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Foto: handwerk.com

Achtung, seriös

Verdammt amtlich, verdammt teuer

Wie schön, dass Sie zu den Menschen gehören, die Verträge und Fax-Anfragen nicht voreilig unterschreiben. Bei einer neuen Masche sollten Sie trotzdem wachsam sein.

Er ist Tischlermeister und auf „solchen Kram“ vorbereitet. Dass Uwe Klein jetzt dennoch bei einem Fax ins Grübeln geraten ist, hat einen einfachen Grund: Ein neuer Anbieter kommt „verdammt amtlich“ um die Ecke. Der Name: Europäisches Zentralregister zur Erfassung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern. Sogar das Kleingedruckte klingt seriös. Von einer EU-Richtlinie ist die Rede, von ihrer „Umsetzung in nationales Recht“, vom Steuervereinfachungsgesetz.

Nur wenige Zeilen danach geht's ans Eingemachte. Willkommen in der „Nur mal eben ergänzen, unterschreiben und zurückfaxen-Liga“.

Das Fax aus Brüssel entpuppt sich als „Shit-Sandwich“ – lesen Sie die nächste Seite.

Das müssen Sie NICHT unterschreiben!

Auch das steht im Kleingeruckten: „Die Veröffentlichung erfolgt für einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten. Die Gebühr beträgt 890 Euro pro Jahr und ist 14 Tage nach Eintragung und Rechnungsstellung im Voraus zu entrichten.“ Ganz schön üppig.

Der Berliner Rechtsanwalt Thomas Meier ist Experte für Vertragsfallen. Dass in dem Fax aus Brüssel Paragrafen genannt werden, dient seiner Meinung nach vor allem einem Zweck: „Es wird der Anschein erweckt, man müsse antworten, weil man zur Auskunft verpflichtet sei.“ Die Art des Anschreibens werde umgangssprachlich „Shit-Sandwich“ genannt, sagt Meier: „Von außen sieht der Text ganz harmlos aus, aber drinnen – na, sie wissen schon – erwartet einen nur … .“

Fakt ist: Es gibt keine europäische Behörde, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern zentral sammelt. Andererseits erweckt das Fax des „Zentralregisters“ den Anschein, dass der Unternehmer schnell handeln muss. Terminsache! Und die Frist ist kurz, knapp zwei Wochen bleiben für die Unterschrift. „Antwort bis spätestens 25. März“, steht auf dem Schreiben an die „Tischlerei Klein, Uwe“.

Nächste Seite: Die ersten Handwerksunternehmer haben unterschrieben.


Das müssen Sie wissen!

Als Uwe Klein das Schreiben aus dem Faxgerät genommt hat, war sein erster Gedanke tatsächlich: „Verdammt, jetzt muss ich die Umsatzsteuer-ID auch noch öffentlich machen.“ Aber schon der zweite Gedanke hat ihn von der Unterschrift abgehalten: „Kein Amt würde so eine Aufforderung per Fax verschicken.“

Wie oft bekommt Klein derartige Schreiben? „Regelmäßig, sicher ein bis zwei Faxe pro Woche, tendenziell mehr“, seufzt der Tischlermeister.

Hinter dem „Zentralregister“ steckt das belgische Unternehmen „Company Data S.P.R.L.“ Aber mit Sicherheit keine Behörde, auch wenn die Sprechzeiten, das Firmenlogo und die vorausgefüllten Daten den Eindruck erwecken könnten. Übrigens hat die handwerk.com-Redaktion den Spieß umgedreht und ein Fax nach Brüssel geschickt, die Presseanfrage blieb einmal mehr unbeantwortet. Zu schade. Denn die Verantwortlichen hätten kommentieren können, dass die Dienstleistung ihres „Zentralregisters“ nach Expertenmeinung in keinem Verhältnis zu den Gebühren steht.

Einer der ersten Handwerksunternehmer, die das Zentralregister-Fax unterschrieben haben, hat bereits hilfesuchend Meiers Kanzlei-Nummer gewählt. Weil die belgische Firma aber noch keine Rechnungen verschickt habe, musste er bisher nicht aktiv werden. Meier rechnet damit, dass Ende März die ersten Rechnungen in den Betrieben eintrudeln werden. In den Betrieben, deren Chefs weniger vorsichtig waren als Uwe Klein.


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(sfk)

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