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Foto: handwerk.com

Eigentlich ganz einfach

Strategie: Den Anspruch zu Geld machen

Normalerweise berät er Konzerne. Jetzt taucht Thomas Ebrahim für den Sender Kabel eins ins Handwerk ein – und fischt nach grundlegenden Fehlern.

Seit 1994 trainiert Thomas Ebrahim Führungskräfte von Konzernen. Für die Mini-Serie "Juniorchef – Jetzt sind wir dran!" hat sich Ebrahim mit Chefs von Handwerksunternehmen beschäftigt. Die erste von drei Folgen der Mini-Serie strahlt Kabel eins am kommenden Dienstag (22. Oktober 2013) um 20.15 Uhr aus. Ebrahim begleitet kleine Familienbetriebe mit großen Übergabe-Problemen.

Herr Ebrahim, wie können Sie kleine Betriebe beraten, wenn Sie auf große spezialisiert sind?
Ebrahim: Das ist gar nicht so erheblich, im Prinzip haben Sie auch bei großen Unternehmen die Problematik, dass ein alter Manager den Stuhl nicht räumen will, wenn der junge übernehmen will. Das läuft ganz ähnlich.

Die Auftaktfolge zeigt eine Bäckerei – mit welchem Kernproblem?
Ebrahim: Der Lebensmittelpunkt der Eltern ist der Betrieb. Und offenbar ist es unheimlich schwierig, dem Nachwuchs das völlige Vertrauen zu schenken. Es ist schwierig das alles abzugeben. Sich Schritt für Schritt zurückzuziehen. Dabei ist die Juniorchefin in der ersten Folge bereits im Betrieb integriert. Da ist tatsächlich ein junges Mädchen, das sich für den Betrieb der Eltern interessiert.

Jetzt ließe sich einwenden, dass ja alles gut ist, solange der Laden läuft.
Ebrahim: Aber was passiert, wenn den Senior morgen der Schlag trifft oder er sonstwie schwer erkrankt?

Nächste Seite: Handlungsunfähig in die Pleite – der Horror des Juniors.

Veränderungen offensiv angehen

Dann ist der Laden dicht, …
Ebrahim: … weil der Junior nicht handlungsfähig ist. Die Probleme sind vielfältig. Wie sage ich den Eltern, was ich will? Wie ändere ich die Abläufe mit den Angestellten?

Nun kann ja auch der Junior danebenliegen mit seinen Absichten.
Ebrahim: Es geht in der Serie auch nicht darum, dass die Jungen immer recht haben. Es geht um die Balance, die sich die Familien erarbeiten müssen.

Und das ist unterhaltsam?
Ebrahim: Aber ja, wir zeigen die Emotionen der Betroffenen. Die Betriebe sind echt, die Dramaturgie ist echt, das ist kein Fake.

Was können denn andere Handwerksmeister daraus ableiten?
Ebrahim: Dass Betriebe existenziell bedroht sind, wenn sie Veränderungen nicht offensiv angehen. Dass sich Denkweisen und Abläufe über die Jahre ändern müssen. Gerade kleinere Bäckereien werden beispielsweise von Filialisten überrollt. Deren Handwerk mag sogar schlechter sein, aber sie haben ein Marketing. Die Betriebe verschlafen also nicht nur den Generationswechsel, sondern schlicht gesagt Marktchancen. Und da wissen der Juniorchef und die Juniorchefin häufiger besser Bescheid – die haben sich damit nämlich in der Ausbildung beschäftigt.

Falscher Ansatz: „Wir packen das schon!“ Lesen Sie die nächste Seite.

Gibt's ein Marketing-Budget?

Guter Handwerker, schlechter Kaufmann?
Ebrahim: Oder umgekehrt. Ich bin der Ansicht, dass die Jungen ihre Ideen platzieren müssen. Aber sie sollten auch von den Erfahrungen der Älteren partizipieren. Aber die Älteren müssen lernen, sich neue Aufgaben zu geben. Ich kann auch mit 70 Jahren nicht nur in der Backstube rumstehen. Vielleicht muss ich auch mal das Sortiment überprüfen.

Was hat sie als Business-Coach größerer Unternehmen in den kleinen Betrieben am meisten überrascht?
Ebrahim: Die Naivität, mit der – ich muss jetzt aufpassen, dass es nicht zu hochfliegend klingt – der globalisierten Ausrichtung großer Konkurrenten begegnet wird. Nach dem Motto: „Wir packen das schon.“ Dann guckst Du in die Schränke und siehst keine Buchhaltung. „Ja, das macht unser Steuerberater.“ Dann muss ich als Berater sagen: Das ist doch Dein Geschäft, Du musst doch gucken, wie und wo Du was einkaufst. Habt Ihr ein Marketing-Budget? Habt Ihr über Werbung nachgedacht? Über Aufsteller, über Facebook, über Anzeigen – habt ihr Euch irgendetwas überlegt?

Wie lautet die Antwort?
Ebrahim: In vielen Fällen: „Ja, nö, eher nicht.“ Da merkt man, dass die digitale Zeit manche Handwerksbetriebe brutal überrollt hat. Die Eltern sagen möglicherweise: „Wir sind eine Bäckerei und kein IT-Unternehmen.“ Das kann ich verstehen. Die haben Stammkundschaft, aber die wird halt immer älter. Ich muss ja meinen Anspruch als Handwerker und an mein Handwerk irgendwie monetarisieren.

Für alle Betriebe gilt: Letztlich geht’s immer ums Marketing – lesen Sie die nächste Seite.

Die Nische finden

Geben Sie dafür mal ein Beispiel.
Ebrahim: Das Kaufverhalten der Kunden hat sich geändert. Die Leute sind es mittlerweile gewohnt, dass sie am „Point of Sale“ verschiedene Elemente gleichzeitig erreichen. Und das wird halt vielfach nicht abgebildet. Die Kunden rennen ja nicht zum Filialisten, weil der bessere Semmeln hat oder weil er günstiger ist, nein, die gehen da rein, weil sie den Cappuccino gleich mitbekommen. Und die Gewinnspanne beim Cappuccino ist deutlich höher als beim Brötchen.

Nun ist ja die Masse der Handwerksbetriebe nicht in der Lebensmittelbranche zu finden. Gibt es Elemente, die sich auch auf Bauhandwerker oder andere Gewerke übertragen lassen?
Ebrahim: Jeder Betrieb muss gucken, dass er eine Nische findet und sich abgrenzt. Nachmachen funktioniert nicht. Der Fliesenleger kann nicht mit der Bauindustrie konkurrieren, die 100 Mitarbeiter beschäftigt. Hohe Qualität, anderes Sortiment, Kunden finden, die bereit sind, für den Quadratmeter mehr zu bezahlen. Eine google-relevante Website. Immer mehr Leute ziehen um. Die haben alle Internet, die suchen ihren Handwerksbetrieb über Google. Letztlich geht’s ums Marketing.

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(sfk)

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