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Frauen in Männerberufen

40 Bewerbungen: Der Hürdenlauf einer Handwerkerin

Erst nach der 40. Bewerbung hatte Michelle Dresen ihren Ausbildungsplatz in einem „Männerberuf“ sicher. Jetzt hat sie die Ausbildung abgeschlossen - als Jahrgangsbeste. Wie passt das zusammen?

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Auf einen Blick:

  • Michelle Dresen hat ihre Schlosserlehre erfolgreich beendet und ist froh über ihre Berufswahl. Der Weg dahin war steinig – über 40 Bewerbungen musste sie schreiben, bis sie einen Ausbildungsplatz gefunden hatte.
  • Betriebe haben Vorteile, wenn sie junge Frauen einstellen, ist sie überzeugt. Aber verstehen kann sie das nicht.
  • Denn Frauen können sich gut in Männerberufen behaupten, wenn sie Interesse und Durchhaltevermögen beweisen, sagt die Handwerkerin.
  • Sie will jungen Frauen Mut machen, ihren eigenen Weg zu gehen und Hürden zu meistern.

Ihre Ausbildung zur Metallbauerin mit dem Schwerpunkt Konstruktionstechnik hat Michelle Dresen dieses Frühjahr abgeschlossen. Die junge Frau aus Niedersachsen hat alle anderen Azubis aus ihrem Gewerk hinter sich gelassen. Doch das ist für die selbstbewusste 23-Jährige nur Nebensache.

Mehr als 40 Betriebe wollten die junge Frau nicht einstellen

Der Weg zum Gesellenbrief war alles andere als leicht. Nach Realschulabschluss, Berufsfachschule und freiwilligem Wehrdienst bei der Bundeswehr, hatte die junge Frau Lust auf einen Job, in dem sie etwas Praktisches fürs Leben lernt. „Ich wollte Handwerkerin werden, anpacken und abends sehen, was ich am Tage geschafft habe“, berichtet sie. Draußen an der Luft zu arbeiten, war für sie ein wichtiges Kriterium – Büroluft hatte sie vorher geschnuppert. Die sei nichts für sie gewesen.

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Dass sie Schlosserin wurde, sei eher Zufall gewesen. Beworben hat sich Dresen zuvor in ziemlich allen Betrieben im Umkreis von 30 Kilometern zu ihrem Wohnort nördlich von Hannover. Dachdecker, Tischler, Hoch- und Tiefbauer – das alles kam für sie infrage. Doch es hagelte massenhaft Absagen – oder erst gar keine Rückmeldungen auf ihre gut 40 Bewerbungen. „Keiner traut sich, es einem direkt zu sagen, dass man als Frau nicht in einem Männerberuf eingestellt wird“, vermutet die Schlosserin. Sie habe zwar lange blonde Haare, aber anpacken könne sie so gut wie ein Mann. Leider wollten das viele Betriebe nicht testen.

Schließlich habe ihr der damalige Chef der Schlosserei einen Ausbildungsplatz angeboten: „Wir waren sofort auf einer Wellenlänge und er wollte mir eine Chance geben“, erinnert sich Dresen.

Frauen im Handwerk: Pluspunkte für Betriebe und Teams

Warum sollten Betriebe Frauen in männerdominierten Gewerken einstellen? Für Michelle Dresen gibt es mehrere Gründe: „Frauen haben oft eine andere Sichtweise und gehen Dinge anders an als Männer“, sagt sie.

Und warum stellen ihrer Meinung nach viele Betriebe noch immer keine Frauen ein? „Viele Männer glauben wahrscheinlich nicht, dass Frauen das wirklich schaffen“, sagt sie. Ein weiterer Grund könne sein, dass Chefs im Handwerk denken, sie holen sich Zicken ins Team. Aber vor allem glaubt Michelle Dresen, dass noch zu viele Männer an alten Rollenbildern festhalten.

Michelle Dresen hat ihren Platz in ihrem Team längst gefunden und fühlt sich wohl zwischen den Männern. Das war nicht von Anfang an so. Da wurde sie schon ab und zu von den männlichen Kollegen an die Seite gedrängt mit dem Kommentar: „Lass mich mal machen, Mädchen.“ Heute hat die Metallbauerin den meisten Spaß auf der Baustelle und ist froh, wenn sie abends „k. o. aber glücklich“ nach Hause kommt.

Gesellin will Mut machen: "Ihr schafft das"

Für die Handwerkerin steht fest: „Frauen sind ebenso für Männerberufe geeignet wie ihre männlichen Kollegen.“ Frauen seien manchmal sogar motivierter als Männer. „Frauen wollen es sich selbst und den anderen beweisen“, glaubt sie.

Auch, wenn sie die einzige Frau in der Berufsschulklasse und auf der Baustelle war – sie hat durch Können und Anpacken überzeugt. Und sie ist froh, dass sie ihren Weg gegangen ist. Dresen betont: „Der Wille zählt.“ Mit dieser Einstellung sei sie in dreieinhalb Jahren Ausbildung gut gefahren.

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