Yelp-geschädigte Unternehmen schimpfen und klagen über die Bewertungsplattform. Und einige gehen auch gerichtlich gegen das Unternehmen vor. Der Grund: Nach der Übernahme des Bewertungsportals Qype durch Yelp
sind viele gute Bewertungen über Nacht verschwunden. Yelps Begründung: Es handele sich um gekaufte und Gefälligkeitsbewertungen. Genau solche „Fakes“ würden durch die Bewertungskriterien des Portals nun aussortiert. Doch das lassen sich nicht alle betroffenen Unternehmen gefallen. Der Rechtsanwalt Christian Solmecke aus Köln vertritt nach eigenen Angaben ein Dutzend Geschädigte. Im Auftrag eines Beauty-Salons hat er nun Klage gegen Yelp eingereicht.
Herr Solmecke, welches Ziel verfolgen Sie mit dieser Klage?
Christian Solmecke: Unser Mandant hatte früher 167 Bewertungen bei Qype, jetzt sind auf Yelp nur noch 6 Bewertungen zu finden. Früher hatte der Salon 160 Bewertungen mit jeweils 5 Sternen und einen Gesamtwert von 4,8 Sternen. Jetzt ist er auf 2,0 Sterne abgestürzt. Das heißt, ein sehr positiv bewertetes Unternehmen wird jetzt als negativ bewertet wahrgenommen. Unser Ziel ist es, dass die alte Bewertung wieder hergestellt wird.
Nächste Seite: Warum es legitim ist, zufriedene Kunden um eine Bewertung zu bitten.
Klagegrund: „Yelp stellt eine unwahre Behauptung auf.“
Was genau werfen Sie Yelp vor?
Diese Abwertung schädigt das Ansehen des Unternehmens. Yelp stellt eine unwahre Behauptung darüber auf, wie mein Mandant von den Nutzern bewertet wird und verletzt so das Persönlichkeitsrecht des Unternehmens. Kein Unternehmen kann sich dagegen wehren, dass es bewertet wird, aber es muss sichergestellt werden, dass es fair bewertet wird und dass es keine Verzerrungen gibt. Aber hier gibt es massivste Verzerrungen durch Yelps Algorithmus, also die Regeln, nach denen Yelps Software vorgeht. Das Mindeste wäre es, dass Yelp die User ordentlich aufklärt, warum bestimmte Bewertungen wegfallen. Aber Yelp sagt: ‚Wie der Algorithmus funktioniert, das bleibt geheim.‘“
Finden Sie es denn nicht richtig, dass gefakte Bewertungen aus solchen Portalen verschwinden?
Natürlich ist das richtig. Aber das waren ja nicht alles gekaufte Bewertungen und Gefälligkeiten. Qype hatte die Unternehmen dazu animiert, sich im Rahmen von Kundenaktionen bewerten zu lassen. So sind zu bestimmten Zeiten gehäuft Bewertungen entstanden und die sind jetzt alle weg. Hier wurden also Unternehmer bestraft, die sich um ihre Kunden bemüht haben und von diesen zufriedenen Kunden mit einer guten Bewertung belohnt wurden.
Aber sind das nicht im weiteren Sinn auch „Gefälligkeitsbewertungen“? Das sehe ich nicht so. Es ist doch legitim, dass man zufriedene Kunden um eine Bewertung bittet. Das ändert sich auch nicht, wenn das im Rahmen einer Kundenaktion besonders intensiv erfolgt. Eine Gefälligkeit wäre es, wenn man jemand darum bitten würde, der gar nicht Kunde ist. Wenn man zufriedene Kunden nicht darauf ansprechen würde, dann wäre das Bild in solchen Portalen doch sehr einseitig: Die meisten Menschen werden von sich aus vor allem aktiv, wenn sie schlechte Erfahrungen gemacht haben. Positives Feedback ist doch eher die Ausnahme.
Nächste Seite: Wie lange wird der Rechtsstreit dauern – und was kostet es?
Wie lange wird es bis zu einem Urteil dauern?
Wir haben die Klage Ende Januar eingereicht, mit der Verhandlung rechne ich Ende 2014. Dann haben wir zumindest ein Urteil einer ersten Instanz, ob Yelp die vorhandenen Bewertungen abschneiden durfte.
Aber mindestens Jahr bis zum Urteil – da entsteht doch ein ziemlicher Schaden für die betroffenen Betriebe. Warum haben Sie nicht eine einstweilige Verfügung beantragt?
Es gibt schon ein paar einstweilige Verfügungen. Das Problem dabei ist, dass Yelp die Verfügung innerhalb einer bestimmten Frist zugestellt werden muss. Yelp hat seinen Sitz in Irland, das heißt, die Verfügung muss erst ins Englische übersetzt werden. Die bisherigen Verfügungen wurden meines Wissens nicht fristgerecht zugestellt. Deswegen machen wir es lieber richtig, auf dem Klageweg.
Wie stehen denn die Chancen vor Gericht?
Es gibt mittlerweile ein Dutzend einstweilige Verfügungen. Das spricht dafür, dass wir gute Chancen haben.
Und wie stehen die Chancen, auch Schadenersatz zu erhalten?
Den gibt es nur, wenn man einen Schaden nachweisen kann. Die Chancen dafür stehen vor allem für Online-Shops relativ gut, da kann man den Nachweis relativ leicht erbringen. Bei anderen Unternehmen halte ich es aber für nahezu unmöglich, ein Gericht davon zu überzeugen, dass ein Unternehmen signifikant Umsatz verloren hat durch Yelp. Darum ist unser Ziel auch nur, die alten Bewertungen wieder herzustellen.
Was kostet der Klageweg?
Man muss mit 5000 bis 6000 Euro rechnen. Aber hier gilt: Der Verlierer zahlt alles, also entweder Yelp oder der Kläger. Zu einer Klage würde ich daher vor allem Online-Shops raten. Aber auch andere Unternehmen müssen sich überlegen, wie schädlich Yelp für ihr Image ist. Denn Google rankt Yelp sehr hoch. Häufig erscheint die Yelp-Bewertung bei Google weit vor der Website eines Unternehmens im Ranking. Dadurch hat Yelp eine enorme Relevanz für das Image.
Zum Abschluss noch eine Frage von handwerk.com-User Ratomir Sarius: Kann man Yelp nicht einfach untersagen, einen Firmeneintrag zu veröffentlichen?
Ein Unternehmen kann sich nicht gegen eine Bewertung wehren. Das ist die Meinungsfreiheit in Deutschland. Auch die Nennung der Adresse darf nicht untersagt werden.
Das Interview führte Jörg Wiebking
