Foto: Robert Kneschke - stock.adobe.com
Junger Mann wischt sich mit seiner Hand erschöpft über die Stirn

Inhaltsverzeichnis

Steuern

Wann haben Betrugsopfer Anspruch auf die Vorsteuer?

Wenn Betrüger Sie um die Anzahlung prellen, wollte das Finanzamt bisher die Vorsteuer nicht erstatten. Dieses Urteil ändert das!

Auf einen Blick:

  • Anspruch auf Vorsteuer aus Anzahlungen an Betrüger haben Sie, sobald Sie eine ordentliche Rechnung vorlegen können, diese bezahlt haben und die Lieferung aus Ihrer Sicht sicher erschienen ist.
  • Der Nachweis, dass Sie von den Betrugsabsichten wussten, ist nach dem Urteil schwerer geworden: Zum Beispiel genügt es nicht alleine, dass die Versprechen des Betrügers erkennbar unrealistisch waren.

Betrugsopfer haben es nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) nun deutlich leichter, sich vom Finanzamt die Vorsteuer auf Anzahlungen an die Betrüger erstatten zu lassen.

Voraussetzungen für die Vorsteuererstattung

So entschied der Bundesfinanzhof, dass Unternehmen einen Anspruch auf die Erstattung haben, wenn sie drei Bedingungen erfüllen:

  • Das Unternehmen muss eine Rechnung vorlegen.
  • Die Anzahlung muss tatsächlich erfolgt sein.
  • Der Gegenstand der Lieferung muss aus Sicht des Auftraggebers genau bestimmt sein „und die Lieferung daher aus seiner Sicht sicher“ erscheinen.

Verweigern darf das Finanzamt die Vorsteuererstattung hingegen, „wenn anhand objektiver Umstände erwiesen ist“, dass der Auftraggeber bei der Anzahlung „wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen“, dass die Lieferung unsicher ist. (Urteil vom 17. Juli 2019, Az. V R 9/19).

Damit folgte der BFH der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH: Urteile vom 31. Mai 2018, Az. C-660/16 und C-661/16)

So setzen Sie Vorkasse durch

Viel zu tun und dennoch knapp bei Kasse? Wer für seine Kunden ständig in Vorleistung geht, kann dabei selbst leicht in Liquiditätsprobleme geraten. Doch leider sind Anzahlungen bei Auftragsvergabe bei den meisten Auftraggebern ziemlich unbeliebt. Wer gut argumentiert und zudem seine Rechte kennt, kommt dennoch zum Ziel.
Artikel lesen

Diese Argumente ziehen nicht mehr

Zugleich machte der BFH deutlich, welche Argumente das Finanzamt nicht nutzen darf, um den Vorsteuerabzug im Betrugsfall zu verweigern:

  • Anzahlungen sind kein Hinweis auf Betrug: Es sei davon „auszugehen, dass sich Unternehmer nicht wissentlich betrügen lassen“, wenn sie Anzahlungen leisten für Arbeiten, die dann nicht erbracht werden.
  • Betrugsabsicht allein genügt nicht: Selbst wenn der Anbieter von Anfang an die Absicht hat, zu betrügen, sei das kein schlagendes Argument. Entscheidend sei nicht die Absicht zum Betrug, sondern ob der Auftraggeber durch den Betrüger von dieser Absicht erfahren hat.
  • Unrealistische Versprechen sind kein Beweis: Selbst wenn der Betrüger unrealistische Versprechungen gemacht hat, darf das Finanzamt nicht unterstellen, dass der Kunde von der Betrugsabsicht hätte wissen können. In dem behandelten Fall ging es um ein Blockheizkraftwerk, für das der Anbieter eine Rendite von 30 Prozent versprochen hatte. Das wies nach Ansicht des Finanzamtes auf ein Betrugsmodell hin. Der Kunde hätte sich für so eine nicht unerhebliche Investitionsentscheidung Informationen beschaffen müssen, daher liege eine „grob fahrlässige Unkenntnis“ vor. Der BFH sieht das anders: Unrealistische Rentabilitätsberechnungen sagen demnach nichts darüber aus, „ob bestellte Blockheizkraftwerke später mit einem verminderten Leistungsgrund geliefert und genutzt werden, zumal auch wirtschaftlich unvernünftige Entscheidungen immer wieder im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit getroffen werden“.

Tipp: Sie wollen beim Thema Steuern auf dem Laufenden bleiben? Dann abonnieren Sie einfach den Newsletter von handwerk.com. Hier geht es zur Anmeldung!

Auch interessant:

Späte Handwerker-Rechnung: Wann müssen Kunden nicht mehr zahlen?

Ein Kunde klagt auf Schadenersatz wegen einer zu spät gestellten Handwerker-Rechnung – und bekommt Recht! Das ist nicht der einzige Grund, warum Sie Rechnungen zügig schreiben sollten.
Artikel lesen
Wann haben Betrugsopfer Anspruch auf die Vorsteuer? > Paragraphs > Image Paragraph
Junger Mann wischt sich mit seiner Hand erschöpft über die Stirn

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen der uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Fahrzeugwerbung als Gehaltsextras? Ohne detaillierte Vertragsgestaltung streicht der Fiskus den Steuervorteil für die Autowerbung.

Steuern

Fahrzeugwerbung wird zur Steuerfalle

Urteil des Bundesfinanzhofs stoppt Gehaltsextra: Bezahlte Firmenwerbung auf Autos der Mitarbeitenden wird deutlich erschwert. Was ist jetzt noch möglich?

    • Steuern

Urteil

Steuerhinterziehung: Ist eine Außenprüfung ohne Anfangsverdacht zulässig?

Darf das Finanzamt eine Außenprüfung nur bei konkretem Verdacht auf Steuerhinterziehung durchführen? Dieses Urteil schafft Klarheit.

    • Steuern

Strategie

Unternehmerische Fähigkeiten: Haben Sie’s wirklich drauf?

Was muss ein Betriebsinhaber können und wissen? Klar ist: Es gehört mehr dazu, als das eigene Handwerk zu beherrschen. Um diese 5 Voraussetzungen sollten Sie sich kümmern.

    • Strategie

Steuern

Vorsteuer: Wie genau muss die Leistungsbeschreibung sein?

Leistungsbeschreibung und -zeitraum müssen in einer Rechnung nicht zwingend detailliert festgehalten sein. Dieses Urteil setzt dem Finanzamt Grenzen.

    • Steuern