Auf einen Blick:
- Nach sieben Jahren Bauzeit wurde die Berliner Staatsoper wiedereröffnet. Bei der offiziellen Eröffnungsfeier fehlten Handwerker sowie alle anderen, die an den Bauarbeiten beteiligt waren.
- Stattdessen hatte der Berliner Senat für die Bauleute kurzfristig einen Sektempfang organisiert und sie zudem zur anschließenden Generalprobe eingeladen. Doch einen Tag vor der Veranstaltung wurden viele der geladenen Gäste wieder ausgeladen.
- Über das Vorgehen des Senats ärgerte sich der Berliner Handwerksunternehmer Sebastian Rost. Er kaperte deshalb bei der Feier das Mikro und bemängelte die fehlende Wertschätzung für das Handwerk und aller am Bau Beteiligten.
Es gibt Ärger, der baut sich langsam auf, Schritt für Schritt. Bis er irgendwann raus muss. Als es bei Stuckateurmeister Sebastian Rost soweit war, kaperte er ein Mikro in der Berliner Staatsoper und wusch den Verantwortlichen den Kopf. Das Thema seiner kleinen Stegreif-Rede: die fehlende Wertschätzung für das Handwerk und aller am Bau Beteiligten.
Prolog: eine sehr späte Einladung
Am Anfang stand eine Einladung des Senats zu einem Sektempfang mit anschließender Generalprobe. Allerdings kam sie erst zwei Tage vor dem Empfang, berichtet Rost. Aber immerhin: eine Einladung an alle Handwerker sowie an Restauratoren, Planer und die Bauleitung. Für ihn und 20 seiner Mitarbeiter war klar: „Da wollen wir hin!“ Denn sie hatten fünf Jahre auf der Großbaustelle mitgearbeitet.
1. Akt: Ausladung der Mitarbeiter
Für den Chef und sein Team war es Ehrensache, am Empfang teilzunehmen und sich die Generalprobe anzusehen. Doch daraus wurde nichts. Zumindest nicht für die Mitarbeiter. „Kurz nach unserer Zusage hieß es, kommt bitte nicht alle Mann“, berichtet Rost. Für die Generalprobe bekam er schließlich zwei Eintrittskarten. „In den Saal passen rund 1400 Leute“, ärgert er sich. Trotzdem ging Rost zum Empfang. Aber nicht, um dort Spaß zu haben. Vielmehr wollte er ein Zeichen setzen.
2. Akt: Rost greift zum Mikro
Der Berliner Unternehmer ließ zunächst die Reden der Offiziellen über sich ergehen. Doch fünf Minuten vor Beginn der Generalprobe reichte es ihm. Da stand noch ein letzter Redner in den Startlöchern. Doch dann kaperte Rost das Mikrofon: Er wollte seinen Unmut kundtun. Über die mangelnde Wertschätzung. Über die Bauleute, die nicht beim Empfang dabei sein durften. Über die Gesten der Offiziellen, die nicht über Dankesworte hinausgingen.
3. Akt: Meister setzt ein Zeichen
Und dann setzte Rost noch ein Zeichen: Er verzichtet darauf, sich die anschließende Generalprobe anzusehen. „Ich bin nur der Geschäftsführer meiner Firma“, begründete er seine Entscheidung der versammelten Menge. Doch seine Mitarbeiter, die in der Staatsoper „Handwerkskunst vom Feinsten geschaffen haben“, seien nicht eingeladen worden. Und ohne sein Team, wollte der Chef auch nicht. Daher ging er und verschenkte seine Karte draußen vor der Tür.
Epilog: Wie Wertschätzung aussehen kann
„Für mich sieht Wertschätzung anders aus“, begründet Rost sein Vorgehen. Eine Einladung zur offiziellen Eröffnungsfeier hätte seiner Meinung nach drin sein müssen. Zwar nicht mit dem ganzen Team, aber zumindest ein Kontingent an Karten für die jeweiligen am Bau beteiligten Firmen. Und dann? „Ich hätte je nach Kartenanzahl entschieden, wen ich schicke und ob ich selber gehe“, sagt Rost.
Zur offiziellen Eröffnung kamen stattdessen Promis in die Staatsoper. „Uns wollten sie da einfach nicht haben“, meint der Unternehmer. Obwohl sie diesen Abend in jahrelanger Arbeit erst möglich gemacht haben.
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Bausenat bittet um Entschuldigung
Für sein Vorgehen bittet der Bausenat die am Bau Beteiligten mittlerweile um Entschuldigung. Eine Sprecherin räumt ein, dass das Bauarbeiterkonzert von der Verwaltung zwar gut angedacht, aber „zugegebener Maßen schlecht organisiert“ worden sei. Grund: Das Interesse an dem Empfang war viel größer als erwartet und die von der Oper zur Verfügung gestellten Karten schnell ausgeschöpft. Daher habe sich der Bausenat kurzfristig für zwei Karten pro Firma entschieden.
Für Handwerker und alle anderen Bauleute, die doch nicht zum Sektempfang in die Staatsoper kommen durften, gibt es trotz allem eine gute Nachricht: Dem Bausenat liegt offenbar etwas an Wiedergutmachung. So verspricht eine Senatssprecherin auf Anfrage dieser Zeitung: „Wir werden diese am Bau Beteiligten zu weiteren Konzerten und Opernaufführungen einladen.“
Haben Sie in Sachen Wertschätzung ähnliche Erfahrungen wie Sebastian Rost gemacht? Dann kommentieren Sie hier oder schreiben Sie uns an leupold@handwerk.com.
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