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Automatisierung

Voll vernetzt im Maschinenraum

Udo Fenske führt ein Leben im Wettbewerb. Seine größte Konkurrentin: die Industrie. Sein Schlüssel zum Erfolg: Automatisierung - und engagierte Mitarbeiter.

Investiert, um wettbewerbsfähig zu bleiben
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Die Tagschicht hat alles vorbereitet. Präzise wurden die glänzenden Edelstahlblöcke auf ihren Trägerplatten eingespannt. Jetzt warten sie durchnummeriert auf ihren Lagerplätzen, bis der Jobmanager die erste Nummer aufruft. Dann holt ein Roboter das erste Werkstück von seinem Lagerplatz. Gleichzeitig öffnet sich die Tür der Hochgeschwindigkeitsfräsmaschine. Der Roboter fixiert das Werkstück in der Fräse. Die Tür schließt sich und die Bearbeitung beginnt. Die Werkhalle bei MFL Leinetal ist in der Nacht menschenleer, aber die Produktion läuft weiter.

MFL Leinetal ist als Werkzeugbauer auf die Produktion von Formen spezialisiert. Damit fertigt die Industrie Kunststoffteile wie Dichtungen, Fahrzeugkomponenten oder Verkleidungen von Elektronikgeräten. Zu den Kunden der Niedersachsen gehören Energieunternehmen, Autobauer und die Luftfahrtindustrie.

Vor vier Jahren hat Geschäftsführer Udo Fenske die vernetzte Automatisierung eingeführt. Seitdem erhöht er den Automatisierungsgrad schrittweise. Für den Betrieb ist das die einzige Chance, im Wettbewerb zu bestehen.

„Wir können kein Personal klonen“
Das Dilemma: Die Kunden des Unternehmens fordern höchste Präzision zu vertretbaren Preisen. Dafür muss der Betrieb ständig investieren. „Mit alten Maschinen kann man in unserem Geschäft kein Geld verdienen“, erklärt Udo Fenske. MFL Leinetal produziert mit Toleranzen von wenigen Tausendstel Millimetern. Gut zwei Dutzend Maschinen hat der Betrieb.

Ihre Auslastung entscheidet, ob das Unternehmen kostendeckend arbeitet. Sie ließe sich durch einen Zweischichtbetrieb steigern. „Aber wir können kein Personal klonen“, sagt Fenske. Fähiges Fachpersonal sei Mangelware. Also löst er das Dilemma technologisch. Durch effizientere Fertigungsprozesse und höheren Automatisierungsgrad.

Wie das geht, lesen Sie auf Seite 2.

Arbeit im Käfig
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Voll vernetzte Maschinenwelt

Hier kann jeder programmieren
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Sämtliche Maschinen bei MFL Leinetal haben eine Netzwerkleitung. So bekommen sie aus dem Konstruktionsbüro ihre Fertigungsdaten für bestimmte Jobs. Auch ermöglicht das Netzwerk den Informationsaustausch zwischen den Maschinen.

Die Krux mit dem Nullpunkt
Das half dem Unternehmen bei einem der größten Effizienzfresser: den Rüstzeiten. Das ist die Zeit, in der ein Bauteil für die Bearbeitung auf der Maschine vorbereitet wird. Dazu wird es in der Maschine gespannt und vermessen, um den sogenannten Nullpunkt zu ermitteln. Er bildet den Ausgangspunkt für alle programmierten Wege, die die Fräse abfährt. Jede Abweichung vom Nullpunkt erzeugt ein unbrauchbares Bauteil.

„Im schlimmsten Fall hatten wir 80 Prozent Rüstkosten“, sagt Udo Fenske. Von möglichen 1700 Maschinenarbeitsstunden im Jahr, hat die Maschine nur gut 340 Stunden tatsächlich Bauteile bearbeitet – der Rest war Vorbereitungszeit.

Bereit für den nächsten Job
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Chip schafft Abhilfe
Das Problem hat MFL Leinetal mit einem nullpunktorientierten Spannsystem gelöst: Das Werkstück wird nicht mehr in der Fräsmaschine vermessen, sondern auf genormten Trägerplatten, die alle den identischen Nullpunkt haben. Jede dieser Platten hat einen Chip, der sie eindeutig identifiziert. Eine Messmaschine vermisst das Bauteil auf der Platte und speichert seine Lagekoordinaten plus Chipnummer im Jobmanager ab. Wird die Trägerplatte nun in die Fräsmaschine gesteckt, bleibt ihr Nullpunkt erhalten. Der Chip wird gescannt und der Jobmanager gibt der Fräse die passenden Koordinaten und Programme. „Die Rüstzeit auf der Maschine verringern wir auf ein Minimum“, sagt Fenske.

Legen die Mitarbeiter die Trägerplatten mit den vermessenen Werkstücken auf spezielle Lagerplätze, kann die Fräse sie nachts nach und nach abarbeiten. So steigt die Auslastung der Maschine auf 3000 Stunden jährlich. „Mittlerweile macht die Übernachtfertigung bis zu 20 Prozent unserer Gesamtfertigung aus“, sagt Fenske.

Damit das klappt, müssen alle Mitarbeiter mitdenken. Ihr Auftrag: Optimierung. Letzte Seite.

Hallenpanorama MFL Leinetal
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Jeder Mechaniker programmiert

Am Tag bemannt, nachts autark
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Dabei seien nicht die Maschinen der Schlüssel zur Effizienz, sondern die Mitarbeiter. „Durch die Automation fällt bei uns kein Arbeitsplatz weg“, sagt der Unternehmer. „Es kommen welche dazu.“ Bei MFL Leinetal arbeiten 70 Mitarbeiter, davon 40 in der Fertigung. „Jeder unserer Werkzeugmechaniker kann Programme selbst schreiben.“ Wer das nicht konnte, wurde weitergebildet; für die Auszubildenden gehört es zur Lehre.

Nur besonders anspruchsvolle 5-Achs-Programmieraufgaben, bei denen ein Werkstück in der Bearbeitung etwa zusätzlich gedreht und geschwenkt wird, übernehmen Vollzeitprogrammierer bei MFL Leinetal. Alle anderen Programme schreiben die Mitarbeiter direkt in der Werkstatt an den Fertigungsmaschinen.

Die Gesprächskultur macht den Unterschied
„Bei uns hat jeder Mitarbeiter den Auftrag, unsere Fertigungsprozesse und Programme zu optimieren“, sagt Fenske. Dafür sollen Werkstattmitarbeiter und Programmierer konstruktiv miteinander reden. „Unsere Mitarbeiter sind da sehr engagiert.“ Mit internen Mitarbeiter-Befragungen hat der Betrieb ermittelt, an welchen Schnittstellen sich die Kommunikation noch verbessern lässt. So arbeitet er an einer effizienten Gesprächskultur. Damit das Tempo im Tanz der Maschinen weiter steigt.

Fertiges Bauteil
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(deg)

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