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Vorsicht: Abzocker täuschen mit Hilfe von Handelsregister-Einträgen

Von wegen amtlich

Abzocker-Firmen verschicken massenweise Angebote und Zahlungsaufforderungen für Firmenverzeichnis-Einträge. Und geben ihren Schreiben dafür gern einen amtlichen Charakter.

„Das ist eine ganz neue Qualität der Irreleitung“, sagt Thomas Brandt (Name geändert) über seine ungeliebte Briefsammlung. Der Handwerksmeister greift einen heraus: „Ihr Handelsregistereintrag“, steht dort in der Betreffzeile. Und dann der Text: „Sehr geehrte Damen und Herren, die Veröffentlichung firmenrelevanter Daten Ihres Unternehmens wurden unter anderem im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Wir bieten Ihnen an, ihren Datensatz und den Handelsregistertext in die Datenbank von Gewerbeinfo.net aufzunehmen.“ Ein Verweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Und ein Überweisungsträger. Rechnungssumme: 558,35 Euro.

Absender des Schreibens ist die „Industrie und Gewerbe Verwaltung“ (IGV) in Gelsenkirchen. Andere sind noch dreister: Das „Handels- und Gewerberegister“ etwa schickt eine „Rechnung“ für einen Eintrag unter www.handels-register.net. Neben dem Namen prangt nur der Bundesadler, im Internetimpressum findet sich eine Firma aus Sofia in Bulgarien. Ohne Adressangabe schreibt auch das „GWZ Register“ in Berlin. Darüber steht: „Kostenbescheid in der Registersache Handelsregister Eintrag“.

„Schönstes Beamtendeutsch“, sagt Thomas Brandt. „Und auch vom Layout her sieht das erst einmal offiziell aus.“ Zwei Tage nachdem er sein Unternehmen Ende Januar von einer GbR in eine GmbH amp; Co. KG umgewandelt hatte, trudelten die ersten dieser Schreiben ein, mittlerweile sind es etwa ein Dutzend. Nach zwei Wochen kam dann die (echte) Rechnung des Amtsgerichts über 150 Euro. „Ich gehe davon aus, dass da ein ausgeklügeltes System dahintersteht.“

Auf Seite 2 erfahren Sie, was Sie als Empfänger stutzig machen sollte

Warnlisten im Internet

Thomas Brandt ist nicht auf die amtlich anmutenden Briefe hereingefallen, andere Betriebe sind bereits in die Falle getappt. Im Internet kursieren daher Warnlisten, eine davon hat der Bundesanzeiger Verlag in Köln auf seiner Website veröffentlicht. Unter den aufgelisteten Namen sind auch die IGV und das Handels- und Gewerberegister zu finden.

Typische Alarmzeichen
Der Staatsanwaltschaft in Hannover sind diese Akteure ebenfalls bekannt. Deren „rechnungsähnliche Offerten“ seien allerdings nicht unbedingt strafbar, sagt Pressesprecher Oliver Eisenhauer. „Es kommt da auf die genauen Formulierungen und die ganze Aufmachung des Briefes an.“ Er empfiehlt den Betrieben daher, die Briefe gründlich zu lesen, um nicht darauf hereinzufallen. Ihm zufolge sollte man die folgenden Alarmzeichen beachten:

  • Es sind keine Absenderadressen und Telefonnummern angegeben.
  • Der Absender ist in einer anderen Stadt oder Region ansässig.
  • In dem Schreiben sind ausländische Kontonummern, Telefonnummern oder Absenderadressen zu finden.
  • Der Text weist viele Schreibfehler und brüchige Formulierungen auf.
  • Die Preise stehen in keinem angemessenen Verhältnis zur Leistung.
  • Aufschlussreich kann meist auch schon eine kurze Internetrecherche sein: Bei Gewerbeinfo.net zum Beispiel tauchen bei der alphabetischen Firmensuche pro Buchstabe meist nicht mehr als fünf Firmen auf. 558,35 Euro für einen Eintrag in diese Datenbank sind daher ein relativ hoher Preis.

    Was passiert, wenn man bereits auf ein Abzocker-Schreiben hereingefallen ist, lesen Sie auf Seite 3.

    Viel Aufwand und geringe Chancen

    Doch was passiert, wenn man auf ein Abzocker-Schreiben hereingefallen ist und bereits gezahlt hat? „Theoretisch können die Betriebe das Geld wegen Täuschung oder Wucher zurückfordern“, sagt die Rechtsanwältin Virabell Schuster aus Willich bei Düsseldorf. Ob sie damit Erfolg haben, sei allerdings ungewiss und liege zum Teil im Ermessen der Gerichte. Auf ihrer Website warnt die Juristin ausdrücklich vor Geschäftemachern wie der besagten Industrie und Gewerbe Verwaltung (IGV). Meist scheitere das Ganze schon an der Frage, von wem man das Geld überhaupt zurückfordern soll, weil sich der Absender als Briefkastenfirma entpuppt. Falls der Absender tatsächlich „greifbar“ ist, müssen die Betriebe den üblichen Weg gehen: Anwälte einschalten und klagen. Das aber kann kostspielig werden.

    Als Lehrgeld verbuchen
    „Die meisten Betroffenen müssen davon ausgehen, dass sie ihr Geld nicht zurückbekommen“, sagt Rechtsanwältin Schuster. „Den Betrieben bleibt häufig nichts anderes übrig, als das als Lehrgeld zu verbuchen.“ Und künftig besser aufzupassen, denn die Abzocker machen munter weiter. „Durch das Internet ist es leicht, an Informationen heranzukommen“, erklärt sich Handwerksmeister Thomas Brandt die Briefschwemme. „Und die Hemmschwelle ist relativ gering, weil die Leute nicht viel zu befürchten haben.“

    Eine Stellungnahme der im Artikel genannten Firmen steht noch aus. Wir haben sie schriftlich darum gebeten, zu der Kritik an ihrem Geschäftsgebahren Stellung zu nehmen, und verfolgen das Thema weiter.

    (afu)

    Wichtiger Link: Die Warnliste des Bundesanzeiger-Verlages finden Sie hier.

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