsatzsteuerprüfer fündig

Die Umsatzsteuer ist einer der wichtigsten Punkte bei jeder Kontrolle durch das Finanzamt. Weil die Prüfer fast immer etwas finden. Hier die häufigsten 9 Fehler – und wie Sie sie vermeiden!

Bei der Umsatzsteuer drohen besonders oft Kontrollen.
Kontrolle

Die Zahlen sind beachtlich, die das Bundesfinanzministerium aktuell vorlegt: 2,23 Milliarden Euro haben die Finanzämter 2014 durch Umsatzsteuer-Sonderprüfungen zusätzlich eingenommen. 1921 Prüfer waren dafür unterwegs. Weniger erfreulich für die 89.202 geprüften Unternehmen: Sie mussten im Schnitt 25.000 Euro Umsatzsteuer nachzahlen.

Dabei sind die Sonderprüfer nicht die einzigen, die nach der Umsatzsteuer fahnden. Auch die regulären Betriebsprüfer haben ein Auge darauf – sie sind ja eh schon im Betrieb und sehen all die vielen kleinen Fehler, die sich so schnell aufsummieren. Und die Sachbearbeiter im Finanzamt sind dabei: Ihre Aufgabe ist die spontane Umsatzsteuernachschau, falls ihnen bei einer Voranmeldung ungewöhnliche Werte auffallen. Warum sind Bund und Länder so hartnäckig hinter der Umsatzsteuer her? Weil sie gut ein Drittel aller Steuereinnahmen ausmacht. Und weil die Kontrolleure fast immer fündig werden, denn es gibt reichlich Möglichkeiten für Betriebe, hierbei Fehler zu machen.

Welche Angriffspunkte der Fiskus bei der Umsatzsteuer vor allem im Visier hat, weiß Steuerberater Dirk Witte aus Oldenburg.

1. Falle: Umsatzsteuer-Differenz beim Jahresabschluss
Sie stellen beim Jahresabschluss fest, dass Sie weniger Umsatzsteuer vorangemeldet als eingenommen haben? „Dann hat der Betrieb ein Problem“, warnt Witte. „Die Software der Finanzämter schlägt ab 250 Euro Alarm. Das kann zu einer Sonderprüfung führen, die Finanzverwaltung ist da inzwischen sehr kritisch.“ Schlimmstenfalls drohe ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung

Tipp: „Reichen Sie bei Elster für alle betreffenden Monate mit Differenzen jeweils korrigierte Umsatzsteuervoranmeldungen ein und geben Sie erst danach die Jahreserklärung ab“, rät Witte. Bei kleineren Beträgen, auch von mehr als 250 Euro, sei das unkritisch und verhindere den automatischen Software-Alarm. Geht es allerdings um mehrere tausend Euro, stehe dennoch der Verdacht auf Steuerhinterziehung im Raum.

2. Falle: Hohe Vorsteuererstattung beim Jahresabschluss
Auch bei größeren Vorsteuererstattungen müssen Sie mit Fragen rechnen, zum Beispiel, ob Sie überhaupt eine ordentliche und zeitnahe Buchführung haben. „Aber nur, wenn die Erstattung ein gewisses Maß überschreitet und zum Beispiel fünfstellig wird“, sagt Witte. „Dann kommt mal jemand unangemeldet zur Nachschau und will die Belege sehen.“

Tipp: Wer sich die Nachschau und kritische Fragen zur Buchhaltung ersparen will, kann auch in diesem Fall mit korrigierten Voranmeldungen für die betreffenden Monate arbeiten.

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Zu viele Null-Meldung machen Prüfer hellhörig!

3. Falle: Laufende Null-Meldungen

Sehr kritisch sieht das Finanzamt ständige „Null-Meldungen“. Als Null-Meldung gilt eine Umsatzsteuervoranmeldung, in der ein Betrieb Einnahmen und Vorsteuer mit 0 Euro angibt. „Das kann man machen, wenn man es ausnahmsweise mal nicht bis zum 10. schafft“, sagt Witte. „Aber es gibt Leute, die immer zu spät dran sind und Monat für Monat erst einmal Nullmeldungen abgeben, um Mahnungen zu vermeiden.“ Das führe garantiert zu einer Umsatzsteuersonderprüfung.

Tipp: Lassen Sie das. Nutzen Sie die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung. Wer die beantragt hat, hat einen Monat länger Zeit für eine ordentliche Meldung.

4. Falle: Immer kleinere Umsatzsteuerzahlungen
Aufmerksam wird das Finanzamt, wenn sich in der Voranmeldung Vorsteuer und Umsatzsteuer immer weiter annähern, der Betrieb also immer weniger abführen muss. „Da kommt leicht der Verdacht auf, dass nicht alle Umsätze angegeben wurden“, warnt Witte. Das gelte vor allem für Betriebe mit einem hohen Anteil an Bar-Umsätzen.

Tipp: Wenn Sie so einen Trend in Ihren Voranmeldungen feststellen, sollten Sie dringend das Gespräch mit Ihrem Steuerberater suchen. Denn Sie haben ein ernsthaftes Problem, dass Sie so nicht weiter laufen lassen dürfen – entweder mit dem Finanzamt oder mit der Entwicklung Ihres Unternehmens.

5. Falle: Hohe Vorsteuererstattung bei der Voranmeldung
Außergewöhnliche Betriebsausgaben können zu hohen Vorsteuererstattungen bei der Voranmeldung führen, zum Beispiel die Anschaffung einer neuen Maschine. Das kann zu Nachfragen des Finanzamtes führen, einer Umsatzsteuer-Nachschau. Rechtliche Befugnisse habe das Finanzamt in diesem Moment nicht, sagt Witte. „Der Finanzbeamte darf nicht einfach den Betrieb betreten, die Buchführung einsehen oder Belege kopieren. Er ist auf die Mithilfe des Unternehmers angewiesen“, sagt Witte. Doch diese Mithilfe sei zu empfehlen, „denn sonst folgt garantiert eine Umsatzsteuersonderprüfung“.

Tipp: Einfacher sei ein Anruf beim für die Umsatzsteuer zuständigen Sachbearbeiter vor der Voranmeldung: „Wir haben investiert. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen die Rechnung gleich faxen.“ Das schaffe Vertrauen, betont Witte.

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Diese Fallen sollten Sie vermeiden!

6. Falle: Formfehler in Schlussrechnungen

Häufig werden die Prüfer auch bei Schlussrechnungen fündig, wenn vorher Anzahlungen oder Abschläge geleistet wurden. Ein Fehler sei es, wenn in der Schlussrechnung der noch zu zahlende Restbetrag nicht in Nettobetrag und Umsatzsteuer aufgeschlüsselt werde, sagt Witte.

Tipp: „In der Schlussrechnung muss immer die volle Umsatzsteuer auf den Gesamtbetrag ausge­wiesen werden“, betont der Steuerberater. Dann sind die Abschläge abzuziehen, aufgeschlüsselt in Nettobetrag und die darauf entfallende Umsatzsteuer. Übrig bleibe der noch zu zahlende Bruttobetrag. Dieser sollte auf jeden Fall noch in Nettobetrag und darauf entfallende Umsatzsteuer aufgeteilt werden.

Umsatzsteuer in der Schlussrechnung?
korrekte Schlussrechnung

7. Falle: Formfehler in Eingangsrechnungen
Ein Augenmerk haben Betriebsprüfer auch auf die Eingangsrechnungen. Entspricht eine Rechnung nicht den Formerfordernissen des Umsatzsteuergesetzes, droht der Verlust der bereits gezogenen Vorsteuer.

Tipp: Prüfen Sie jede Eingangsrechnung genau, nicht nur auf den Zahlbetrag, sondern auch auf Vollständigkeit und Richtigkeit der anderen Angaben. Ist die Rechnung richtig adressiert – also an Ihren Betrieb mit korrektem Unternehmensnamen und -adresse und nicht an Sie als Privatperson? Stimmen die Angaben zur Leistung wie auch zum Leis­tungszeitraum oder -zeitpunkt? Sind Nettobetrag und Umsatzsteuer getrennt ausgewiesen? Ist die Umsatzsteuer korrekt ausgewiesen, also nicht nur der Betrag sondern auch der Umsatzsteuersatz?

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8. Falle: Formerfordernisse als Baudienstleister

Fündig werden die Kontrolleure häufig bei Baufirmen, die Leistungen für andere Baubetriebe erbringen. In solchen Fällen wird netto abgerechnet, der Auftraggeber muss die Umsatzsteuer selbst abführen. Eine entscheidende Formalität: In der Rechnung muss das vermerkt sein, zum Beispiel mit dem Satz „Gemäß § 13 b UStG ist die Umsatzsteuer nicht auszuweisen.“ Steht dieser Satz nicht in der Rechnung, verlangt der Fiskus Umsatzsteuer aus dem Nettobetrag, und so werden aus 1000 Euro netto plötzlich 840,34 netto plus 159,66 Umsatzsteuer.

Ein zweites Problem: Einige Rechnungsprogramme geben automatisch eine Zeile für Umsatzsteuer aus. Ein häufiger Fehler ist nach Wittes Erfahrung, dass Auftragnehmer, dann die Zeile mit der Umsatzsteuer stehen lassen und nur den Steuerbetrag auf Null setzen. „Die Zeile mit der Umsatzsteuer darf in 13b-Rechnungen gar nicht erst erscheinen, dafür ist der Satz mit dem Hinweis auf den 13 b UStG umso wichtiger.“

Tipp: Prüfen Sie als Baudienstleister bei Rechnungen an Bauunternehmen immer, ob eine Freistellungsbescheinigung des Auftraggebers vorliegt und die Rechnung den Hinweis auf § 13b UStG enthält. Und streichen Sie alle anderen Zeilen, die noch in irgendeiner Form auf Umsatzsteuer hinweisen.

Letzte Seite: Sie kaufen (gelegentlich) von Privat und verkaufen dann weiter?
Da schleichen sich leicht viele Formfehler ein!

9. Falle: Differenzbesteuerung: Keine Nachweise beim Wiederverkauf

Aufpassen muss, wer von Privat kauft und später weiterverkauft. Ein Kfz-Betrieb zum Beispiel, der einen Gebrauchtwagen von Privat kauft, zahlt beim Kauf keine Umsatzsteuer. Beim Weiterverkauf muss er jedoch Umsatzsteuer berechnen – und zwar auf seinen Aufschlag auf den Kaufpreis. Die Gefahr: „Der Wiederverkauf nach § 25 a Umsatzsteuergesetz unterliegt besonderen Dokumentationspflichten, und dabei werden oft Fehler gemacht“, sagt Witte. Ohne ausreichende Dokumentation wird Umsatzsteuer auf den vollen Verkaufspreis fällig und nicht nur auf den Aufschlag.

Ein Beispiel: Kauft Betrieb X von Privatmann A einen gebrauchten Pkw für 2000 Euro, dann ist der Handel frei von Umsatzsteuer. Verkauft Betrieb X den Wagen nun an Kunden B für 3190 Euro, ist im Verkaufspreis Umsatzsteuer enthalten. Allerdings wird die Umsatzsteuer nicht auf die vollen 3190 Euro berechnet, sondern nur auf die Differenz zwischen Einkaufspreis und Netto-Verkaufspreis (§ 25 a UStG). In diesem Beispiel sind das 1000 Euro (2000 Euro Einkaufspreis + 1000 Euro Aufschlag + 190 Euro Umsatzsteuer auf den Aufschlag = 3190 Euro). Wenn jetzt die Dokumentation nicht den Anforderungen genügt, rechnet der Prüfer rückwärts: 3190 Euro = 2680,67 netto + 509,33 Umsatzsteuer. Macht eine Umsatzsteuernachzahlung von 319,32 Euro (509,33 – 190).

Tipp: „Handwerker müssen in solchen Fälle eine eigene kleine Akte anlegen, die An- und Verkauf dokumentiert und separat von der Buchführung gelagert wird “, rät Witte. In die Akte gehören: ein Beleg für den Ankauf mit Name, Vorname und Wohnsitz des Verkäufer, Kaufpreis und einem Zahlungsbeleg, zum Beispiel einer Quittung, idealerweise auch ein Foto des Gegenstands. Außerdem eine ordentliche Rechnungskopie aus dem Verkauf mit Angaben zum Käufer. „Verkäufer und Käufer müssen für das Finanzamt eindeutig identifizierbar sein, das ist entscheidend“, betont Witte. Komplizierter wird es, wenn die verkaufte Ware ins Ausland geht: Die Ware darf umsatzsteuerfrei verkauft werden, allerdings muss der Kfz-Betrieb in diesem Beispiel den Nachweis erbringen, dass der gebrauchte Pkw dort auch angekommen ist. Sonst haftet er für die Umsatzsteuer. Dafür gebe es nur eine Lösung, sagt Witte: „Erst einmal brutto verkaufen und wenn der Käufer die Zollpapiere vorlegt, kann man ihm Umsatzsteuer erstatten. Natürlich gegen Quittung.“


(jw)

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