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Mängelhaftung
Was zahlt die Haftpflicht bei Materialfehlern?
Versichern können sich Handwerker gegen fast alles. Aber gilt das auch für die Folgen von Materialfehlern?
Problem: Ein- und Ausbaukosten
Risiko

Mängel am Material können für Handwerker teuer werden: Der Hersteller muss das Material zwar ersetzen – mehr aber auch nicht. Können sich Betriebe gegen solche Risiken versichern? Möglichkeiten gebe es durchaus, sagt Versicherungsberater Michael Jander vom Bund versicherter Unternehmer. Das sei alles eine Frage des Geldes – doch nicht immer sinnvoll.
Ein- und Ausbaukosten: Lohnt sich eine Zusatzversicherung?
Die Ein- und Ausbaukosten sind in solchen Fällen erst einmal Sache des Handwerkers. Die normale Betriebshaftpflichtversicherung helfe in solchen Fällen nicht, sagt Jander.
Wer die Ein- und Ausbaukosten absichern will, benötige eine Produkthaftpflichtversicherung. „Wenn jemand die Produkthaftpflichtversicherung mit dem Baustein ‘Ein- und Ausbaukosten‘ abschließt, gilt die Leistung unabhängig davon, wer eventuell noch mit in der Haftung ist. Das soll dann nicht das Problem des Versicherungsnehmers sein“, sagt Jander.
Doch der Experte ist skeptisch, ob das eine sinnvolle Lösung ist. „So eine Police ist schon ein Kostenfaktor, das wird teuer“, warnt Jander. Zudem hat auch der beste Versicherungsschutz seine Grenzen: Häufen sich die Schadensfalle bei einem Handwerker, dann wird der Versicherer die Police kündigen. „Ein oder zwei Schäden, das ist kein Problem“, berichtet Jander. „Aber nach dem dritten Schaden hintereinander mit dem gleichen Produkt vom gleichen Hersteller würde die Versicherung relativ schnell die Reißleine ziehen.“
Sein Fazit: „Pauschal würde ich eine Produkthaftpflichtversicherung für Ein- und Ausbaukosten nicht empfehlen. Man muss im Einzelfall schon sehr genau prüfen, ob sich das wirklich lohnt.“ Das gelte umso mehr, als der Gesetzgeber eine Neuregelung für die Haftung von Materialmängeln plant. Auch wenn derzeit noch unklar ist, wann diese Änderung kommt – und ob sie wirklich die Haftungsrisiken senkt.
Nächste Seite: Wer zahlt, wenn der Materialfehler zu Schäden beim Kunden führt?
Noch teurer können Materialfehler werden, wenn dem Kunden dadurch Folgeschäden entstehen. Die gute Nachricht: Im Prinzip deckt eine Betriebshaftpflichtversicherung Schäden Dritter. Also auch Folgeschäden des Kunden.
Das setzt allerdings eine ausreichende Deckungssumme voraus. Doch nicht selten entscheiden sich Handwerker am Anfang ihrer Selbstständigkeit für eine möglichst günstige Police mit knappen Deckungssummen, um die Kosten niedrig zu halten. Diese Deckungssumme reicht nach ein paar Jahren oft nicht mehr aus. So ändert sich in vielen Betrieben mit der Zeit der Versicherungsbedarf, zum Beispiel durch den Einsatz neuer Materialien und Techniken, aber auch durch neue Geschäftsfelder.
Janders Rat: „Handwerker sollten regelmäßig ihre Police überprüfen, ob die Deckungssumme noch zum Unternehmen passt.“ Das gelte sowohl für Sach- wie auch für Personenschäden. Sonst könnten Betriebe trotz Haftpflicht auf großen Folgeschäden sitzen bleiben.
Letzte Seite: Was die Haftpflichtversicherung (fast) nie abdeckt!
Doch egal wie gut sich Betriebe absichern – jede Haftpflichtversicherung hat klare Grenzen:
- Folgeschäden durch Leistungsmängel: Hat ein Handwerker einen Schaden an der eigenen Leistung selbst verursacht, so haftet er dafür auch alleine. So hat zum Beispiel das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe einen Handwerker zur Sanierung eines kompletten Kellers nach einem Wasserschaden verurteilt. Die Begründung: Der Handwerker hatte den Auftrag, einen mängelfreien Keller zu erstellen. Der Wasserschaden sei jedoch durch eine undichte Fuge entstanden. Die Leistung habe also einen „gravierenden“ Mangel gehabt, der erst zu diesem Mängelfolgeschaden führte. Daher sei nicht die Betriebshaftpflichtversicherung für die Sanierung zuständig, sondern der Handwerker. (Urteil vom 15. Januar 2009, Az. 12 U 197/08)
- Schäden aus unerlaubter Handlung: Auch für Schäden aus unerlaubter Handlung kommen Haftpflichtversicherer nicht auf. Dazu zählen zum Beispiel grob fahrlässige oder vorsätzlich herbeigeführte Schäden beim Kunden.
- Fachfremde Arbeiten: Auch fachfremde Arbeiten sind nicht in jedem Fall durch die Haftflicht gedeckt. In so einem Fall kommt es auf die Versicherungsbedingungen an: Sind solche Risiken tatsächlich ausgeschlossen? So lehnte eine Versicherung die Kostenübernahme für einen Wasserschaden ab, den ein Tischler beim Einbau einer Teeküche durch einen falsch angeschlossenen Wasserhahn verursacht hatte. Ihre Begründung: Der Anschluss von Wasserhähnen sei keine typische Tischleraufgabe und daher nicht mitversichert. In diesem Fall bekam der Tischler vor dem OLG Karlsruhe dennoch Recht: in seinen eigenen Versicherungsbedingungen hatte der Versicherer das „Risiko gemäß Handwerksordnung“ übernommen. Doch nach § 5 der Handwerksordnung (HWO) darf ein Betrieb andere Gewerke ausführen, sofern sie mit seinen eigenen Leistungen eng zusammenhängen oder sie wirtschaftlich ergänzen. (Urteil vom 15. Juli 2010, Az. 12 U 6/10)
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