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Diese Folgen haben die neuen Urteile zur Schwarzarbeit

Schwarzarbeit: Keine Haftung! Keine Bezahlung?

Zwei aktuelle Urteile machen deutlich, wie riskant Schwarzarbeit ist: Kunden haben keinen Anspruch auf Mängelbeseitigung – und Auftragnehmer haben es schwerer, ihre Bezahlung durchzusetzen.

Sagen Deutschlands Richter der Schwarzarbeit endgültig den Kampf an? Gerade hat das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein entschieden, dass Schwarzarbeiter keinen Anspruch auf Bezahlung haben – nicht einmal dann, wenn ein Teil der Arbeit legal verrichtet wurde. Zuvor hatte schon der Bundesgerichtshof (BGH) im August erklärt, dass bei Schwarzarbeit keine Mängelhaftung besteht. In den Medien und im Internet sorgten die Urteile für jede Menge Aufregung und Diskussionen.

Welche konkreten Folgen die Urteile haben, erklärt die Rechtsanwältin Cornelia Höltkemeier von der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen.

Frau Höltkemeier, nach dem BGH-Urteil können Kunden Schwarzarbeiter für Mängel nicht haftbar machen. Warum so viel Aufregung um dieses Urteil?
Cornelia Höltkemeier: Vermutlich ist vielen Menschen überhaupt nicht bewusst, dass Verträge nichtig sind, wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen. Doch es gibt schon viele Urteile, die die Nichtigkeit von Schwarzarbeitsverträgen feststellen. Das BGH-Urteil hat noch einmal für neuen Schwung gesorgt, weil es sich auf die aktuelle Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Schwarzarbeit bezieht: Darin wurde ausdrücklich die Vereinbarung der Steuerhinterziehung als Tatbestand von Schwarzarbeit aufgenommen. Damit ist auch der Auftraggeber „dran“ – als Partner der unerlaubten Vereinbarung.

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Wann sind Schwarzarbeiter aus der Haftung raus?

Warum soll der Auftraggeber keinen Anspruch auf Mängelbeseitigung haben, wenn beide Seiten einen Auftrag „ohne Rechnung“ vereinbaren?  
Cornelia Höltkemeier:  Weil Auftraggeber und Auftragnehmer durch ihre Vereinbarung bewusst ihre steuerlichen Pflichten verletzt haben. Dieser Verstoß ist Schwarzarbeit nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung von Schwarzarbeit. Durch diesen Verstoß ist der Vertrag nichtig. Und aus einem nichtigen Vertrag kann man keine Mängelbeseitigung verlangen. Das ist die entscheidende Botschaft des aktuellen BGH-Urteils. Dies gilt auch dann, wenn nur ein Teil der Leistung ohne Rechnung erbracht werden sollte.

Und wenn ein Betrieb ganz offiziell auf Rechnung arbeitet, aber fachfremde Leistungen ausführt – das ist doch auch eine Form von Schwarzarbeit. Wie sieht es dann mit der Mängelhaftung aus? 
Cornelia Höltkemeier: Es handelt sich auch dann um Schwarzarbeit, wenn ein Betrieb ein zulassungspflichtiges Handwerk ohne Handwerksrolleneintragung ausübt. Auch ein solcher Vertrag ist nichtig. Wie es mit der Mängelhaftung in diesem Fall aussieht, hatte der BGH in dem aktuellen Urteil nicht zu entscheiden. Daher hat er dazu auch nichts gesagt. Für den Auftraggeber liegt hier aber durchaus ein erhöhtes Risiko – zumindest wenn er gewusst hat, dass der von ihm beauftragte Betrieb nicht eingetragen ist. Dann ist nicht ausgeschlossen, dass der BGH den Fall ähnlich entscheidet wie den Fall der vereinbarten Steuerhinterziehung.

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verweigern – auch für den Teil, der auf Rechnung lief?

Kein Anspruch auf Bezahlung?

Wenn ein Vertrag wegen Schwarzarbeit nichtig ist – haben Auftragnehmer dann überhaupt noch Anspruch auf Bezahlung?
Cornelia Höltkemeier:  Eine spannende Frage, die schon Gegenstand von vielen Urteilen war. Die Rechtsprechung hat diese Frage bislang so gelöst: Weil der Vertrag nichtig ist, hat der Auftragnehmer keinen vertraglichen Anspruch auf Werklohn. Allerdings, so sagt die sogenannte „herrschende Meinung“ , kann dies zu unangemessenen Ergebnissen führen. Der Auftraggeber von Schwarzarbeit hat durch die Leistung des Schwarzarbeiters immerhin eine Leistung bekommen. Hier soll der Schwarzarbeiter dann seine Vergütung über einen Umweg, den die Rechtsprechung „ungerechtfertigte Bereicherung“ nennt, einklagen dürfen.

Aber Achtung: Es gibt ein ganz aktuelles Urteil des OLG Schleswig-Holstein. Das hat entschieden, dass Handwerker, die sich darauf einlassen, einen Teil der Leistung ohne Rechnung und ohne Mehrwertsteuer auszuführen, überhaupt keinen Anspruch auf Bezahlung haben. Hier ging es also wieder um die Vereinbarung der Verletzung von Steuerpflichten. Das Gericht begründet diese harte Haltung damit, dass man sonst die mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz beabsichtigte konsequente Bestrafung aufweichen würde. Schwarzarbeit lasse sich nur wirksam bekämpfen, wenn Verstöße zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führen. Das müsse dann für beide Seiten gelten: also keine Mängelhaftung für den Auftraggeber, aber auch kein Anspruch auf Bezahlung.

Das Urteil ist von daher sehr spannend, denn es weicht von der herrschenden Meinung ab. Deshalb ist es auch zur Überprüfung dem BGH vorgelegt worden und noch nicht rechtskräftig. Hier gilt es abzuwarten, wie der BGH entscheidet.

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Was tun, wenn der Kunde Schwarzarbeit verlangt?

Was ist Ihr Fazit? Was empfehlen Sie Handwerkern, wenn ein Kunde den Auftrag „ohne Märchensteuer“ vergeben möchte?
Cornelia Höltkemeier: Da hat sich nichts geändert: Finger weg, denn Verstöße gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz führen zu nichtigen Verträgen. Und nichtige Verträge – dies zeigen die beiden Urteile – sind riskant für beide Seiten: Gewährleistungsansprüche können nicht durchgesetzt werden. Und als Handwerker den Werklohn durchzusetzen, geht im Streitfall – wenn überhaupt – nur über komplizierte Umwege.

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(jw)


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