Optisch fast nur ein Facelift, technisch fast eine komplette Neuentwicklung:
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Der Volkswagen-Konzern kommt dieser Tage aus den Schlagzeilen nicht heraus. Durch eine spezielle Software gaukeln manipulierte Motoren auf dem Prüfstand vor, viel weniger Schadstoffe auszustoßen, als sie es tatsächlich tun. Unser aktueller Testwagen – die vierte Generation des beliebten Kleintransporters Caddy – hat bereits einen Euro-VI-Motor und ist damit von den Turbulenzen nicht betroffen. Trotzdem ist die Frage nach Vorbehalten gegenüber der Marke berechtigt. Doch Tischler Benedikt Krüger winkt am Ende der Testphase ab. “Das ist natürlich so etwas wie der Supergau für deren Marketing. Aber deswegen keinen VW mehr fahren? Nein. Außerdem sehe ich das anders: Denn das stärkt doch unsere Verhandlungsposition als Kunde ganz erheblich”, sagt der Juniorchef der Tischlerei Krüger in Alfeld.
Unterwegs in hellblau
Eine Woche waren Krüger und seine Kollegen mit dem hellblauen Testwagen unterwegs. Wie hat ihm der Caddy gefallen? “Eigentlich durch die Bank gut”, sagt der 27-Jährige. Vor allem die Ausstattung sei super. “Wirklich top ist zum Beispiel der Abstandswarner.” Der hat den vorausfahrenden Verkehr im Blick, weist den Fahrer durch optische Signale darauf hin, wenn die Abstände zwischen den Fahrzeugen zu gering werden, und bremst den Lieferwagen so weit ab, dass die vorgewählte Entfernung eingehalten wird. In der Stadt greift die Technik sogar ein, wenn Gefahr droht und bremst das Fahrzeug selbstständig ab, wenn ein Hindernis im Weg steht. Volkswagen nennt das System “Front Assist mit City-Notbremsfunktion”. Die Kosten für die sehr nützliche Technik summieren sich auf rund 550 Euro.
Viel Platz
Lob erntet auch das Raumangebot im neuen VW-Caddy. “Selbst ich als großgewachsener Mensch finde hinter dem Lenkrad genug Platz. Möglich wird das durch die geschickt konstruierte Trennwand. Die lässt genug Platz, um den Sitz weit genug nach hinten zu verschieben. So viel Raum habe ich in unserem T5 und auch im Crafter nicht. ”
Praktisch seien zudem die zahlreichen Ablagefächer. “Da bekommt man alles unter, was man braucht, wenn man zum Beispiel als Monteur im Kundendienst unterwegs ist”, sagt Krüger. Zwei 12-Volt und ein USB-Anschluss erlauben es dem Fahrzeugnutzer, Geräte wie Smartphone und Tablet-Computer auf dem Weg zum Kunden zu laden.
Krasser Sound und Zweifel am Preismodell – lesen Sie weiter aus Seite 2.
Bedeutsame Kulisse für den neuen Caddy:
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Prima Werkzeugkasten auf vier Rädern
Kompakte Abmessungen,
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“Gut gefallen hat uns auch das Navigationsgerät. Die Optik ist wirklich prima.” Verbaut ist das ziemlich weit unten in der Mittelkonsole. Da sämtliche Navigationshinweise aber zusätzlich auch im zentralen Display zwischen Tacho und Drehzahlmesser angezeigt werden, geht die Anordnung des “Discover Media” genannten Systems in Ordnung. “Für einen Lieferwagen fast schon zu heftig ist das Soundsystem, dass das Navi mitbringt. Wir haben darauf alles Mögliche gehört, bis hin zu Techno-Musik, und waren begeistert.
Lob und Tadel
Weniger gefallen hat Krüger dagegen die Anordnung der Schalter für die elektrischen Fensterheber: “Die sind viel zu weit hinten in der Armlehne. Da komme ich kaum ran, ohne mir den Arm zu verdrehen”. Was den Alfelder ebenfalls nicht überzeugt hat, ist die Preispolitik der Stöckener. “Das Basismodell hat zwar einen absolut fairen Preis. Aber dann bekomme ich eben nur ein Auto mit vier Rädern und einem Lenkrad”.
Gefallen hat ihm dagegen die gesamte Verarbeitung. “Das ist eben typisch VW-Qualität”, lobt der Tischler. Auch der Motor - unter der Haube werkelt ein 2 Liter großer TDI-Motor mit BlueMotion-Technik – “geht für uns voll in Ordnung. Auch wenn er etwas schwächelt, wenn der Laderaum voll ist”, haben Krüger und seine Kollegen festgestellt. Der Diesel leistet 102 PS. Dabei verbraucht er laut Bord-Computer und je nach Fahrweise um die sechs Liter.
Und? Könnte das Ihr Neuer sein? “Nein. Das ist ein prima Werkzeugkasten auf vier Rädern. Wir brauchen für unsere Tischlerei aber einen Lieferwagen mit mehr Platz. Daher wird es bei uns wahrscheinlich eher der Transporter von VW”, resümiert Krüger nach dem Test. Gleichzeitig stellt er aber auch klar, dass das aber nicht am Caddy sondern eben nur an den Ansprüchen des Betriebs liegt. “Würden wir aktuell einen Wagen brauchen, um Werkzeug oder Material zur Baustelle nach zu bringen, dann könnte der durchaus etwas für uns sein. Und das trotz aller aktueller Diskussionen um die Marke.”
(ha)
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