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Azubi-Blog einer Malerin: "Nichts für Prinzessinnen"

Jessica Jörges will anderen Jugendlichen zeigen, dass sich eine Ausbildung im Handwerk lohnt. Die angehende Malerin schreibt seit einem Jahr einen Blog. Warum sie dafür gern Nachtschichten in Kauf nimmt, erklärt sie im handwerk.com-Interview.

Auf einen Blick:

  • Eine Auszubildende Malerin schreibt seit einem Jahr einen Blog. Ihr Ziel: Jugendliche über ihr Gewerk und das Handwerk „aufklären“ – mit Themen aus dem Arbeitsalltag.
  • Die Rückmeldungen auf den Blog sind positiv, sie hat sich in der Branche einen Namen gemacht.
  • Anderen jungen Frauen sagt sie: Anpacken müsst ihr, aber dennoch ist dieses Gewerk auch was für Frauen.

Für Jessica Jörges ist Ende Juli das erste Ausbildungsjahr vorbei. Aber für die angehende Malerin war es alles andere als normal: Denn seit dem ersten Arbeitstag schreibt sie einen Blog. Jörges ist in einer Handwerkerfamilie groß geworden und für sie war klar, dass sie nach dem Abitur erst mal eine Ausbildung macht. Was sie dazu bewogen hat und wie die Reaktionen auf ihren Blog sind, darüber hat handwerk.com mit ihr gesprochen.

„Lieber zuerst eine Ausbildung im Handwerk machen“

handwerk.com: Bloggen während der Ausbildung ist nicht alltäglich. Wie sind Sie darauf gekommen, einen Blog zu starten?

Jessica Jörges: Mein Entschluss, nach dem Abitur erst mal eine Ausbildung zu machen, war der Auslöser. Mein Ziel: anderen zeigen, was das Handwerk, speziell das Malerhandwerk, zu bieten hat. Zu viele gehen studieren, ohne zu wissen, was sie später werden wollen. Und die erste Anlaufstelle für viele Jugendliche, die sich informieren wollen, ist eben nicht die Handwerkskammer – sondern das Internet. Darin habe ich die Chance für den Blog gesehen.

Wie hat Ihr Ausbildungsbetrieb darauf reagiert und woher haben Sie sich Unterstützung für das Projekt geholt?

Jörges: Ich lerne im Betrieb meiner Eltern und bin mit dem Malerhandwerk groß geworden. Wir haben lange innerhalb der Familie über die Idee gesprochen. Sie ist nach und nach gereift. Für die technischen und strategischen Details habe ich Volker Geyer befragt – einen Malermeister, der langjährige Erfahrungen im Handwerk und als Blogger hat. Er stand mir als Mentor zur Seite – das hat mir gerade in den Anfängen des Blogs sehr geholfen.

Mit der Bekanntheit kommen die Kontakte – und die Fragen

Wie ist Ihr Blog bekannter geworden?

Jörges: Die ersten Leser waren die Familie und Freunde. Dann kamen Kollegen aus dem Malerhandwerk und anderen Branchen hinzu. Außerdem habe ich eine Facebook-Seite eingerichtet, um die Reichweite zu erhöhen. Und durch meinen Auftritt beim Internet-Marketing-Tag im Oktober 2016 haben mich noch mehr Handwerker kennengelernt. Auch deshalb, weil viele Medien darüber berichtet haben.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie?

Jörges: Ich bekomme viele positive Reaktionen von Jugendlichen. In einigen Betrieben wird über den Blog gesprochen. Das habe ich erst kürzlich gehört, als ich bei einem Seminar in Italien war. Dort sprach mich eine Auszubildende an – ihr Chef habe sie auf mich aufmerksam gemacht. Mich hat auch schon eine angehende Kfz-Mechatronikerin um Rat gebeten, weil sie für ihr Handwerk auch einen Blog erstellen will.

Haben Sie das Gefühl, das manche Azubis auch neidisch sind auf Ihre Bekanntheit?

Jörges: Ich weiß nicht, ob man das als Neid bezeichnen kann. Aber einige machen eben „nur“ ihre Ausbildung. Für sie ist das zu viel, was ich da mache. Deshalb reagieren sie abweisend. Aber ich bin überzeugt davon, dass ich mit meiner Idee richtig liege und mich die Kontakte, die ich über den Blog knüpfe, später beruflich weiterbringen.

Umsetzung: Die Themen liefern die Baustellen

Apropos Mehrarbeit: Wann schreiben Sie und wie vereinbaren Sie das mit Arbeit und Schule?

Jörges: Der Tagesablauf ist meist recht straff, besonders jetzt in den Sommermonaten, wenn Baustellen fertig werden müssen. Dafür sind die Wochen, in denen ich Schule habe, etwas lockerer. Dann nutze ich beispielsweise die Zeit in der Bahn, um meine Ideen zu sammeln. Unterwegs bin ich sehr kreativ. Das Schreiben an sich mache ich dann abends oder am Wochenende.

Wie kommen Ihnen die Ideen für Themen, worüber berichten Sie?

Jörges: Es sind viele Themen von der Baustelle und aus dem Arbeitsalltag. Da entstehen mal witzige Beiträge oder ich berichte über Arbeiten, die mir nicht so gefallen haben. Das gehört auch zur Ausbildung, das will ich öffentlich machen. Maler streichen eben nicht nur Wände weiß. Sondern wir beschäftigen uns auch mit Kreativ- und Putztechniken, helfen bei der Raumgestaltung oder verlegen Fußböden. Der Job ist absolut abwechslungsreich und deshalb liebe ich ihn. Und ich schreibe auch über ganz normale Sachen, wie die Ausbildung so abläuft und dass auch ich Angst vor der Zwischenprüfung habe. So kann ich vielleicht anderen die Angst nehmen.

Begeistert fürs Handwerk – und mit ehrgeizigen Zielen

Und was reizt Sie persönlich am Handwerk und besonders an Ihrem Beruf?

Jörges: Dass ich am Ende des Tages sehen kann, was ich geschafft habe. Ich kann durch die Stadt fahren und mir Fassaden ansehen und weiß, daran habe ich mitgearbeitet oder in diesem Haus habe ich die Innengestaltung übernommen. Die Kunden freuen sich, wenn es bei ihnen zuhause wieder schön ist. Mich reizen vor allem die kreativen Oberflächentechniken. Abriss- und Verputzarbeiten sind nicht so meins. Das Gute in einem kleinen Betrieb ist: Man lernt viel und muss alles mal machen – ob es einem gefällt oder nicht.

Wie geht es nach der Ausbildung weiter?

Jörges: Erst mal möchte ich einen guten Abschluss machen, Innungsbeste wäre schon klasse. Im Malerhandwerk sind Frauen etwas Besonderes und das sollte sich meiner Meinung nach auch in den Noten widerspiegeln – da bin ich ehrgeizig. Und danach kann ich mir gut vorstellen, den Meister zu machen. Dann habe ich auch als Frau einen Titel. Studieren oder noch eine Ausbildung dranhängen – die Optionen habe ich alle.

Frauen auf der Baustelle? Jörges‘ Tipps für Azubis und Betriebe

Was können Sie anderen jungen Frauen mit auf den Weg geben: Wie ist es auf der Baustelle zwischen vielen Männern?

Jörges: Die Arbeit auf der Baustelle ist definitiv nichts für Prinzessinnen. Frauen müssen mitanpacken, eine körperliche Herausforderung ist das allemal. Frau wird auch komisch angeschaut, wenn sie in Arbeitskleidung im Fachhandel einkaufen geht. Aber daran habe ich mich gewöhnt. Ich lasse mich nicht verunsichern und fühle mich nicht angegriffen. Die Stimmung hier im Betrieb ist super. Viele Kollegen kenne ich, seitdem ich ein Kind war. Und unsere Firma ist bekannt dafür, dass sie Frauen ausbildet.

Aus Ihrer Sicht als Auszubildende: Was müssen Betriebe tun, um bei Jugendlichen als Arbeitgeber zu punkten?

Jörges: Der Betrieb muss öffentlich machen, was er mir bieten kann. Nicht nur, was ich alles vorweisen muss, um die Ausbildung dort zu machen. Wir sind beispielsweise ein ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb, die Azubis dürfen ins Ausland und bekommen Unterstützung bei der Prüfung. Das steht auch auf der Website. Und genau so muss es auch sein: Auf die Außendarstellung kommt es meiner Meinung nach an. Betriebe, die keine Website und keine Social-Media-Känale haben, werden in Zukunft nur dann überleben, wenn sie viele Stammkunden haben, oder die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert.

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