Auf einen Blick
- Zur Verbesserung der Mitarbeiter-Zufriedenheit hat sich das Team der Schreinerei & Möbelmanufaktur Mayr einen regelmäßigen offenen Austausch professionell antrainiert.
- Ein Ergebnis der Treffen: Das Unternehmen hat im Sommer probeweise eine 4-Tage-Woche eingeführt.
- Das soll sich für den Betrieb auch wirtschaftlich lohnen.
„Freitags für einen halben Tag die Baustellen anzufahren, ist eigentlich unwirtschaftlich und quatsch.“ Die Logik dieses Satzes ist kaum von der Hand zu weisen – vor allem, wenn sich die Arbeiten auf der Baustelle über mehrere Tage ziehen. Haben sich die Mitarbeitenden im Laufe der Woche bereits einige Stunden eingearbeitet, reduziert sich die Arbeitszeit freitags leicht auf nur fünf Stunden. Tote Zeiten wie die Fahrten vom Betriebshof zum Kunden und zurück fallen da besonders ins Gewicht. Mit diesem Umstand hat sich Andreas Mayr – von ihm stammt der oben genannte Satz – in diesem Jahr intensiver beschäftigt. Der Chef der Schreinerei & Möbelmanufaktur Mayr und seine Mitarbeitenden haben sich gemeinsam mit den Vorzügen und Nachteilen verschiedener Arbeitszeitregelungen auseinandergesetzt. Handfestes Resultat: Im Sommer hat der Betrieb eine 4-Tage-Woche bei 40 Wochenstunden eingeführt.
Spezialisiert hat sich die Schreinerei & Möbelmanufaktur Mayr auf hochwertige Angebote im Bereich Innenausbau und Inneneinrichtungen. „Im Gewerbe machen wir unser Volumen, wir bedienen aber auch gerne Privatkunden“, sagt Mayr. Von der einzelnen Garderobe bis zur Einrichtung von 30 und mehr Hotelzimmern sei alles dabei. „Wir bieten unseren Kunden auf Wunsch jede Leistungsstufe an: Konzeption und Entwurfsplanung, Projektierung und Bauleitung und auch die Betreuung von Fremdgewerken.“
Besser zuhören – Kommunikation macht den Anfang
Solche Dienste kann das Unternehmen nur zuverlässig und kundenorientiert anbieten, wenn die internen Abläufe reibungslos gelingen. Der wichtigste Erfolgsfaktor dafür ist für Andreas Mayr ganz klar: das Team. „Unsere Mitarbeitenden sind für uns existenziell wichtig, besonders in der momentanen Fachkräftesituation im Handwerk“, sagt er. Um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden sicherzustellen, müsse man ihre Bedürfnisse kennen. Für Andreas Mayr heißt das: zuhören. So habe es letztlich auch den Anstoß zur 4-Tage-Woche gegeben.
Wie genau kam es dazu? Früher sei es im Team des 28 Mitarbeitenden starken Betriebs häufiger zu Spannungen gekommen. Konflikte seien entstanden, vor allem weil zwischen den Abteilungen zu wenig Klarheit über die Arbeit der jeweils anderen herrschte. 2015 ging der Betrieb dieses Thema mit einer Teilnahme am Programm Unternehmenswert Mensch gezielt an. Ein Resultat daraus waren verschiedene regelmäßige Treffen für Aussprachen und Verbesserungen zwischen Belegschaft und Leitung. In einem dieser Treffen von Werkstatt-Team und Monteuren mit der Geschäftsleitung kam das Thema 4-Tage-Woche auf. „In den Gesprächen stellte sich heraus, dass viele Kollegen interessiert waren, den Freitag frei zu haben und dafür in den vier Tagen zuvor mehr Stunden zu arbeiten“, sagt Mayr. Der Unternehmer hing an der unwirtschaftlichen Regelung ‚Arbeiten bis Freitagmittag‘ ohnehin nicht allzu sehr und so wurde aus der Idee schnell ein konkretes Vorhaben. Der Betrieb lies es juristisch prüfen, dann wurde eine rechtssichere Regelung entwickelt.
So regelt die Betrieb die 4-Tage-Woche
„Weil die Mitarbeitenden in dieser Regelung bis zu zehn Stunden täglich arbeiten müssen, geht sie an die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes“, sagt der Unternehmer. Gelöst hat der Betrieb das mit einer Betriebsvereinbarung, die mit jedem Mitarbeitenden und neu hinzukommenden Teammitgliedern getroffen werden muss. Einschränkung: „Bei Minderjährigen geht es nicht und unsere Auszubildenden müssen an allen fünf Tagen betreut werden“, erklärt Mayr. Der Betrieb stellt dafür eine Rumpfbesetzung sicher, die fünf Tage pro Woche vor Ort ist. Das sei kein Problem gewesen. „Manche Mitarbeitenden wollten lieber generell fünf Tage arbeiten.“ Auch eine Vertretungsregelung für den Urlaubsfall wurde gefunden.
Darüber hinaus hat sich der Betrieb bewusst entschlossen, nicht vorab für jede Eventualität und jeden denkbaren Konflikt eine Regel festzulegen. Grund: „Gerade zur Einführung darf man es nicht zu kompliziert machen, sonst schadet man der Idee mehr, als dass man ihr nützt“, betont Andreas Mayr. So arbeitet das Unternehmen mit einer Faustregel nach dem 80-20-Prinzip: „Wenn die 4-Tage-Woche zu 80 Prozent gelingt, wollen wir die 20 Prozent, bei denen es hakt, nicht kleinlich ausdiskutieren“, sagt Mayr. Zwölf Monate will der Betrieb das Projekt „4-Tage-Woche“ als Testphase laufen lassen. „Sollte sich herausstellen, dass die Qualität leidet, die Arbeitsunfälle oder der Krankenstand steigen dann muss es einen Weg zurück geben“, sagt Mayr.
Mehr produktive Arbeitszeit pro Monteur
Bisher aber scheint das Modell für die Schreiner gut zu funktionieren. „Wir merken, dass in den Arbeitstagen mehr Zug und Fokus drin ist. Das Team scheint noch motivierter als vorher“, resümiert Andreas Mayr. „Und effektiv haben wir jede Woche zwei Stunden mehr produktive Arbeitszeit pro Monteur, weil am Freitag die An- und Abfahrt zur Baustelle wegfällt.“ Auch die Kunden des Betriebs kämen gut mit dem Modell zurecht. „Wir haben die neue Regelung bewusst breit kommuniziert“, sagt Mayr. Und weil der Betrieb mit seinen Auftraggebern pflichtbewusst und kooperativ umgehe, stimme bei denen auch die Akzeptanz. „Wir hören immer, wir sind nicht die Firma, die Kopfschmerzen bereitet“, sagt Andreas Mayr.
Ihre Zuverlässigkeit erreichten die Schreiner unter anderem durch klare Strukturen und eine auf sie zugeschnittene EDV. „Mein Kompagnon Peter Frank ist Betriebswirt, sehr IT-affin und hat viele der Programme geschrieben, mit denen wir täglich arbeiten“, sagt Mayr. So könnten die Geschäftsführer beispielsweise jederzeit sehen, ob ihre Projekte im Zeitplan sind und ob die Kosten der Kalkulation entsprechen. „Die Daten aktualisieren sich automatisiert und sind an die Zeiterfassung gekoppelt“, erklärt der Unternehmer. Bei den wöchentlichen Auslastungs- und Vertriebsbesprechungen werden alle verantwortlichen Führungskräfte über den aktuellen Stand der Projekte informiert.
Kräfte schonend arbeiten
Für reibungslose Abläufe sorgt auch eine definierte Arbeitsteilung zwischen Büro und Werkstatt: Die Konstruktionsabteilung zeichnet sämtliche Konstruktionen in 3D, generiert daraus die Produktionsdaten und schickt sie direkt an die Säge für den Zuschnitt. Von dort aus geht es per Barcode in definierten Schritten zu den anderen Maschinen. „In der Werkstatt arbeiten die Kollegen an insgesamt 5 Terminals, über die die Zeiterfassung läuft und jeder Auftrag mit seinen Konstruktionsplänen digital abrufbar ist“, sagt Mayr.
Damit das Team in der Werkstatt seinen hohen Durchsatz möglichst kräfteschonend schafft, hat der Betrieb zudem einiges in Ergonomie investiert: zum Beispiel in mobile, höhenverstellbare Handarbeitsplätze, in Arbeitsplatzfußmatten zur Schonung von Gelenken und Muskulatur und in einen Saugkran zum Bewegen schwerer Platten. „Nur wenn ein Arbeitsplatz optimal ausgestattet ist, kann die Arbeit dauerhaft Spaß machen“, ist Andreas Mayr sicher. Für ihn ist das ein weiterer Schlüssel, um Mitarbeiter langfristig an sein Unternehmen zu binden.
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