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Die gekreuzten Finger einer Geschäftsfrau. Steuerhinterziehung und Lügen im Geschäftsleben

Inhaltsverzeichnis

Urteil

Arglistiges Verhalten: Wann verlängert sich die Gewährleistungsfrist?

Die Gewährleistungsfrist nach der Bauabnahme ist begrenzt. Doch sie kann sich verlängern, wenn Auftragnehmer bei der Abnahme einen Mangel verschweigen.

Auf einen Blick:

  • Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist stellt eine Kommune gravierende Mängel bei den Fliesenarbeiten in einer Schwimmhalle fest. Die Stadt verklagt den ausführenden Betrieb auf Schadensersatz – wegen Arglist.
  • Das OLG Düsseldorf sah den Vorwurf gegen den Betrieb als unbegründet und wies die Klage ab. Allerdings stellten die Richter klar, welche Voraussetzungen die Rechtsprechung an den Vorwurf der Arglist knüpft.
  • Arglistiges Verhalten kann zum Beispiel vorliegen, wenn Unternehmer einen bekannten Mangel verschweigen oder wenn Unternehmer ihre Organisationspflichten auf der Baustelle verletzt haben. Die Beweislast liegt jeweils beim Auftraggeber.

Die Gewährleistungsfrist bei Bauleistungen beträgt fünf Jahre. Nach Ablauf dieser Frist können Auftraggeber in der Regel keine Mängelansprüche mehr gegen den ausführenden Handwerksbetrieb durchsetzen. Doch wenn der Kunde nachweisen kann, dass der Auftragnehmer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, kann die Sache anders aussehen. Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf zeigt, welche Anforderungen die Rechtsprechung an einen solchen Nachweis stellt.

Gravierende Mängel nach Ablauf der Gewährleistungsfrist festgestellt

Der Fall: Ein Betrieb übernimmt umfangreiche Sanierungsarbeiten in einem städtischen Hallenbad. Er führt unter anderem Fliesen- und Abdichtungsarbeiten durch. Fast sieben Jahre später löst sich nach einer Grundreinigung der komplette Fliesenboden. Daraufhin beauftragt die Kommune einen Sachverständigen, der gravierende Mängel feststellt.

Aufgrund dessen fordert die Stadt den Handwerksbetrieb im Oktober 2012 auf, die Mängel unverzüglich zu beseitigen. Das lehnt der Betrieb ab – weil die Gewährleistungsfrist im Jahr 2009 abgelaufen ist. Doch damit gibt sich die Kommune nicht zufrieden. Sie ist davon überzeugt, dass der Betrieb bei der Abnahme die Mängel arglistig verschwiegen hat und die Verjährung noch nicht eingesetzt hat. Die Stadt zieht vor Gericht und klagt auf Schadensersatz.

Das Urteil: Das OLG Düsseldorf weist die Klage der Kommune als unbegründet ab. Grund dafür ist, dass die reguläre Verjährungsfrist bereits abgelaufen war. Außerdem konnten die Richter weder ein arglistiges Verschweigen von Mängeln noch ein Organisationsverschulden feststellen.

Mangel bei der Abnahme verschwiegen: Wann liegt Arglist vor?

Die Richter wiesen darauf hin, dass das Vorliegen von Arglist grundsätzlich an strenge Anforderungen geknüpft ist. Laut OLG Düsseldorf verschweigt ein Unternehmer dann einen Mangel arglistig, „wenn er diesen (…) kennt und ihm bewusst ist, dass dies für die Entscheidung des Bestellers über die Abnahme erheblich ist.“ Arglist kann demnach vorliegen, wenn ein Unternehmer bewusst von den Vorgaben des Kunden abweicht oder er eine Abweichung durch seine Mitarbeiter zulässt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Arglist auch dann vorliegen, wenn ein Unternehmer bei der Herstellung und Abnahme seine Organisationspflichten verletzt und dadurch einen Mangel nicht erkannt hat. Aus diesem Grund müssen Unternehmer die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das Werk bei der Abnahme mangelfrei ist. Machen Unternehmer das nicht, gelten für die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers die allgemeinen Verjährungsvorschriften nach den Paragrafen 195 und 199 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Das OLG Düsseldorf wies allerdings darauf hin, dass die Arglisthaftung bei der Verletzung der Organisationspflichten laut Rechtsprechung des BGH nur greift, „wenn dem Unternehmer vorgeworfen werden kann, er habe eine Überwachung der ausgeführten Arbeiten nicht vorgenommen, um die Arglisthaftung wissentlich zu vermeiden“.

Arglist? Auftragnehmer sind in der Nachweispflicht

Grundsätzlich sind Auftraggeber beim Vorwurf der Arglist in der Darlegungs- und Beweislast. Das gilt laut OLG Düsseldorf

  • sowohl in Fällen, in denen sie Unternehmern vorwerfen, einen Mangel der Werkleistung arglistig zu verschweigen
  • als auch in Fällen, in denen sie eine Organisationspflichtverletzung vermuten.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 15. Mai 2018, Az.: 21 U 63/17

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