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Foto: handwerk.com

ZDB-Stellungnahme

Sozialkasse Bau: Probleme überzogen dargestellt?

Zum Thema Soka-Bau hat jetzt auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes Stellung bezogen. Eine Aussage: Die handwerk.com-Redaktion stellt die Probleme von Handwerksmeistern mit der Sozialkasse Bau "deutlich überzogen" dar.

In den zurückliegenden Monaten haben sich Betriebe massiv über die Sozialkasse Bau beschwert. Ein Vorwurf: Die Soka-Bau ist allzu klagefreudig. Die Sozialkasse Bau ist eine Einrichtung der Tarifvertragsparteien: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). Dem ZDB haben wir vier Fragen gestellt, hier die Stellungnahme des Verbandes.

Die ZDB-Haltung zum Thema?

ZDB: "In der ersten Leserreaktion wird es als Kern des Problems beschrieben, dass viele Betriebe offenbar nicht wissen, dass sie am Sozialkassenverfahren teilnehmen müssen. Hierbei handelt es sich aber um eine nicht nur tarifvertragliche, sondern auch gesetzliche Verpflichtung, welche auf den Bestimmungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (zumindest bezüglich des Urlaubsverfahrens) beruht.

Von einem Existenzgründer muss wohl erwartet werden können, dass er sich über sämtliche damit verbundenen gesetzlichen und tariflichen Verpflichtungen schlau macht. Das gilt für die Steuer- und Abgabepflichten ebenso wie die einzuhaltenden Bestimmungen der Handwerksordnung, die einzuhaltenden gesetzlichen Bestimmungen über die Produktive Winterbauförderung und das Verbot der Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe, aber auch für die allgemeinverbindlichen Mindestlohnregelungen und die allgemeinverbindlichen Sozialtarifverträge."

Wie die Probleme in den Griff bekommen?

Was kann der ZDB tun, um die Probleme in den Griff zu bekommen? Könnte der Tarifvertrag an bestimmten Stellen geändert werden (Stichwort: Aufrechnungsverbot)?

ZDB: "Die Probleme 'erfahrener Handwerksmeister', deren Beitragskonto bei der SOKA-BAU nicht ausgeglichen ist, werden deutlich überzogen dargestellt. Wenn für unseriöse Betriebe kein Anreiz zum Betrug geschaffen werden soll, kann die SOKA-BAU Erstattungsleisten (z.B. für gewährten Urlaub) erst dann auszahlen, wenn der Arbeitgeber alle zur Überprüfung seines Erstattungsanspruches erforderlichen Unterlagen beigebracht hat und die Prüfung der ULAK [Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft] ergeben hat, dass die gemeldeten Urlaubstage sowie die gemeldete Urlaubsvergütung auch tatsächlich den Arbeitnehmern gewährt wurden.

Schon das schließt eine generelle Verrechnung von Erstattungsleistungen mit offenen Beitragsforderungen aus. Die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs, zu welchem die SOKA-BAU im Rahmen ihrer Ordnungsfunktion beitragen soll, würde im Übrigen durch eine solche betrugsanfällige Verrechnungsmethode deutlich erschwert."

Aufrechnungsverbot weniger stringent handhaben?

Könnte der ZDB auf die Soka-Bau einwirken, damit das Aufrechnungsverbot weniger stringent gehandhabt wird?

ZDB: "Zum einen hält der ZDB diejenigen Baubetriebe, welche ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der SOKA-BAU nicht regelmäßig nachkommen, nicht für schutzwürdig. Vor allem dürfen solche Betriebe, welche ihre Zahlungsverpflichtungen ordnungsgemäß und fristgerecht erfüllen, gegenüber solchen Betrieben, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, nicht benachteiligt werden.

Andererseits hat der ZDB bereits nachhaltig und erfolgreich auf die SOKA-BAU eingewirkt, um die mit dem Aufrechnungsverbot verbundenen Finanzierungsprobleme, insbesondere in Fällen rückwirkender Erfassung zu den Sozialkassenverfahren und in sogenannten Härtefällen, abzumildern:
Auf Initiative des ZDB ist eine einzelfallbezogene Kulanzregelung geschaffen worden, die beispielsweise dann zum Tragen kommt, wenn ein Betrieb im „Randbereich“ des betrieblichen Geltungsbereiches der Sozialkassentarifverträge tätig wird, so dass es nicht offensichtlich oder zumindest rechtlich schwer zu beurteilen ist, ob eine Teilnahmepflicht an den Sozialkassenverfahren besteht.

Zum anderen ist auf Initiative des ZDB eine Härtefallregelung geschaffen worden, um in Einzelfällen eine finanzielle Überforderung der Betriebe zu verhindern, die bisher „unauffällig“ an den Sozialkassenverfahren teilgenommen haben, sich insgesamt kooperativ zeigen und ihre Verpflichtung, an den Sozialkassenverfahren teilzunehmen, auch dem Grunde nach anzuerkennen."

Ist der bürokratische Aufwand überzogen?

Die Soka-Bau strengt jährlich 15.000 Klagen allein in den alten Bundesländern an. Ist der bürokratische Aufwand, der daraus resultiert, nicht überzogen?

ZDB: "Die Praxis hat allerdings gezeigt, dass sich in der Regel gerade solche Betriebe mit der Bitte um Verrechnung von Beitragsrückständen mit Erstattungsleistungen an die SOKA-BAU wenden, die seit Jahren immer wieder Beitragsrückstände aufgebaut haben und eine regelmäßige Zahlungsweise nicht erkennen lassen. Solche Betriebe sollen aber – wie gesagt – gegenüber den ordnungsgemäß an den Verfahren teilnehmenden Betrieben nicht besser gestellt werden.

Die Zahl der Prozesse kann nicht in ein Verhältnis zur Zahl der an den SOKA-BAU-Verfahren teilnehmenden Betriebe gesetzt werden. Eine nicht unerhebliche Zahl von Betrieben zahlt seine Sozialkassenbeiträge regelmäßig nur schleppend bzw. nicht fristgerecht, so dass regelmäßig gegenüber ein und denselben Baubetrieben mehrere Mahnbescheide beantragt und Klagen erhoben werden müssen, um diese zur fristgerechten Zahlung zu veranlassen und den Verfall der Beitragsansprüche zu verhindern."

(sfk)

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