Niedrigenergiehäuser im Schnellbauverfahren, Textilreinigung mit 24-Stunden-Service, promptes Beheben von Blech- und Lackschäden an Autos. Immer wieder bauen Handwerker Franchise-Systeme auf. Welche Chancen und Risiken damit verbunden sind, lesen Sie hier.
Von der Geschäftsidee zum Pilotbetrieb
Franchise-Geber müssen nicht unbedingt völlig neue Produkte oder Leistungen entwickeln, um erfolgreich zu sein. Oft reicht schon ein Zusatznutzen für den Kunden oder ein erkennbarer Qualitätsvorsprung, um eine Marke bekannt zu machen Hauptsache, das Angebot hebt sich vom Markt ab. Allerdings muss der künftige Franchise-Geber schon im Vorfeld prüfen, ob die Nachfrage nach der Leistung tatsächlich überregional vorhanden ist. Und er muss sicherstellen, dass die Betriebsabläufe standardisierbar sind.
Synergie durch Masse
Das Konzept für ein neues Franchise-System sollte von vornherein auf mindestens 50 Franchise-Nehmer-Betriebe ausgerichtet sein, anderenfalls werden die Synergiepotenziale nicht ausgeschöpft, rät Detlef Kutta, Geschäftsführer der franchise-net GmbH.
Das Konzept muss sämtliche Geschäftsbereiche beschreiben:
Marktfähigkeit der Dienstleistung
Preiskalkulation
technische Ausstattung der Standorte
Franchise-Nehmer-Profil
Werbe- und Marketingkonzept
Standortpolitik
Liquiditäts- und Investitionsplanung
Qualitätsmanagement und -sicherung
Schulungskonzept für die Franchise-Nehmer
Betreuungsleistungen der Franchise-Zentrale
Warenbezug, Einkaufskonditionen
Franchise-Vertrag.
Überzeugen mit dem Vorzeigebetrieb
Die Marktfähigkeit des Konzepts und die beispielhafte Geschäftsentwicklung muss der Franchise-Geber anhand eines Pilotbetriebs nachprüfbar dokumentieren können. Dazu kann der Handwerksunternehmer seinen bestehenden Betrieb auf seine Franchise-Fähigkeit hin überprüfen und optimieren oder er gründet möglicherweise zusammen mit einem Existenzgründer einen neuen Betrieb.
Franchising für Handwerksmeister
Ein Franchise-System von einem Handwerksmeister für andere Meisterbetriebe macht nur begrenzt Sinn - schließlich ist die Weitergabe von Know-how ein wesentlicher Bestandteil des Leistungspakets, das ein Franchise-Geber einem Franchise-Nehmer zur Verfügung stellen muss. Ein Meister wird dem anderen kaum etwas beibringen können, für das dieser laufenden Gebühren zu zahlen bereit ist, gibt Felix Peckert, Geschäftsführer des Brancheninformationssystems Forum Franchise und Systeme (ffs) zu bedenken. Da müsste das System schon ein Marketingkonzept zu bieten haben, das seinen Nehmerbetrieben messbar mehr Kunden garantiert, oder durch exklusiven beziehungsweise besonders günstigen Warenbezug einen laufenden Einkaufsvorteil bieten.
Viel Potenzial in der Handwerksrolle B
Geradezu prädestiniert sind dagegen handwerksähnliche Berufe für das Franchising. So kann ein Handwerksmeister etwa einen Randbereich seines Arbeitsfeldes franchisieren etwa die Installation von Solaranlagen oder das Reinigen von Rohrleitungen und Kanälen. Auf diese Weise können die Franchise-Nehmern von seinem umfassenden fachlichen und betriebswirtschaftlichen Know-How profitieren, Marketing und Einkaufsvorteile gibt es außerdem. So kann der Handwerker seinen Gesellen eine attraktive Zukunftsperspektive als selbstständiger Unternehmer bieten, sagt Peckert.
Werbung und Marketing
McDonalds, Obi, Portas. Deutschlandweit bekannte Markennamen sind selbst in der Franchise-Branche rar und wertvoll wie Sechser im Lotto und damit kein Maßstab für junge Franchise-Systeme. In der Anfangsphase sollten sich Franchise-Geber von der Markengläubigkeit lösen, erklärt Franchise-Experte Felix Peckert. Einen Namen überregional bekannt zu machen ist teuer und obendrein ineffektiv, solange das Franchise-System nicht flächendeckend vertretend ist.
Lokale Werbung mit überregionalem Konzept
Dennoch gehört ein stimmiges Werbekonzept zu den Kernleistungen des Franchise-Gebers. Dieses sollte vor allem darauf zielen, effektive lokale Werbemaßnahmen für die Franchise-Nehmer anzubieten, um sie später in ein überregionales, einheitliches Marketingkonzept zu überführen. So erwerben die Nehmer-Betriebe das Recht an Namen und Logo des Systems sowie eine umfassende Schulung im lokalen Marketing. Der Franchise-Geber unterstützt diese Werbemaßnahmen mit einem informativen und gut gepflegten Internet-Portal und gegebenenfalls durch einzelne, zunächst regionale, dann überregionale Kampagnen.
Wann rechnet sich ein Franchise-System?
Die Anfangsinvestitionen sind im Franchising hoch. Aufbau und Optimierung des Pilot-Betriebes kann genauso ins Geld gehen wie die Rekrutierungskosten für die ersten Franchise-Nehmer. Denn wer noch nicht mit Image punkten kann, der muss es mit um so besseren Dienstleistungen tun, erklärt Heiner Evanschitzky vom Internationalen Centrum für Franchising und Cooperation (F C) an der Universität Münster. Zu den Dienstleistungen für die ersten Franchise-Nehmer gehören ein praxiserprobtes Unternehmenskonzept, ein Schulungshandbuch, in dem die Eckpfeiler des Geschäftskonzepts beschrieben sind, und eine umfassende Betreuung durch den Franchise-Geber.
Aufwändiger Beginn
Das Geschäftskonzept wird im Verlauf der Partnerschaft immer weiter verfeinert, bis erfahrungsgemäß im zweiten oder dritten Jahr das vollständige Franchise-Handbuch verfasst werden kann. Parallel entwickelt der Franchise-Geber ein umfassendes Schulungsprogramm. Die Standardisierung des Systems muss vollständig abgeschlossen sein, kurz bevor der Erfinder der Franchise-Idee einzelne Bereiche wie etwa die Schulung in die Hände Dritter legt, erklärt ffs-Geschäftsführer Peckert. Zwischen zwei und fünf Millionen Euro koste es, auf diese Weise ein Systems aufzubauen, bis es Spaß macht.
Zuschüsse vom Staat
Dafür können Franchise-Geber genauso wie ihre Nehmer-Betriebe staatliche Förderprogramme in Anspruch nehmen. Einige Bundesländer bieten künftigen Franchise-Gebern speziell Zuschüsse zu Begleitberatungen, die unter anderem eine Potenzialanalyse für das System beeinhalten. Daneben können junge Systeme die klassischen Wirtschaftsförderprogramme der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Anspruch nehmen.
Rasante Entwicklung
Die hohen Anfangsinvestitionen amortisieren sich, wenn das System einige Dutzend Franchise-Nehmer beisammen hat. Dann nämlich finanzieren die neuen Mitglieder die Betreuungs-Mehrkosten aus der Einstiegsgebühr, und ihre laufenden Gebühren fließen in den Umsatz des Systems.
In zehn Schritten zum Franchise-Geber
Entwickeln Sie eine Geschäftsidee:
Diese kann eine Marktlücke ausfüllen, Produkte und Dienstleistungen kombinieren oder bestehende Geschäftstypen weiterentwickeln. Der Mehrwert an Service sollte für Ihre künftigen Franchise-Nehmer und Ihre Endkunden gut erkennbar sein.
Prüfen Sie die Geschäftsidee auf ihre überregionale Marktgängigkeit
Bestimmten Sie Standorte und Zielgruppe, erheben Sie die relevanten Marktdaten.
Informieren Sie sich über staatliche Fördermöglichkeiten:
Zinsgünstige Kredite gibt es oft nicht nur für Existenzgründer im Franchising, sondern auch für Systeme, die sich im Aufbau befinden. Begleitberatung für werdende Franchise-Geber stellen einige Bundesländer sogar in Form von Zuschüssen zur Verfügung.
Gründen Sie ein Pilot-Unternehmen:
Dabei kann es sich um Ihr eigenes Unternehmen handeln oder um eines, das Sie mit einem Existenzgründer zusammen aufbauen. Dazu gehört die Planung der Produktionsabläufe, eine Stärken-Schwächen-Analyse, ein Businessplan, Markenname und Logo, ein Marketingkonzept, Ausstattung und Design der Geschäftsräume. Dokumentieren Sie die Geschäftsentwicklung exemplarisch für ihre künftigen Franchise-Nehmer.
Entwickeln Sie ein standardisierbares Unternehmenskonzept:
Entwickeln Sie aus Ihrer Dokumentation erste Schulungsinhalte für die Franchise-Nehmer und setzen Sie Ihre Franchise-Idee mit zwei bis drei Pilotpartnern um.
Legen Sie das Konzept in dem Franchise-Handbuch nieder:
Aus den Erfahrungen mit den ersten Partnern und in dem eigenen Pilotladen erweitern Sie Ihre Schulungsinhalte zum Betriebshandbuch. Dieses bestimmt wesentlich das Schulungs- und Betreuungskonzept. Damit ist es das Kernstück der Kooperation, hier ist das fachspezifische und betriebswirtschaftliche Wissen des Franchise-Systems niedergelegt, das im Vertrag oft als "Know-how im jeweiligen Stand der Entwicklung" allgemein umschrieben ist.
Werben Sie Franchise-Nehmer:
Akquirieren Sie in Ihrem beruflichen Umfeld, in der Fachpresse, über das Internet, auf Existenzgründer- und Franchise-Messen, über Berufsverbände und Kreditinstitute.
Informieren Sie Ihre Franchise-Nehmer vollständig und sachlich:
Noch vor Vertragsabschluss müssen Sie Ihren künftigen Franchise-Nehmern die Rentabilität des Systems anhand von vorhandenen Erfahrungswerten belegen (vorvertragliche Aufklärungspflicht). Auch wenn Sie ihnen keine Rentabilitätsgarantien zu geben brauchen: Sie dürfen Ihr System in den Vorverhandlungen nicht erfolgreicher darstellen als es ist. Weisen Sie ihren künftigen Partnern die Eintragungen der gewerblichen Schutzrechte nach. Händigen Sie ihnen drei bis fünf Kontaktadressen der übrigen System-Mitglieder seiner Wahl aus.
Bauen Sie Ihren Franchise-Nehmern eine schlüsselfertige Existenz:
Dazu gehört üblicherweise eine Standortanalyse, ein Businessplan, eine umfassende Anfangsschulung mit Hospitation oder Praktikum in anderen Franchise-Nehmer-Betrieben, die Betriebsausstattung, Information über staatliche Fördermöglichkeiten.
Bieten Sie ihnen laufende Unterstützung:
Die besteht normalerweise in exklusiv günstigen Einkaufskonditionen, technischer und betriebswirtschaftlicher Unterstützung, Marketing und Weiterentwicklung der Marke, weiterführenden Schulungen, Qualitätskontrolle und durchgängig erreichbaren Ansprechpartner in der Franchise-Zentrale.
Persönlichkeitstest: Als Franchise-Geber geeignet?
Der Weg vom Handwerker zum Franchise-Geber führt von der Werkbank an die Spitze eines Unternehmensnetzwerks. Anstelle des Betriebsalltags erwarten den Meister klassische Führungsaufgaben im Management, der Dienst am Franchise-Nehmer ersetzt den Dienst am Kunden ein Rollenwechsel, den nicht jeder selbstverständlich beherrscht. Ein Persönlichkeitstest:
Können Sie Menschen für Ihre Geschäftsidee begeistern?
Können Sie aus einer Geschäftsidee ein Unternehmenskonzept entwickeln?
Haben Sie das langfristige Marktpotenzial und die Finanzierung kontrolliert?
Können Sie vermitteln, wie man Unternehmen erfolgreich macht und über Jahre am Markt hält?
Besitzen Sie die Menschenkenntnis, geeignete Franchise-Partner unter Ihren Bewerbern auszuwählen?
Besitzen Sie selbst genug unternehmerische Erfahrung, Ihren künftigen Franchise-Nehmern die Chancen und Risiken der Selbstständigkeit realistisch darzustellen?
Sind Sie bereit, als Dienstleister für Ihre künftigen Franchise-Nehmer aufzutreten?
Sind Sie bereit, die Verantwortung für den Geschäftserfolg Ihrer Franchise-Nehmer zu übernehmen?
Können Sie sich bei Ihren Franchise-Nehmern ein einheitliches Auftreten und hohe Qualitätsstandards durchsetzen?
Können Sie mit Wünschen und Kritik Ihrer Franchise-Partner umgehen?
Besitzen Sie die Bereitschaft und Kreativität, Ihr System ständig weiterzuentwickeln und an die Entwicklungen auf dem Markt anzupassen?