Auf einen Blick:
- Ärger ist eine normale Reaktion, wenn sich jemand nicht so verhält, wie wir es uns wünschen. Er bringt uns aber nicht weiter, wenn es darum geht, einen Konflikt zu lösen.
- Ein Perspektivwechsel hilft: Warum könnte sich der andere unangemessen verhalten haben? Nur selten will uns der andere tatsächlich persönlich ärgern.
- Die Würfelmethode hilft, sich der neuen Sichtweise spielerisch zu nähern: Jede Zahl steht für einen möglichen Grund für das Verhalten des anderen. Jetzt ist Ihre Phantasie gefragt – wie könnte er konkret aussehen?
- Spielen Sie die verschieden Gründe durch. So bekommen Sie Abstand zum Konflikt, Ihr Ärger verraucht und Sie können sachlich über Lösungen nachdenken.
Haben Sie sich heute schon geärgert? Kunden, Mitarbeiter oder Lieferanten verhalten sich leider nicht immer so, wie wir es uns wünschen. Doch Ärger blockiert wichtige Energie, die wir eigentlich dafür bräuchten, den Konflikt zu lösen.
Psychologin Dagmar Holzberger rät bei solchen Situationen zu einem Perspektivwechsel. „In den seltensten Fällen wollen unsere Mitmenschen uns gezielt ärgern. Es gibt für ihr Verhalten die unterschiedlichsten Gründe, die wir aber weder kennen, noch beeinflussen können.“ Wer es trotzdem versucht, stunden- oder sogar tagelang darüber nachdenkt, sich ärgert und grübelt, mache sich zum „geistigen Sklaven“ des anderen.
Um diesen Ärger zu vertreiben und das eigene Denken vom anderen zu lösen, hat Holzberger die Würfelmethode entwickelt. Sie brauchen dafür nur einen handelsüblichen Würfel und ein bisschen Phantasie.
Achtung: Hier geht es um einen Perspektivwechsel und nicht um ein Orakel! „Sie denken sich Gründe aus, um Abstand zu schaffen“, betont Holzberger. „Es geht nicht darum, Mutmaßungen über die tatsächliche Motivation desjenigen anzustellen, über den Sie sich ärgern.“
So funktioniert die Würfelmethode
Sie haben ein aufwändiges Angebot geschrieben, doch der Kunde meldet sich nicht zurück. Ärgerlich, denn Sie haben viel Zeit investiert und vielleicht sogar schon den Auftrag einkalkuliert. Doch Stopp! Bevor Sie auf 180 hochfahren, sich und anderen den Tag verderben, greifen Sie lieber zum Würfel. Je nachdem, welche Zahl Sie jetzt würfeln, denken Sie sich einen Grund aus, warum der Kunde so gehandelt haben könnte.
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1: Ein freundlicher Grund
Sie haben eine Eins gewürfelt? Sie steht für einen freundlichen Grund für das Verhalten des Kunden. Vielleicht hat er gemerkt, dass Sie eigentlich für den Auftrag gar keine Zeit haben und will Sie nicht stressen? Oder er stellt fest, dass ihm das Geld für das Projekt fehlt und will deshalb keinen Auftrag erteilen, denn er will Sie nicht auf Ihr Geld warten lassen?
„Der freundliche Grund entzieht dem Ärger die Grundlage“, so Holzberger. „Denn eigentlich wollte der Kunde nur nett sein.“
2: Ein trauriger Grund
Die Zahl Zwei steht für einen traurigen Grund. Auch hier könnten Geldprobleme dem Verhalten des Kunden zugrunde liegen, so Holzberger. „Der Kunde wünscht sich ja das, wofür er ein Angebot angefordert hat. Nun fehlt ihm das Geld, weil er sich vorher nicht überlegt hat, ob er sich das neue Möbelstück oder die Terrasse leisten kann. Er ist traurig, weil sein Wunsch nicht in Erfüllung geht. Gleichzeitig schämt er sich, weil er Ihnen Arbeit gemacht hat und sein Geld knapp ist. Deshalb meldet sich nicht mehr.“ Hier wäre eher Mitleid als Ärger angebracht, so Holzberger.
3: Ein boshafter Grund
„Die Drei würfeln wir im Kopf am häufigsten, wenn wir uns ärgern“, sagt die Psychologin. Sie steht für einen boshaften Grund: Der Kunde ist ein unmöglicher Mensch, hat sich wahrscheinlich von verschiedenen Handwerkern Angebote eingeholt, bestellt aber letztlich alles im Internet und lässt es von einem Freund schwarz aufbauen. Ihr Angebot wollte er nur, weil er dem Freund nicht zu viel bezahlen will. Um den Ärger loszulassen, können Sie die Boshaftigkeit des Kunden auf die Spitze treiben – und dann doch darüber lachen.
Klappt das nicht, empfiehlt die Psychologin das rote Schleifchen: „Jeder unmögliche Mensch ist auch ein Geschenk“, sagt Holzberger. „Er ermöglicht uns eine Trainingseinheit im Umgang mit Idioten.“ Gerade wenn Sie sich immer wieder über einen wichtigen Kunden oder einen Mitarbeiter ärgern, sollten Sie ihn besser als Sparringspartner für Konfliktsituationen und nicht als Ärgernis betrachten. „Am Ende können Sie sicher eine gute Geschichte erzählen, nach dem Motto: Weißt Du, was er heute wieder gemacht hat?“
4: Ein ängstlicher Grund
Wenn Sie die Vier würfeln, steht das für einen ängstlichen Grund – der Kunde fürchtet sich vor etwas. „Auch hier könnten Geldsorgen die Ursache sein“, sagt Holzberger. „Das Angebot fiel teurer aus als vom Kunden gedacht, seine Mittel reichen nicht. Nun fürchtet er sich davor Ihnen abzusagen, weil Sie dann ärgerlich werden.“ Vielleicht hat der Kunde aber auch eine Telefonphobie oder fürchtet sich grundsätzlich vor dem Nein sagen – Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!
5: Ein Grund, der nichts mit dem Angebot zu tun hat
Sie würfeln eine Fünf? Dann ist es an Ihnen, sich Gründe zu überlegen, die gar nichts mit dem Angebot zu tun haben. Vielleicht hatte der Kunde einen Notfall in der Familie und hat Ihr Angebot darüber vergessen? Vielleicht hat er seinen Job verloren? Oder gerade einen neuen angetreten? Vielleicht ist sein Keller vollgelaufen, beim Sturm sein Dach abgedeckt worden oder er hat selbst ein Riesenprojekt bei der Arbeit, das ihm keine Zeit für etwas anderes lässt?
„Die Fünf zeigt uns, dass es unglaublich viele Gründe gibt, die überhaupt nichts mit uns zu tun haben“, sagt Holzberger. Sich zu ärgern lohnt sich daher nicht.
6: Der Kunde ist unwissend
Es gibt Menschen, die verhalten sich unhöflich oder rücksichtslos, weil sie es nicht besser wissen. Darüber können Sie phantasieren, wenn Sie eine Sechs gewürfelt haben. „Ihr Kunde weiß einfach nicht, dass Sie auf seine Antwort warten“, erklärt Holzberger. Vielleicht denkt er, der Auftrag ist schon erteilt? Oder niemand hat ihm beigebracht, dass es richtig wäre, abzusagen? Vielleicht kommt er aus einem Umfeld, in dem der Ablauf anders funktioniert? Oder er erwartet von Ihnen, dass Sie die Initiative ergreifen?
„Was auch immer er falsch gemacht hat – er weiß es nicht besser“, fasst Holzberger zusammen. „Was bringt da Ärger?“
Und was kommt nach dem Würfeln?
Egal, welche Zahl Sie gewürfelt haben, Ihr Ärger sollte ein bisschen verraucht sein. Nun können Sie sich in Ruhe überlegen, wie Sie weiter vorgehen. Im Falle des Angebots ist das einfach: Sie greifen zum Telefon und haken einfach selbst nach.
Die Würfelmethode funktioniert auch bei Ärger über Mitarbeiter, Steuerbehörden oder Lieferanten. Auch hier ermöglicht der Perspektivwechsel, die Situation sachlicher zu sehen und sich Handlungsoptionen zu überlegen. So kommen Sie aus dem Ärger – einer Reaktion – in eine aktive Position und entscheiden selbst, wie Sie mit der Situation umgehen.
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