Das Sparschwein plündern, weil die Liquidität bedroht ist? Da gibt es bessere Möglichkeiten!
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Das Sparschwein plündern, weil die Liquidität bedroht ist? Da gibt es bessere Möglichkeiten!

Inhaltsverzeichnis

Unternehmensfinanzierung

9 Tipps für mehr Liquidität im Handwerksbetrieb

Hohe Kosten für vorfinanzierte Aufträge und säumige Zahler können Ihre Liquidität in Gefahr bringen. 9 Tipps, wie Sie schnell reagieren und langfristig vorbeugen.

Auf einen Blick:

  • Liquidität ist für Ihren Betrieb überlebenswichtig. Wenn Kosten schnell steigen und Rechnungen zu lange unbezahlt bleiben, kann es eng werden.
  • Um schnell wieder „flüssig“ zu werden, sollten Sie die laufenden Kosten auf Einsparpotenziale prüfen, Steuervorauszahlungen senken und konsequent Außenstände anmahnen.
  • Vereinbaren Sie mit Ihren Kunden Abschlagzahlungen für größere Projekte und optimieren Sie Ihre kaufmännischen Abläufe. Dienstleistungen wie Factoring können eine Lösung sein.

Liquidität braucht jeder Betrieb, um Aufträge vorzufinanzieren und die laufenden Kosten zu bedienen. Die Kombination aus steigende Kosten für Rohstoffe und Energie, höheren Preise bei Lieferanten und offenen Rechnungen kann hier schnell bedrohlich werden.

„Wenn es bei der Liquidität knapp wird, ist das ein wichtiges Signal dafür, dass etwas im Betrieb nicht stimmt“, sagt Susann Ruppert, Geschäftsbereichsleiterin Wirtschaftsförderung bei der Handwerkskammer Oldenburg. Umso wichtiger sei es deshalb, nicht nur kurzfristig zu reagieren, sondern sich auch langfristig kaufmännisch besser zu organisieren.

1. Tipp: Überprüfen Sie Ihre laufenden Kosten

„Der erste Schritt ist, die laufenden Kosten kritisch zu prüfen“, sagt Ruppert. Sie rät, sich die monatliche Betriebswirtschaftliche Auswertung des Steuerberaters gründlich vorzuzunehmen und die Ausgabenstruktur in den Blick zu nehmen. „Verlassen Sie sich nicht auf Ihr Bauchgefühl, dass alles teurer geworden ist“, betont Ruppert. „Schauen Sie genau hin: Wie viel kostet Benzin mehr als vor einem Jahr? Wie viel die Energie? Wie ist die Ausgabenentwicklung insgesamt? So bekommen Sie einen Überblick und können gegebenenfalls Einsparpotenziale erkennen.“

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2. Tipp: Passen Sie Ihre Stundensätze an

Sind keine Kostensenkungen möglich, muss der Stundenverrechnungssatz überprüft und angepasst werden. „Höhere Kosten sollten Sie unbedingt an Ihre Kunden weitergeben“, sagt Betriebsberaterin Ruppert. „Dabei sollten Sie nicht nur die gestiegenen, auftragsbezogenen Materialkosten berücksichtigen, sondern auch die höheren Gemeinkosten.“

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3. Tipp: Senken Sie Ihre Steuervorauszahlungen

Sie stellen fest, dass das Jahr nicht so gut verläuft wie erhofft? Dann sollten Sie Kontakt zum Finanzamt aufnehmen. „Die Höhe der Steuervorauszahlungen legt das Finanzamt auf Basis des Vorjahres fest“, erläutert Ruppert. „Wenn Sie weniger Gewinn erwarten, beantragen Sie, diese Vorauszahlungen herabzusetzen. Damit bleibt sofort mehr Liquidität im Betrieb.“

Wenn es schon sehr ernst ist, könne eine Stundung der Steuerzahlungen beantragt werden. „Damit verschieben Sie die Zahlungen auf später“, so Ruppert. Wichtig sei es, mit dem Finanzamt die Art der Steuern, für die eine Stundung in Frage kommt, und die genauen Bedingungen zu klären.

„Ebenso sollten Sie prüfen, ob sich die Bemessungsgrundlage für Ihre Sozialversicherungen geändert hat und ob Sie diese ebenfalls senken können“, sagt die Betriebsberaterin.

4. Tipp: Treiben Sie Außenstände konsequent ein

Mal ehrlich: Wie hoch sind Ihre Außenstände? „Gerade kleine Handwerksbetriebe auf dem Land, die regional gut vernetzt sind, tun sich schwer, offene Rechnungen anzumahnen“, weiß Beraterin Ruppert aus Erfahrung. „Sie warten oft zu lange auf ihr Geld, weil sie sich den Kunden eng verbunden fühlen.“ Diese falsche Zurückhaltung könne aber für die Liquidität böse Konsequenzen haben, warnt sie. „Setzen Sie Standards für Ihr Mahnwesen fest – losgelöst von Ihrer regionalen Verbundenheit.“

Falls der Kunde selbst nicht zahlungsfähig ist, sollten Sie ihn nicht aus der Verantwortung entlassen. „Vereinbaren Sie lieber eine Ratenzahlung mit niedrigen Raten, statt sich vertrösten zu lassen“, so die Beraterin. „So bleibt eine Verbindung erhalten und der Kunde signalisiert seinen Zahlungswillen.“

Eine andere Möglichkeit sei, säumige Zahlungen über ein Inkasso-Unternehmen einzutreiben. „Das kann Überwindung kosten, aber letztlich entscheidend für Ihre Liquidität sein“, betont Ruppert.

5. Tipp: Vereinbaren Sie Abschlagszahlungen

Um fortlaufend die Liquidität zu erhalten, empfiehlt Susann Ruppert, Abschlagszahlungen mit den Kunden zu vereinbaren, auch für Material. „Wichtig ist dabei Transparenz und gute Kommunikation gegenüber den Kunden schon im Vorfeld – sie sind ja gewöhnt, erst am Ende zu zahlen.“ Wenn die erste Zahlung fällig wird, wenn das Material angeliefert ist, ist ein Umdenken beim Kunden nötig. „Nehmen Sie deshalb die Abschlagszahlungen schon in das Angebot auf und erläutern Sie Ihren Kunden, warum Sie Ihre Abrechnungsmodalitäten ändern müssen.“

6. Tipp: Optimieren Sie die Laufzeiten Ihrer Verbindlichkeiten

Sie können nicht nur gegenüber den Kunden an der Liquiditätsschraube drehen, sondern auch gegenüber Ihren Lieferanten. „Versuchen Sie, längere Zahlungsziele zu vereinbaren“, so Ruppert.

7. Tipp: Bringen Sie Ihre kaufmännischen Abläufe auf Vordermann

Auf mittlere Sicht sollten Sie Ihre kaufmännischen Abläufe effizienter organisieren, um einen erneuten Liquiditätsengpass zu vermeiden. „Sie brauchen dafür ein gutes Zeitmanagement, wenn Sie produktiv im Betrieb mitarbeiten“, so Ruppert. „Schaffen Sie sich einen regelmäßigen Büro-Tag oder prüfen Sie, ob Sie jemanden für die Buchhaltung einstellen können.“

Sollte das nicht gelingen, kann auch das ganze Zahlungswesen abgegeben werden. Beim so genannten Factoring verkaufen Sie Ihre Außenstände an einen Dienstleister, der die weitere Abwicklung übernimmt. Sie erhalten dann sofort einen Großteil des Geldes, meist zwischen 80 und 90 Prozent. Der Rest wird überwiesen, wenn der Kunde gezahlt hat. Dafür wird eine Gebühr an den Factorer fällig – wie hoch, hängt vom Unternehmen und den weiteren Bedingungen ab, meist zwischen 0,5 und vier Prozent der Rechnungssumme. Außerdem werden meist eine Aufnahme- oder Einrichtungsgebühr und weitere Gebühren fällig. Im Unterschied zum Inkasso geht es beim Factoring nicht nur um überfällige Rechnungen, sondern um alle Außenstände.

„Factoring kann eine Option sein, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden“, so Ruppert. „Wichtig ist, die Kosten der Anbieter zu vergleichen und sie gegebenenfalls bei der Angebotskalkulation zu berücksichtigen.“

8. Tipp: Leasen statt Kaufen bei größeren Anschaffungen

Kreditzinsen steigen: Es könnte sich laut Ruppert daher bei größeren Abschaffungen lohnen, Maschinen oder neue Software zu leasen statt zu kaufen.

„Das Leasing-Geschäft nimmt Fahrt auf“, hat sie beobachtet. „Der Vorteil ist, dass die Liquidität der Anschaffungsinvestition im Unternehmen bleibt und nur die Zahlung der Leasingrate abfließt.“

9. Tipp: Überdenken Sie Ihre Lagerhaltung

Sollten Betriebe in Zeiten der Lieferengpässe mehr Material im Lager vorhalten oder die Bestände möglichst gering halten? Die schwankenden Preise und die unsichere Verfügbarkeit brächten viele Betriebe dazu, ihre Lager aufzufüllen. Doch das gehe ganz klar auf Kosten der Liquidität, so Ruppert.

„Letztlich ist es eine Abwägung. Wichtig ist, die Preise und den eigenen Bedarf im Auge zu behalten“, rät Ruppert. „Schärfen Sie Ihren Blick dafür, welche Produkte ins Lager gehören – und welche nicht.“

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