„Die Angebotserstellung dauert jetzt doppelt so lange.“ Handwerksunternehmer Kai Schaupmann spricht über aktuelle Engpässe, Preissteigerungen und wie er damit umgeht.
Foto: Denny Gille
„Die Angebotserstellung dauert jetzt doppelt so lange.“ Handwerksunternehmer Kai Schaupmann spricht über Lieferengpässe und Preissteigerungen. 

Inhaltsverzeichnis

Politik und Gesellschaft

Wie der Krieg die Arbeit im Handwerk verändert

Erst Pandemie, jetzt Krieg: Gewohnte Abläufe im Handwerk gibt es nicht mehr. Dieser Unternehmer schildert, wie er damit umgeht.

Auf einen Blick:

  • Plötzlich ist die Gasheizung out: Doch Stornierungen sind noch das kleinste Problem, mit dem sich Handwerker Kai Schaupmann seit Kriegsbeginn herumschlägt.
  • Die Materialpreise explodieren. Und selbst wenn Kunden die höheren Preise zahlen wollen, ist nicht sicher, dass benötigtes Material zeitnah geliefert wird.
  • Doch Schaupmann hat eine Lösung gefunden, damit es trotz Lieferengpässen nie zu Leerlauf kommt.

Lieferengpässe, Preisexplosion, verunsicherte Kunden. Seit Februar mischen sich die Widrigkeiten aus der Corona-Pandemie mit neuen Extremzuständen aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Das Bau- und Ausbauhandwerk ist damit je nach Branche auf verschiedene Weise betroffen. Im Sanitär- und Heizungsbereich beispielsweise erlebt SHK-Unternehmer Kai Schaupmann einen sprunghaften Nachfrageanstieg für Wärmepumpen, bei gleichzeitiger Knappheit unterschiedlichster Komponenten und teils extremen Preisanstiegen.

Die Lange Suche nach Bauteilen

„Die Angebotserstellung dauert jetzt doppelt so lange“, berichtet der Geschäftsführer der Joh. Wolfgang Fischer GmbH und Obermeister der SHK-Innung Osnabrück-Stadt. Aktuell sei es für Kai Schaupmann oberstes Gebot zu jeder Zeit ausreichend Material zusammenzubekommen, damit sein Team unterbrechungsfrei arbeiten kann.

Diese Arbeit müsse er inzwischen flexibel über verschiedene Baustellen verteilen. „Bleibt der Materialnachschub für ein Projekt aus, ziehen wir unsere Mitarbeiter von der Baustelle ab und schicken sie zur nächsten“, sagt Schaupmann.

Die Lieferengpässe beträfen Einzelkomponenten ebenso wie ganze Heizsysteme. Und je spezieller die Artikel werden, desto unsicherer sei es, wann man sie bekommt. „Wir arbeiten auch für Industrie und Gewerbe, die sehr spezialisierte Systeme einsetzen. Für manche Komponenten in diesen Bereichen bekommen wir überhaupt keine Lieferzeiten mehr genannt.“

Früher habe der Unternehmer entweder bei Händler A oder B bestellt und innerhalb von einer Nacht die nötigen Bauteile für einen Auftrag erhalten. Nun müsse er viel mehr Zeit investieren, um seinen Materialbedarf über verschiedenste Händler zu decken. Bestellt werde nicht mehr „Just in Time“, sondern sobald ein Auftrag erteilt wird. Das sei auch die einzige Option, um den nächsten Unsicherheitsfaktor etwas zu stabilisieren: die Preise.

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Preisstabilität? Nur für 4 Wochen

„Jeder Kunde, der einen Auftrag nicht heute, sondern ein paar Tage später erteilt, könnte schon wieder fünf Prozent mehr zahlen“, sagt Schaupmann. Hätten die Hersteller ihre Preise in der Vergangenheit turnusmäßig Anfang Januar und Juli geringfügig angepasst, seien die Preise mancher Produktgruppen dieses Jahr bereits um bis zu 60 Prozent gestiegen. „Gerade hat wieder ein großer Heizungshersteller eine Erhöhung um sechs Prozent für seine Systeme angekündigt. Und das ist schon seine dritte oder vierte Erhöhung dieses Jahr.“

In seinen Angeboten weist der SHK-Unternehmer Kunden auf diesen Umstand hin. Jahrelang sei es unter Kunden üblich gewesen, sich zum Winterende ein Sanierungsangebot vom Handwerker zu holen und erst im Herbst auf dieses Monate alte Angebot zurückzumelden. „Damals konnten wir das mit einer ganz kleinen Preisanpassung problemlos umsetzen“, sagt Schaupmann.

Heute macht er in seinen Angeboten deutlich, dass eine Preiszusage nur noch von sehr kurze Gültigkeit ist. „Im Schnitt lässt sich ein Preis vielleicht vier Wochen halten“, sagt Schaupmann. Danach könne es teuer werden. Die einzige Preisgarantie bringe eine verbindliche Bestellung. „Dann ändert sich höchstens noch der Liefertermin, aber ich habe den Preis sicher.“

Bei aller Unsicherheit bezüglich der Preisentwicklung stellt der Obermeister aber auch klar: „So ärgerlich die hohen Preise sind, uns hat deswegen noch kein Kunde einen Auftrag storniert.“

Stornierungen? Die Nachfrage hat sich verändert

Auftragsstornierungen hat es bei Kai Schaupmann in den letzten Monaten dennoch gegeben – allerdings nicht, weil Kunden Investitionen fürchteten. Vielmehr hätten sie die Entscheidung für ein bestimmtes Heizungssystem noch einmal überdacht. Grund: die Sorge um die Versorgungssituation mit Gas. „Seit Februar gibt es Stornierungen bei Gasheizungen. Die Kunden wollen lieber in teurere alternative Heizsysteme investieren, um sich von russischem Gas unabhängig zu machen“, erklärt der SHK-Unternehmer.

Der Obermeister unterstützt Kunden grundsätzlich beim Wunsch, statt des Gasbrennwertkessels alternative Heizsysteme wie Wärmepumpen einzusetzen. Allerdings mit Ausnahmen, denn eine Wärmepumpe sei nicht für jedes Gebäude gleichermaßen geeignet. „In vielen Objekten gerade im Neubau führt an der Wärmepumpe kaum ein Weg vorbei“, sagt Schaupmann. Aber es gebe auch viele Ausnahmen: „Das typische 1960er-Siedlungshaus, das vor 20 Jahren mal eine Dach- und Fenstersanierung bekommen hat, eignet sich nicht ohne Weiteres für die Wärmepumpe“, nennt er beispielhaft. Daher sei gerade jetzt gute Beratung wichtig, um Kunden vor ärgerlichen Fehlinvestitionen zu bewahren.

„Wir sind verfügbar“

Der SHK-Unternehmer kann die härteren Umstände im Zuge des Krieges beim europäischen Nachbarn durch entsprechenden Aufwand gut kompensieren. Belastend findet er die Situation daher vor allem aus Sicht seiner Auftraggeber. „Der Kunde ist der Leidtragende“, sagt Schaupmann. Gleichzeitig versichert er, dass sich die Kunden auf ihn und seine Kollegen aus der Branche verlassen können. „Jede Wasserleitung, die kaputt geht wird auch weiterhin umgehend repariert“, erklärt der Obermeister. „Wir sind verfügbar und handlungsfähig. Auch wenn die Liefersituation gerade außergewöhnlich schwierig ist.“

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