Ist es schädlich für das regionale Handwerk, wenn Ein-Euro-Jobber die Badezimmer eines Altenheims renovieren? Die Ansichten darüber sind offensichtlich geteilt das verdeutlicht ein aktueller Fall in Hannover.
Mitte Dezember 2006, Hannovers Oststadt. Dass Ein-Euro-Jobber die Badezimmer im dritten und vierten Stockwerk renoviert haben, sei richtig, sagt ein Hausmeister des Altenheims Luise-Blume-Stiftung. Der Mann ist genervt: Die Farbeimer stehen immer noch in meinem Raum. Und auch die Müllsäcke. Ich hoffe, da kommt demnächst mal einer und räumt auf. Eine Dame aus dem Sekretariat bestätigt ebenfalls, dass Ein-Euro-Jobber im Einsatz waren: Gemalt? Ja, die haben die Badezimmer gestrichen.
Über den Einsatz von Ein-Euro-Jobbern in Hannover hat die handwerk.com-Redaktion wiederholt berichtet. Und nach wie vor weisen Leser auf Bauprojekte hin, die ihrer Meinung nach in die Auftragsbücher des Handwerks gehören. Dabei geht es in der Regel um handwerkliche Arbeiten, die der städtische Stützpunkt Hölderlinstraße mit Ein-Euro-Jobbern erledigt haben soll.
Malerarbeiten im Altenheim, in einer Tiefgarage, in einem Kindergarten: Die Redaktion hat die verantwortlichen Stellen in Hannover mit drei Renovierungsbeispielen aus einer längeren Liste mit Hinweisen konfrontiert. Wer hat die Arbeiten genehmigt, wann wurden sie beantragt?
Der Leiter des Stützpunktes Hölderlinstraße hat seine eigene Sicht der Dinge. Die genannten Einrichtungen seien weder gewinnorientiert noch erwerbswirtschaftlich am Markt, gegen handwerkliche Arbeiten in eingeschränktem Umfang würden also keine Bedenken bestehen. Im Übrigen liege die Letztentscheidung über die Unbedenklichkeit von Ein-Euro-Jobs beim beim Job-Center, wo unter Abwägung aller arbeitsmarkpolitischer Interessenlagen Zustimmung zu Beschäftigungsangeboten erteilt wird.
Das wirft neue Fragen auf. Leider ließ uns die Pressestelle des Job-Center Region Hannover wissen, dass sie nach Absprache mit der Geschäftsführung keine Stellungnahme abgeben wird.
Wie es um die Kontrolle staatlich subventionierter Beschäftigung bestellt ist, zeigt ein aktueller Missbrauchsfall in Berlin (wir berichteten). Die dortige Handwerkskammer hat unlängst aufgedeckt, dass eine Beschäftigungsgesellschaft mit Ein-Euro-Jobbern handwerkliche Arbeiten für diverse Immobilien-Unternehmen in der Bundeshauptstadt erledigt hat. Die Kammer fordert jetzt eine neue und vor allem klare Begriffsbestimmung für erlaubte Arbeiten. Vokabeln wie öffentliches Interesse und Zusätzlichkeit seien zu ungenau.
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