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Das Machbare möglich gemacht

Traumwagen: Das Machbare möglich gemacht

Ein Handwerker aus Kolbermoor arbeitet am schnellsten Straßensportwagen der Welt. Dabei ließ er sich von einer einfachen Devise leiten: maximale Leistung. Dieser Tage beginnt nun die Praxiserprobung.

Nein, einen Rennwagen baue ich nicht. Diese trockene Feststellung von Kurt Lotterschmid ist angesichts dessen, was in der Werkstatt des Kfz-Mechanikermeisters im südbayerischen Kolbermoor entsteht, schon fast nicht mehr als Understatement zu werten. Denn mit dem Lotec Sirius entsteht der schnellste straßenzugelassene Sportwagen der Welt.

Zugegeben: Superlative wie das schnellste Auto der Welt sind immer flott bei der Hand, wenn es um Automobile geht, die als so genannte Supersportwagen gefeiert werden. Doch schon ein Blick auf die nüchternen Leistungsdaten des Sirius sprechen Bände: Zwölf muntere Zylinder zaubern satte 1200 PS aus knapp sechs Litern Hubraum. Ein Drehmoment von gut 1300 Newtonmetern zerrt über ein Spezialrenngetriebe an der Hinterachse und führt je nach gewählter Übersetzung zu einer kaum noch vorstellbaren Höchstgeschwindigkeit. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Mittelklassewagen vom Schlage eines 75 PS starken Golfs bringt es auf ein Drehmoment von 126 Newtonmetern.

Im Rennwagen fehlt der Komfort

Also doch ein Rennwagen? Nein, beharrt Lotterschmid und weist auf zahlreiche Komfortmerkmale hin, die den Wagen eindeutig von einem reinrassigen Rennwagen unterscheiden. Würde ich einen Rennwagen bauen, sagt der Kfz-Mechaniker, der selbst viele Jahre lang erfolgreich Autorennen gefahren ist, hätte ich keine Servolenkung, keine Klimaanlage und keine Ledersitze einbauen dürfen. Außerdem hätte die ganz aus Kohlefaser gefertigte Karosserie lange nicht so dick ausfallen dürfen, wie sie es heute ist. Auch ein Navigationssystem und ein Bordcomputer, der alle fahrrelevanten Daten auf Knopfdruck bereit hält, wäre dann sicher fehl am Platz gewesen. Der ohnehin sehr überschaubare Markt für solche automobilen Träume verlange derartige Komfortmerkmale, sagt Lotterschmid. So weit also zu den kleinen, aber feinen Unterschieden.

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Fakt ist, dass der Lotec Sirius deutlich über 400 Stundenkilometer schnell sein wird. Und damit wird er praktisch jedes andere Automobil egal ob Renn- oder Sportwagen hinter sich lassen können. Selbst der Formel-1-Rennwagen von Ferrari-Pilot Michael Schumacher hat gegen dieses automobile Wunderwerk die richtige Strecke vorausgesetzt nicht den Hauch einer Chance. Einzig der Bugatti EB 16.4 Veyron, der derzeit mit immensem Entwicklungsaufwand innerhalb des Volkswagen-Konzerns entsteht, stößt in ähnliche Leistungs- und Geschwindigkeitsregionen vor.

Große Nachfrage in arabischen Ländern

Die Geschichte des Sirius beginnt vor ziemlich genau zwölf Jahren. Bis dato hatte Lotterschmid vor allem Rennwagen also doch entwickelt. Zudem bewegte er diese Fahrzeuge äußerst erfolgreich in zahllosen Rennen was sich nicht zuletzt in allein drei Europameistertiteln in der Gruppe C sowie zahlreichen anderen Pokalen dokumentiert. Außerdem hatte der rasende Handwerker mit dem C1000 schon ein Hochleistungscoupé auf die Straße gestellt, das die Fachwelt fasziniert und einen glücklichen Käufer in den arabischen Ländern gefunden hat. Drittes Standbein: Der findige Bayer galt seit Jahren als Kompetenz, wenn es darum ging, Ferrari, Porsche und Mercedes wirklich schnell zu machen.

Doch damit nicht genug: Ich wollte die Erfahrungen aus dem Rennsport in einem Straßenauto umsetzen. Den Traum, einen völlig neuartigen Sportwagen zu bauen, hegte ich seinerzeit schon länger, erinnert sich der Autobauer. Auf keinen Fall wollte er dabei wieder auf ein bestehendes Chassis zurückgreifen, wie es beim Vorgängermodell der Fall war: Der C1000 war noch auf Basis eines Gruppe-C-Autos, einem reinrassigen Rennwagen, aufgebaut.

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Fest stand für Lotterschmid von vorn herein, dass der Neue ein Zweisitzer mit einem Mittelmotor, also einem unmittelbar vor der Hinterachse angeordneten Triebwerk, werden sollte. Sein Ziel: Das Machbare möglich machen. Ein ehrgeiziges Ziel für einen einzelnen Handwerksmeister. Beschäftigen die großen Automobilkonzerne ganze Abteilungen mit Heerscharen von Ingenieuren, Designern und Marketingspezialisten, zog sich Lotterschmid zunächst in seinen Keller zurück. Dort nahm er nicht etwa einen Bleistift zur Hand, um seine Gedanken in einer ersten Skizze niederzulegen. Nein, der Handwerker griff zu viel einschneidenderen Methoden und formte mit einer Flex die sehr homogenen Formen des Sirius aus einem groben Holzklotz. Ich kann eben nur technisch zeichnen, sagt Lotterschmid und lehnt zufrieden an seinem Auto. Dann räumt er etwas kleinlaut ein, dass ihm für grafisches Design die Kenntnisse fehlen. Ich bin halt Handwerker. Ich musste die Dinge fühlen können, um zu wissen, ob das hinhaut, gibt sich der Autobauer bescheiden.

Hinhauen tun die Formen des Sirius ohne Zweifel. Weder unnütze Aggressivität noch wilde, zerklüftete Formen, sondern eher eine harmonische Ausgewogenheit spiegeln sich in den Rundungen des Sportlers wider. Die geduckten Flanken der Karosserie, die in einem unglaublich breiten Heck münden, lassen keine Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Sirius zu.

Bis 2000 PS möglich

Für den nötigen Vortrieb hat Lotterschmid aber auch unter der schönen Außenhaut gesorgt. Garant für die schier unbändige Kraft des Coupés: bewährte Technik in Form des Zwölfzylinder-Motors der alten Mercedes-S-Klasse. Um dem serienmäßig nur 394 PS starken Triebwerk die erforderliche Leistung abzuringen, musste Meister Lotterschmid allerdings gehörig Hand anlegen. Sein Erfolgsrezept: Die Zwangsbeatmung des Motors mit zwei großen Turboladern. Zusätzlich hat er jedem Zylinder eine zweite Einspritzdüse spendiert, eine Trockensumpfschmierung installiert und praktisch jedes Einzelteil des ohnehin schon gewaltigen Triebwerks für den Einsatz im Hochleistungsbereich optimiert. So aufgerüs-tet stößt der eigentlich für eine Limousine konzipierte Motor in ungeahnte Leistungsregionen vor und gilt schon jetzt als der leistungsstärkste straßenzugelassene Automobilmotor der Welt. Theoretisch könnte ich so die Leistung bis auf 2000 PS hochschrauben, deutet Lotterschmid an, welche Reserven noch in dem Motor stecken.

Sein Wissen über die Kunst des Automobilbaus hat sich der Handwerker übrigens nicht nur auf der Rennstrecke angeeignet. Kein Geringerer als Gustav Brunner, der Konstrukteur, der den aktuellen Formel-1-Rennwagen aus dem Hause Toyota entwickelt hat, weihte ihn in die Geheimnisse der perfekten Fahrwerksgeometrie ein.

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Rahmen, Fahrwerk und Motor machen noch mehr Tempo locker mit, meint Lotterschmid nicht ohne Stolz. Doch es gibt ein anderes Problem: Die üppig dimensionierten Reifen setzen der scheinbar nicht enden wollenden Geschwindigkeitsorgie eine klare Grenze. Denn kein normaler Autoreifen hält solche Geschwindigkeiten auch nur ansatzweise aus. Selbst für die montierten Sportwagenreifen gibt es nur eine Zulassung bis 395 km/h, bedauert der Konstrukteur.

Ungeachtet dieser unangenehmen Einschränkung erfreut sich Lotterschmids Werk schon jetzt stetig wachsender Bekanntheit. Eine Serienfertigung scheint nicht erst seit den jüngs-ten schon recht konkreten Verhandlungen mit einigen Geldgebern aus dem arabischen Raum zum Greifen nah. Serienfertigung? Ein Begriff, der angesichts eines rund eine Million Euro teuren Automobils, das zwar wahnwitzig schnell, aber alles andere als alltagstauglich ist, nur schwer vorstellbar scheint. Aber dennoch: Nach Lotterschmids Worten gibt es weltweit ein Absatzpotenzial von maximal 50 Fahrzeugen.

Jetzt geht's los

Dieser Tage geht nun allerdings zunächst einmal der Prototyp in die Erprobung. Die letzten Teile des Triebwerkmanagements, das der Motorelektronikspezialist Lenz speziell für den Hochleistungssportwagen konzipiert hat, werden gerade montiert, und dann geht es los. Ein Moment, dem der Konstrukteur mit einem lachenden, aber auch mit einem weinenden Auge entgegensieht: Denn das

Schönste an dem ganzen Projekt war doch das Bauen und Konstruieren, schwärmt der Handwerker und rutscht über den breiten Seitenschweller ins Wageninnere. Wohlig macht er es sich in dem mit blauem Leder bezogenen Sitz bequem, der geradewegs aus einem Rennwagen zu stammen scheint. Also doch ein Rennwagen? Nein, sagt Lotterschmid und zieht die weit aufragende Tür hinter sich zu.

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