AKTUALISIERUNG: Die Regeln zur Berechnung der Anfahrtskosten haben sich 2014 grundlegend geändert. Was Handwerker beachten müssen, damit sie gegenüber Kunden Anfahrtskosten berechnen dürfen, haben wir für Sie in einem neuen Artikel zusammengefasst, den Sie hier finden: Neue Regeln: Anfahrtskosten nie mehr ohne Vorwarnung! Die bisherige Rechtsprechung, wie sie in dem nachfolgenden Artikel dargestellt wird, ist nicht mehr anzuwenden.
Mehr als 40 Euro Fahrtkosten für 40 Meter Weg? Diese Pauschale ärgerte eine Kundin dermaßen, dass sie sich von Elektromeister Waldemar Schneider lieber verklagen ließ, statt zu zahlen.
Die vermeintlich guten Argumente der Kundin
Vor Gericht ging es vor allem um drei Argumente der Kundin:
Die Fahrtkosten seien vorher nicht vereinbart worden.
Die Kosten seien zu hoch, denn der Betrieb ist nur 40 Meter von ihrer Wohnung entfernt.
Sie habe zwar einen Stundenzettel unterschrieben. Dass auf dem Zettel auf die Pauschale hingewiesen wurde, sei ihr jedoch nicht aufgefallen.
Von ihren eigenen Argumenten überzeugt, ging die Kundin ohne Anwalt in den Prozess und mobilisierte stattdessen die Presse gegen den Handwerker. Doch Waldemar Schneider ließ sich von dem kleinen Mediengewitter nicht beeindrucken: Er zog seine Klage durch – und hat sie nun gewonnen.
7 Tipps für Anfahrtskostenpauschalen ohne vorherige Vereinbarung
Die Begründung des Amtsgerichts München (Urteil vom 7. September 2012, Az. 231 C 12670/12) gibt 7 Anhaltspunkte, worauf Betriebe bei Pauschalen ohne vorherige Absprache achten sollten.
Handwerker müssen nicht zwingend vor Durchführung eines Auftrags auf die zu erwartenden Werk- und Anfahrtskosten hinweisen. Vielmehr sei es Sache des Kunden, sich zu erkundigen oder einen Kostenvoranschlag einzuholen.
Anfahrtskosten sind üblich, wenn der Betrieb eine Werkleistung in ein oder zwei Stunden ausführt – auch dann, wenn sich der Leistungsort am Ort der Betriebsstätte befindet.
Anfahrtskostenpauschalen müssen nicht zwingend vorher vereinbart werden. Das ist nur erforderlich, wenn auch die Vergütung vorher ausdrücklich vereinbart wird. Wichtig: Einigen sich Handwerker und Kunden jedoch vorher über die Vergütung ohne Anfahrtskosten, dann darf der Handwerker nicht nachträglich eine Anfahrtspauschale berechnen.
Wenn Betrieb und Kunde bei Auftragserteilung keine Absprachen über die Vergütung treffen, darf der Handwerker die "ortsübliche Vergütung" berechnen. Dazu kann auch eine Anfahrtspauschale gehören.
Ob die Höhe einer Anfahrtskostenpauschale gerechtfertigt ist, kann sich nach dem richten, was ortsüblich ist. Diese Bedingung hielt das Gericht in Schneiders Fall für erfüllt, wobei die 35 Euro netto (41,65 Euro brutto) für Münchener Verhältnisse "gerade noch angemessen" seien.
Es ist zulässig, dass sich ein Handwerker auf seinem Auftragszettel nach Durchführung nicht nur die geleisteten Arbeiten bestätigen lässt, sondern auch den Anfall einer Anfahrtspauschale.
Ein Kunde kann einen unterschriebenen Stundenzettel nicht nachträglich anfechten, wenn, wie in diesem Fall, die Anfahrtskostenpauschale deutlich hervorgehoben ist und schon beim oberflächlichen Durchlesen auffällt. "Jemand, der eine Urkunde ungelesen unterschreibt, hat in der Regel auch kein Anfechtungsrecht."
Eine teure Erfahrung für die Kundin …
Die Kundin muss nun zahlen: Zu den Anfahrtskosten kommen nun Verzugszinsen, Mahngebühren, Anwaltskosten und Gerichtskosten hinzu. Gezahlt hat die Kundin allerdings noch nicht: "Das Urteil ist ja erst ein paar Tage alt. Die Sache liegt jetzt bei meinem Rechtsanwalt", berichtet Elektromeister Schneider. "Aber wir haben jetzt einen vollstreckbaren Titel und wenn das Geld nicht kommt, wird mein Anwalt den Gerichtsvollzieher beauftragen.“
Praktische Alternative: Anfahrtskosten ohne Streit durchsetzen
Das Münchener Urteil macht deutlich, dass Handwerker ein Recht auf Anfahrtskosten auch ohne vorherige Absprache haben. Doch es gibt gute Gründe, es möglichst nicht darauf ankommen zu lassen und sich vor dem Auftrag abzusichern.