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Zielgerichtet

Das thüringische Suhl ist die Stadt der Büchsenmacher. Jäger und Sportschützen aus aller Welt bestellen hier maßgeschneiderte Präzisionswaffen.

Von Oliver Gerhard

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Das Zielfernrohr ist auf den Garten gerichtet. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde Helmut Adamy gleich auf Spatzen schießen. Doch der Büchsenmacher hat eine winzige Markierung im Visier. Er blickt durchs Fernrohr, dann wieder durch den Lauf. Er verstellt die Einstellung des Rohrs um Bruchteile von Millimetern und prüft erneut. Schließlich ist der Blick durch Lauf und Linse deckungsgleich die Waffe ist eingestellt.

Adamys kleine Werkstatt befindet sich in Suhl am Südrand des Thüringer Waldes. Die Stadt galt schon im Mittelalter als Waffenschmiede Europas. Zunächst waren es Schwerter und Rüstungen. Im Dreißigjährigen Krieg lieferten die Suhler Waffen-schmiede Musketen und Pistolen an alle Parteien. Später spezialisierten sie sich auf Luxuswaffen für den Adel, manchmal sogar besetzt mit Gold und Edelsteinen.

"Prunk wird nicht mehr verlangt"

Solcher Prunk wird heute nicht mehr verlangt, sagt Adamy. Die Mehrzahl seiner Kunden kommt aus dem Ausland: aus Skandinavien, Russland, Amerika, Österreich und der Schweiz. Der deutsche Markt sei dagegen schwierig. Nicht nur wegen der Wirtschaftsflaute, sondern auch aufgrund des neuen Waffenrechts, das Erben ohne eigenen Waffenschein zum Verkauf der Sammelstücke verpflichtet.

Der Markt wird überschwemmt mit Gebrauchtwaffen, klagt Adamy. Das ist fast wie auf dem Basar. Eine in Handarbeit hergestellte Waffe hat ihren Preis: Mit 3000 Euro muss man mindestens rechnen. Für Stücke mit ausgefallenen Extras und Verzierungen ist die Skala nach oben offen.

Einzigartig: Berufsfachschule für Büchsenmacher

Adamy engagierte sich als Landes- und Bundesinnungsmeister seines Gewerkes dafür, dass Suhl nach der Wende an der Tradition als Waffenstadt festhielt. Nur hier gibt es die Verbindung von Jagd- und Sportwaffenproduktion mit dem ältesten Beschussamt (Waffen-Kontrollamt) Deutschlands, einem Waffenmuseum, einem modernen Schießsportzentrum und der einzigen Berufsfachschule für Büchsenmacher.

Jedes Jahr beginnen 15 Büchsenmacher und fünf Graveure hier ihre Ausbildung. Auch für Adamy war die Lehre als Büchsenmacher einst selbstverständlich: Ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, etwas anderes zu lernen. Kein Wunder, denn die Familientradition begann sechs Generationen vor ihm. Auch die Nachfolge ist schon gesichert: Sohn Sven ist in seine Fußstapfen getreten.

Dennoch sah es zeitweise so aus, als müsste Adamy seinen Beruf in einem Großbetrieb ausüben: Als die DDR begann, das Handwerk zu verstaatlichen, studierte er zunächst Maschinenbau. Erst als man einige privatkapitalistische Betriebe doch am Leben ließ, holte er seinen Meisterbrief nach. Nachfrage gab es genug: Kunden aus aller Welt bestellten in der DDR. Der Handwerker bekam seine Abnehmer selten zu Gesicht, da der Staat als Mittler fungierte und daran Devisen verdiente.

Maßschneider für Jäger und Sportschützen

Nach der Wende wurde die volkseigene Waffenproduktion abgewickelt. Von rund 2500 Beschäftigten des Kombinats blieben nach vielen Turbulenzen etwa 200, die bei der heutigen Firma Merkel beschäftigt werden, hinter der Heckler amp; Koch als Hauptgesellschafter steht. Im Handwerk sind rund 30 Büchsenmacher aktiv: Wir sind so eine Art Maßschneider für Jäger und Sportschützen, sagt Adamy.

Die Arbeitsteilung ist zwar nicht mehr so ausgeprägt wie früher, als ein Heer selbstständiger Handwerker in Heimarbeit hoch spezialisiert tätig war. Man unterscheidet aber immer noch rund 15 Teilberufe: Der Schlossmacher fertigt das Schloss, der Rohrmacher das Laufbündel. Der Gewehrschäfter schnitzt den Schaft aus Holz. Der Zielfernrohrmonteur installiert die Optik und der Graveur verziert die Waffe. Dazu kommen Wartung und Reparaturdienste.

Im Vorgespräch mit dem Kunden werden je nach dem Verwendungszweck der Waffe das Kaliber und die Kombination der Läufe festgelegt. Die Büchse muss so gebaut sein, dass sie optimal zur Größe und Körperhaltung des Besitzers passt. Je nach Geschmack lassen sich die Schützen dann noch Gravuren anfertigen. Bei der Beratung kommt Adamy zugute, dass er selbst leidenschaftlicher Jäger ist. Zu DDR-Zeiten ein Hobby mit Hindernissen: Ich hatte zwar mein Meisterstück bewusst als eigene Jagdwaffe gebaut, musste mir aber jedes Mal eine volkseigene Waffe ausleihen. Die strengen Reglementierungen im Grenzbezirk Suhl sprachen gegen eine eigene Jagdwaffe. Nach unzähligen abgelehnten Anträgen hatte erst ein Bittbrief an den Innenminister Erfolg.

www.adamy-jagdwaffen.de

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