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Erbschaftsteuerreform

Was kommt auf die Firmenerben zu?

Jetzt liegt er also vor: der Entwurf für eine Reform der Erbschaftsteuer. Mehr Bürokratie für viele Betriebe ist inklusive. Was können Betriebe jetzt noch unternehmen?

Vor einem halben Jahr hat das Bundesverfassungsgericht ein Machtwort gesprochen: Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer für kleine Unternehmen seien durchaus vertretbar, um Arbeitsplätze zu sichern. Doch Steuerbefreiung ohne Nachweispflichten für Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern – das ging den Richtern zu weit. Auch einige großzügige Schlupflöcher für die Übertragung unproduktiver Vermögen seien zu stopfen.

Das soll sich ändern: Jetzt hat das Bundesfinanzministerium einen Entwurf für eine Erbschaftsteuerreform vorgelegt. Ein Entwurf ist nicht das letzte Wort, mit Änderungen ist zu rechnen. Doch die grobe Richtung gibt das Ministerium damit vor. Was ist geplant?

Steuerbefreiung: Wie schon bisher können Unternehmer 85 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei übertragen (Verschonungsabschlag), plus einen steuerfreien Abzugsbetrag von maximal 150.000 Euro. Auch eine zu 100 % befreite Übertragung ist weiterhin möglich. In Anspruch nehmen kann diese Befreiung erst einmal jeder Betrieb mit maximal 20 Millionen Euro Betriebsvermögen. An welche Bedingungen die Befreiung geknüpft ist, hängt allerdings von der Unternehmensgröße ab. Und hier gibt es einige Änderungen.

0 - 3 Mitarbeiter: Ganz ohne Bedingungen und ohne Nachweispflichten soll das künftig aber nur noch für Solounternehmer oder Betriebe mit bis zu drei Mitarbeitern gelten (bisher: 20 Mitarbeiter).

4 – 10 Mitarbeiter: Betriebe dieser Größenordnung müssen ihren Betrieb für die Steuerbefreiung fünf Jahre fortführen und innerhalb dieser Zeit auf eine Mindestlohnsumme von 250 % kommen. Was das bedeutet, erklärt Steuerberater André Strunz von der Kanzlei Ecovis in Hannover an einem Beispiel: Ein Betrieb hat zur Zeit der Übergabe 5 Mitarbeiter und zahlt 200.000 Euro Lohn (inklusive Steuern, Sozialabgaben, Sonderzahlungen usw.). Daraus ergibt sich eine Mindestlohnsumme von 500.000 Euro (=200.000 x 250 %), auf die er kumuliert am Ende der 5-Jahres-Frist kommen muss. Im Durchschnitt müsste er also pro Jahr mindestens 100.000 Euro an Löhnen und Gehältern zahlen. Alternativ könnte der Betrieb eine 100-prozentige Befreiung wählen und müsste dafür innerhalb von 7 Jahren eine Mindestlohnsumme von 500 Prozent erreichen. Ob 5- oder 7-Jahres-Frist: Erreicht der Betrieb die Mindestlohnsumme nicht, würde der Steuervorteil nicht – wie derzeit – komplett gestrichen, sondern nur anteilig gekürzt.

Ab 11 Mitarbeitern: Für Betriebe mit mehr als 10 Mitarbeitern gelten die gleichen Regeln. Allerdings müssen sie höhere Mindestlohnsummen erreichen: 400 % für die 85-prozentige Befreiung oder 700 % für die 100-prozentige Befreiung.

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Wo gibt es Nachbesserungsbedarf?

Und wie bewertet der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) den Entwurf für die Erbschaftsteuerreform? Der Entwurf gehe „in die richtige Richtung“, sagt ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. Positiv sei, dass sich der Entwurf – wie vom Handwerk vorgeschlagen – an der Mitarbeiterzahl orientiere und nicht am Unternehmenswert. Damit sei unnötige Bürokratie vom Tisch.

Kritisch sieht Schwannecke jedoch die Mitarbeiter-Grenzen: Die Grenze von bis zu 3 Beschäftigten für nachweisfreie Übertragungen sei zu niedrig, ebenso die Begrenzung der niedrigeren Lohnsummen auf maximal 10 Beschäftigte. In der Praxis wirke sich der Verlust eines einzelnen Mitarbeiters auch in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten viel gravierender aus als in Großunternehmen. „Unsere Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister würden dann zeitgleich mit dem Problem der Neubesetzung einer Facharbeiterstelle und der dann fälligen Zahlung von Erbschaftsteuer belastet.“

Mehr Bürokratie und offene Fragen
Belastungen dürften allerdings auch auf alle anderen Handwerksbetriebe zukommen, warnt Steuerberater André Strunz. Weil die Befreiung von den Lohnsummen abhängt, würden die Finanzämter hier noch genauer hinschauen, bei der Ausgangslohnsumme und in den Jahren danach „Das Streitpotenzial um die Nachweise und Berechnung ist erheblich“, warnt Strunz. Nicht zuletzt auch deswegen, weil der Entwurf offen lässt, wie die Beschäftigtenzahl zu berechnen ist: Wie wird zum Beispiel eine Halbtagskraft gezählt, als ein Beschäftigter oder als halber? „Mit solchen Fragen mussten sich nach der alten Regelung relativ wenige Betriebe beschäftigen, jetzt betrifft es plötzlich sehr viele.“

Ein weiterer Knackpunkt:  Für welches Vermögen soll die Steuerbefreiung gelten? Der Entwurf zählt alles dazu, was überwiegend dem Hauptzweck des Unternehmens dient. Nicht dazu zählen jene Teile, „die ohne die eigentliche betriebliche Tätigkeit zu beeinträchtigen aus dem Betriebsvermögen herausgelöst werden können“. Das könne ein Finanzbeamter durchaus anders sehen als der Betriebsinhaber, warnt Strunz.

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Was können Firmeninhaber jetzt noch unternehmen?

Bis zur Verabschiedung der Reform können Betriebe die Übergabe nach bisherigem Steuerrecht regeln, genauer: bis zur Verkündung im Bundesgesetzblatt. Die neuen Regeln soll dem Entwurf zufolge auf Übertragungen angewendet werden, für die die Steuer nach der Verkündung des Gesetzes entsteht.

 „Handwerker, die in ihren Überlegungen schon sehr weit sind, sollten diese Möglichkeit prüfen“, rät Strunz. Skeptisch sieht der Steuerberater hingegen kurzfristige Kaltstarts: „An so einer Übergabe hängt unheimlich viel dran – steuerlich, rechtlich und psychologisch.“ Unter sehr großem Druck sei eine Übergabe notfalls vielleicht in sechs Monaten zu organisieren. „Aber erfahrungsgemäß muss man eigentlich zwei Jahre einplanen, damit alles vernünftig geregelt wird und die Familie nachher nicht vor einem wirtschaftlichen oder emotionalen Scherbenhaufen steht.“

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(jw)

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