Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Wut ist gut

Soka-Bau: Streiten zahlt sich aus

Der Bauhandwerker Klaus Engelking ist ein streitbarer Geist – vor allem dann, wenn es um die Sozialkasse Bau geht. Jetzt hat ihm sein Engagement die Nominierung für eine 50.000 Euro-Auszeichnung eingebracht.

Der „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel“ wird seit 2006 vergeben, er ist mit satten 50.000 Euro dotiert. Ausgezeichnet werden „unternehmerische Menschen, die Bürokratismus nicht einfach hinnehmen und damit Verbesserungen von unten nach oben anregen“.

Der Maurermeister und Bausachverständige aus Vlotho (Nordrhein-Westfalen) erfüllt die Kriterien der Werner-Bonhoff-Stiftung eindeutig. „Nachdem sein Fall öffentliche Aufmerksamkeit erregte, änderte die Sozialkasse Bau ihre heftig kritisierte Beitragspraxis", steht in der Pressemitteilung zur Nominierung.

Hinzu kommt, dass Engelkings Geschichte besonders absurd ist.

Wegen eines Prinzips: Chefs am Rande des Nervenzusammenbruchs – lesen Sie Seite 2.

Verrechnung endlich möglich!

Kurzer Rückblick: Im Mai des vergangenen Jahres konnte die handwerk.com-Redaktion nach etlichen Texten, Presseanfragen und einer langen Recherche vermelden: „ENDLICH: SOKA-BAU VERRECHNET“.

Die alte Regelung hatte so manchen Chef des Bauhandwerks schier in den Wahnsinn getrieben – und ihre Betriebe hart belastet. War ihr Beitragskonto bei der Soka-Bau nicht exakt ausgeglichen, mussten sie nicht etwa die Differenz zwischen Soll und Haben aufbringen, sondern zuerst den kompletten Soll-Betrag.

Seit Juli 2013 ist die Saldierung möglich.

Über Klaus Engelking hatte die handwerk.com-Redaktion wiederholt berichtet. Die Seltsamkeit seines Falls: Sein Sozialkassenkonto war nicht etwa im Minus, Engelking hatte sogar ein Überschussguthaben. Trotzdem sollte er zuerst den kompletten Soll-Betrag aufbringen, fast 50.000 Euro. Vorher konnte ihm die Soka-Bau die 60.000 Euro auf der Haben-Seite nicht auszahlen.

Der Streit um diesen – zurückhaltend ausgedrückt – bürokratischen Blödsinn hat Engelking fast die Existenz gekostet.


Nächste Seite: Klaus Wiesehügel und die Biografie des Grauens.

Haaaaaaalllllllloooooooo?

Die Details des Falls Engelking hat die Werner-Bonhoff-Stiftung auf ihrer Homepage aufgedröselt. Nur drei Punkte aus dieser Biografie des Grauens zeigen, unter welchem Druck Engelking über einen langen Zeitraum gestanden haben muss.

Denn: Die Auseinandersetzung mit der Sozialkasse Bau zog sich, sie begann 2009. Zuvor hatte Engelkings Betrieb mit Forderungsausfällen größerer Auftraggeber zu kämpfen gehabt und die Soka-Bau vergeblich um die Verrechnung seines Überschussguthabens gebeten.

  • Ende November 2012 informierte der Gerichtsvollzieher Engelking darüber, dass die Sozialkasse einen Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung beantragen könne.
  • Wiederum wenige Wochen davor hatte Engelking der Sozialkasse Bau mitgeteilt, dass er „all seine Mitarbeiter entlassen muss“, weil die Soka-Bau nach wie vor die Aufrechnung ablehnt und weiterhin die Zwangsvollstreckung betreibt.
  • Im Sommer 2012 hatte Engelking einen schriftlichen Notruf an Klaus Wiesehügel geschickt, als IG Bau-Vorsitzender ist der nämlich auch „Alternierender Vorsitzender des Aufsichtsrates" der Sozialkasse Bau. Wiesehügels Antwort war eine einzige Enttäuschung: Die Soka-Bau verhalte sich korrekt, eine Ausnahme von der bestehenden Regel des Aufrechnungsverbotes würde eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Arbeitgebern darstellen und dazu führen, dass „das Beitragsaufkommen der SOKA-BAU nicht mehr gesichert werden könnte, was nicht im Sinne der Tarifvertragsparteien ist.“

„Halloooo“, hätte Engelking schreien mögen, „wir reden hier über ein ÜBERSCHUSSGUTHABEN. Ich hatte doch schon gezahlt." Dass der Maurermeister nach diesem Brief nicht völlig durchgedreht ist, spricht für seine psychische Gesundheit.



Offene Frage: Wie viele Betriebe sind über die Klinge gesprungen?

Stress und schlaflose Nächte

Die Änderung im Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) kam gerade noch rechtzeitig, die drohende Insolvenz seines Unternehmens konnte Engelking knapp abwenden.

Leider gibt es zu diesem Thema keine Statistik. Wäre ja mal interessant: Wie viele Firmen waren es insgesamt, deren Mitarbeiter und ihre Familien ihre Existenz verloren haben, weil wegen eines VTV-Prinzips keine Aufrechnung möglich war? Und wie würde Klaus Wiesehügel wohl diese Zahlen kommentieren?

Aber man kann auch das ins Postive drehen. "Unser gemeinsames Engagement hat und wird Existenzen retten", sagt Engelking der handwerk.com-Redaktion. Wütend ist der Bauunternehmer noch immer: "Für mich ist das Thema Soka-Bau nicht beendet – da ist noch einiges im Argen."

Laut Werner-Bonhoff-Stiftung hat der Hickhack um die Aufrechnung Engelking rund 10.000 Euro an Zinsen und Zwangsvollstreckungskosten gekostet. Jetzt erwäge der Maurermeister, die Sozialkasse Bau auf Schadenersatz zu verklagen.

Die Belastung, der Stress, die schlaflosen Nächte – all das ist nicht einklagbar und nicht wiedergutzumachen. Oder vielleicht doch? Der Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel wird am 21. Mai in Berlin vergeben. Fortsetzung folgt.

(sfk)

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Bauhandwerker müssen bald nachweisen, dass sie ein Gerüst zur Ausführung ihrer Arbeit brauchen.

Politik und Gesellschaft

Neue Regelung zum Aufstellen von Baugerüsten

Ab dem 1. Juli 2024 dürfen „gewerkefremde“ Handwerker keine Gerüstbauleistungen mehr isoliert anbieten. Welche Folgen hat das für Bauhandwerker?

    • Politik und Gesellschaft
Neuer Abschluss für Bauhandwerker: Ein Schwerpunkt ist das Thema Building Information Modeling (BIM) bei der Fortbildung zum Bachelor Professional.

Strategie

Für Bauhandwerker: Neue Fortbildung zum Bachelor Professional

Im Herbst 2024 startet ein neues Fortbildungsangebot: Es soll Bauhandwerker fit für die digitale Planung und die Umsetzung von Modernisierungsprojekten machen.

    • Strategie
Expertentipps
Anzeige

Jetzt kostenlosen Workshop sichern!

Maximiere deinen Erfolg mit unseren Expertentipps!

Steigere deine Social-Media-Präsenz: Nutze die besten Strategien für mehr Reichweite und Engagement mit unserer professionellen Unterstützung!

Auf Missstände aufmerksam zu machen, lohnt sich: Johanna Röh hat nicht nur eine Debatte angestoßen, sondern hat für ihr Engagement eine Auszeichnung bekommen.

Politik und Gesellschaft

Tischlermeisterin Johanna Röh erhält Bonhoff-Preis

Mutterschutz für Selbstständige gibt es bislang nicht: Tischlermeisterin Johanna Röh kämpft dafür, dass sich das ändert. Für ihr Engagement wurde sie jetzt ausgezeichnet.

    • Politik und Gesellschaft