Abmahngefahr: Anwälte und Privatpersonen suchen gezielt nach Internetauftritten von Unternehmen, die Google Fonts nutzen.
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Abmahngefahr: Anwälte und Privatpersonen suchen gezielt nach Internetauftritten von Unternehmen, die Google Fonts nutzen.

Inhaltsverzeichnis

Recht

Gefahr durch Google Fonts: Welchen Websites drohen DSGVO-Abmahnungen?

Handwerksbetriebe sollten Ihre Websites prüfen: Nutzen Sie Google Fonts als Schriftart? Es drohen Abmahnungen von Anwälten – und Zahlungsforderungen von Privatpersonen.

Auf einen Blick:

  • Ein Gerichturteil macht den Weg frei für Abmahnungen gegen Website-Betreiber: Wer Google Fonts dynamisch in seinen Internetauftritt einbindet, kann damit gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen.
  • Wer mahnt ab? Eine Handwerkskammer warnt vor Abmahnungen im großen Umfang durch Privatpersonen. Abmahnmuster kursieren schon im Netz. Und ein Rechtsanwalt berichtet von kostenpflichtigen Abmahnungen durch Anwälte: mehr als 1.000 Fälle innerhalb weniger Tage.
  • Kostenlose Online-Checker zeigen, ob Ihre Seite gefährdet ist. Abmahnungen sollten sie nicht vorschnell akzeptieren, sondern sich beraten lassen.

Viele Betreiber von Websites nutzen für ihren Internetauftritt Schriftarten, die Google kostenlos zur Verfügung stellt. So manchem droht deswegen nun eine Abmahnung. Ob ein Betreiber davon betroffen ist, hängt davon ab, wie er diese sogenannten Google Fonts in seine Website einbindet. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Entweder lädt ein Website-Betreiber die Schriftarten herunter, speichert sie lokal und bindet sie von eigenen Servern aus in den Internetauftritt ein.
  • Oder er bindet die Google Fonts dynamisch in die Site ein. Dann werden die Schriftarten bei jedem Aufruf der Website direkt von den Google-Servern geladen.

Das dynamische Einbinden von Google Fonts ist weit verbreitet. Es hat jedoch einen Haken: Wann immer ein Besucher eine solche Website aufruft, übermittelt die Site die IP-Adresse des Besuchers an Google.

Nach einem Urteil des Landgerichts München kann das gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen und zu Abmahnungen führen: Die IP-Adresse gehört dem Gericht zufolge zu den personenbezogenen Daten, welche nicht ohne das Einverständnis der Betroffenen erhoben und genutzt werden dürfen. In dem konkreten Fall hatte die Betreiberin einer Website dieses Einverständnis nicht eingeholt. Das Gericht verurteilte sie zur Unterlassung und zur Zahlung von 100 Euro Schadensersatz. (Urteil vom 20. Januar 2022, Az. 3 O 17493/20)

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Privatpersonen und Anwälte setzen Unternehmen unter Druck

Abmahnen können in solchen Fällen als Betroffene vor allem Privatpersonen. So warnt die Rechtsberatung der Handwerkskammer für Unterfranken „vor Forderungsschreiben aufgrund von Datenschutzverstößen an regionale Unternehmen“. In allen Fällen hätten Betriebe eine E-Mail von Privatpersonen erhalten, die sich auf das Münchner Google-Fonts-Urteil bezogen und 100 Euro Schadenersatz verlangten. Es sei zu vermuten,  dass solche Forderungsschreiben „mittlerweile massenhaft“ an Unternehmen versendet würden, „zumal im Netz bereits entsprechende Musterschreiben zu finden sind", sagt Wolfgang Bauer von der Rechtsberatung der Kammer.

Dieses Urteil machten sich nun „Abmahnkanzleien“ zunutze, berichtet der Rechtsanwalt Christian Solmecke aus Köln. Solche Kanzleien würden das Internet „gezielt“ nach Webseiten durchsuchen, die Google Fonts in der dynamischen Variante nutzen. Werden sie fündig, würden sie die Betreiber zur Entfernung der Google Fonts auffordern, Auskunft über ihre gespeicherten Daten verlangen, eine Frist setzen und mit Klage drohen. Solmecke: „Damit sich das Ganze auch lohnt, erwarten sie zudem einen immateriellen Schadensersatz in Höhe von 100 Euro. Natürlich verlangen die Kanzleien darüber hinaus selbst eine Gebühr.“

Seine Kanzlei habe „innerhalb der letzten Tage“ mehr als 1.000 Betroffenen kontaktiert, berichtet Solmecke. Er gehe daher davon aus, dass die Zahl solcher versendeter Abmahnung bereits „mehrere Zehntausend umfassen dürfte“.

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Vorbeugen: Google-Fonts-Checker zeigen die Gefahr

Die Handwerkskammer Unterfranken rät Betriebsinhabern, zu prüfen, ob Google Fonts dynamisch in ihre Website eingebunden sind. Im Internet gibt es so genannte Google-Fonts-Checker, auf denen Webseiten auf die Verwendung von Google Fonts überprüft werden können. So verweist die Kammer zum Beispiel auf die Checker von sicher3.de und von 54gradsoftware.de.

Wer dynamische Google Fonts nutzt, sollte diese Schriftarten lokal speichern und von dort in den eigenen Internetauftritt einbinden.

Alternativ können Website-Betreiber die Einwilligung der Websitebesucher mittels Ihres Cookie-Banners einholen, ergänzt Solmecke. Dazu müssen Sie Ihre Datenschutzerklärung mit entsprechenden Informationen zum Einsatz der Google Fonts ergänzen.

Abgemahnt vom Anwalt: richtig reagieren

Sie haben bereits eine Abmahnung wegen eines Datenschutzverstoßes durch den Einsatz von Google Fonts erhalten? Dann sollten sich juristischen Rat holen und nicht „Hals über Kopf“  die Unterlassungserklärung unterschreiben und zahlen, empfiehlt Rechtsanwalt Christian Solmecke.

„Selbst wenn eine Prüfung ergeben sollte, dass man tatsächlich die dynamische Version von Google Fonts eingebunden hat, stürzt man sich dadurch in nicht notwendige, unkalkulierbare Kostenrisiken“, betont Solmecke. Den Abmahnungen ließe sich eine Vielzahl an Einwänden entgegensetzen. „Zumindest aber sollte maximal eine anwaltlich modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben werden.“

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Gesetz gegen Abmahnmissbrauch greift nicht

Seit dem Dezember 2020 schützt ein Gesetz kleine und mittlere Unternehmen gegen Abmahnmissbrauch. In DSGVO-Fällen greift es jedoch nicht.

Das Gesetz schränkt zwar den Anspruch auf Kostenerstattungen für Abmahnungen ein:

  • Wer Mitbewerber wegen Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet abmahnt, hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung.
  • Gleiches gilt für diejenigen, die Mitbewerber mit weniger als 250 Mitarbeitern wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht abmahnen.

Das soll Rechtsanwälte davon abhalten, pro forma im Auftrag von Mitbewerbern massenhaft abzumahnen – was in der Vergangenheit ein einträgliches Geschäft für einige Kanzleien war. Bei Datenschutzverstößen ist die Lage jedoch anders: Anwälte brauchen keinen Mitbewerber als Mandanten, weil sie die Rechte DSGVO für sich selbst in Anspruch nehmen können.  Findet ein Anwalt auf einer Website einen Datenschutzverstoß, ist er selbst direkt betroffen – auch dann, wenn er gezielt danach sucht und reihenweise Abmahnungen verschickt.

Vor solchen Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen hatte der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) schon 2019 erfolglos gewarnt. Unter anderem hatte der ZDH eine gesetzliche Klarstellung gefordert, „dass Verstöße gegen Datenschutz generell nicht abgemahnt werden können“. Die gesetzliche Regelung, kleine Betriebe „in einigen Fällen vor Abmahnungen zu schützen, ist europarechtlich mehr als fragwürdig und eröffnet ohne Not ein neues Feld für massenhafte Abmahnungen“.

Auch Verbraucherschutzverbände dürfen abmahnen

Nicht nur durch Privatpersonen und Anwälte droht Unternehmen die Abmahngefahr bei DSGVO-Verstößen: Im April 2022 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass auch Verbraucherschutzverbände Datenschutzverstöße abmahnen und dagegen klagen dürfen. Dazu seien sie unabhängig von der konkreten Verletzung persönlicher Rechte und ohne entsprechenden Auftrag berechtigt. (Urteil vom 28. April 2022, Az. C-319/20)

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