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Auf dem Bildschirm eines Laptops ist ein Mann in Anzug zu sehen. Er versucht eine Abmahnung zu überreichen.

Inhaltsverzeichnis

Datenschutz-Grundverordnung

DSGVO-Abmahnungen: Das sind die wichtigsten Urteile

Sind wettbewerbsrechtliche Abmahnungen wegen Verstößen gegen die DSGVO möglich? Hier sind die wichtigsten Urteile zu diesem Thema im Überblick.

Auf einen Blick:

  • Mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung beschäftigen auch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen immer mehr Gerichte.
  • Derzeit treffen verschiedene Gerichte zum Teil sehr unterschiedliche Entscheidungen über die Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen.
  • In diesem Artikel finden Sie eine regelmäßig aktualisierte Auflistung der bisherigen Gerichtsentscheidungen.

Seit dem 25. Mai 2018 gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verbindlich. Und noch immer ist vieles ungeklärt. So auch die Frage, ob Unternehmer ihre Wettbewerber wegen Verstößen gegen die DSGVO abmahnen können. Mittlerweile gibt es die ersten Gerichtsentscheidungen, die sich mit DSGVO-Abmahnungen befassen.

OLG Stuttgart: Verstöße gegen Informationspflichten sind abmahnfähig

Die Regelungen in Artikel 80 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zur Rechtsdurchsetzung sind nach Einschätzung der Richter am Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart nicht abschließend. Denn daraus lässt sich nicht ableiten, dass Mitbewerber und Wettbewerbsverbände nicht klagebefugt sind.

Nach Einschätzung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart können DSGVO-Verstöße deshalb wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden, wenn sie eine Verletzung von Marktverhaltensregeln darstellen. Marktverhaltensregeln sind Vorschriften, die dem Schutz von Rechten und Interessen der Marktteilnehmer dienen.

Die Informationspflichten nach Artikel 13 DSGVO stellen den Stuttgarter Richtern zufolge eine solche Marktverhaltensregel dar. Denn diese Informationen hätten eine verbraucherschützende Funktion und damit einen wettbewerblichen Bezug.

OLG Stuttgart, Urteil vom 27. Februar 2020, Az. 2 U 257/19

LG Stuttgart: Keine generelle Klagebefugnis für Dritte

Nach dem Landgericht (LG) Magdeburg und dem LG Wiesbaden haben nun auch die Richter am LG Stuttgart DSGVO-Abmahnungen eine Absage erteilt. Sie entschieden, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Sanktionen abschließend regelt, da sie detaillierte Regelungen enthalte. So sei die Durchsetzung des neuen Datenschutzrechts laut Artikel 57 Aufgabe der Aufsichtsbehörden. Zudem regele die DSGVO in Artikel 79, wie sich Personen, deren Datenschutzrechte vermeintlich verletzt wurden, zur Wehr setzen können. Dazu gehöre auch, dass sich die Betroffenen vertreten lassen können.

Die Stuttgarter Richter wiesen darauf hin, dass die EU-Mitgliedsstaaten laut Artikel 80 bestimmte Einrichtungen damit beauftragen können, die Rechte von Betroffenen auch ohne deren Auftrag durchzusetzen. Dadurch komme zum Ausdruck, dass der europäische Gesetzgeber die Verfolgung von Datenschutzverstößen durch Dritte nur zulassen will, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Auch aus anderen Vorschriften der DSGVO lasse sich keine generelle „Klagebefugnis Dritter“ ableiten.

LG Stuttgart, Urteil vom 15. April 2019, Az. 35 O 68/18 KfH

LG Magdeburg: DSGVO enthält abgeschlossenes Sanktionssystem

Laut eines Urteils des Landgerichts (LG) Magdeburg können Verstöße gegen die DSGVO nicht von Wettbewerbern abgemahnt werden. Denn nach Auffassung der Richter enthält das neue Datenschutzrecht ein abschließendes Sanktionssystem. Das erlaube drei Gruppen die Rechtsdurchsetzung. Dazu gehören:

  • Personen, deren Rechte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt worden sind,
  • Aufsichtsbehörden und
  • klagebefugten Verbände.

Nach Einschätzung der Magdeburger Richter orientiert sich die DSGVO am Prinzip der Verhältnismäßigkeit, da Aufsichtsbehörden ein abgestufter Katalog von Maßnahmen zur Verfügung steht – sie reichen vom bloßen Hinweis bis zu Geldbußen. Fände neben der DSGVO auch das Wettbewerbsrecht Anwendung, würde dieses System durch erhebliche Streitwerte und Vertragsstrafen unterlaufen.

LG Magdeburg, Urteil vom 18.1.2019, Az.: 36 O 48/18

LG Wiesbaden: DSGVO-Verstöße sind nicht wettbewerbsrechtlich abmahnbar

Unternehmen können DSGVO-Verstöße ihrer Wettbewerber nicht über das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) abmahnen, so die Entscheidung des Landgerichts (LG) Wiesbaden. Denn der Gesetzgeber habe mit der Datenschutz-Grundverordnung eingehend geregelt, wie die Datenschutzregeln umzusetzen sind. So hätten Personen, die von einem Datenschutzverstoß betroffen sind, verschiedene Handlungsmöglichkeiten. Dazu gehört etwa, dass sie sich an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden können. Außerdem haben Betroffene bei materiellen und immateriellen Schäden laut Artikel 82 DSGVO Anspruch auf Schadensersatz.

LG Wiesbaden, Urteil vom 5. November 2018, Az.: 5 O 214/18

Das Oberlandesgericht Hamburg sagt „vielleicht“ zur Abmahnung

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg ist der Auffassung, dass DSGVO-Verstöße grundsätzlich abmahnfähig sind, allerdings komme es immer auf den Einzelfall an. So muss bei Abmahnungen nach Einschätzung der Hamburger Richter immer geklärt werden, ob sich ein Wettbewerber durch den Datenschutzrechtsverstoß einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschafft hat. Ist das der Fall, könnten Mitbewerber Verstöße über Paragraf 3a UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) abmahnen.

OLG Hamburg, Urteil vom 25. Oktober 2018, Az. 3 U 66/17

Landgericht Bochum: Kein Unterlassungsanspruch bei DSGVO-Verstößen

Laut einer Entscheidung des Landgerichts Bochum hat ein Verstoß gegen die Informationspflichten nach Artikel 13 DSGVO nicht zur Folge, dass einem Mitbewerber deswegen ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zusteht. Denn nach Auffassung der Richter enthält die Datenschutz-Grundverordnung in den Artikeln 77 bis 84 eine abschließende Regelung, die Ansprüche von Wettbewerbern ausschließt.

LG Bochum, Urteil vom 7. August 2018, Az. I-12 O 85/18

DSGVO-Abmahnungen? Ja, entschied das Landgericht Würzburg!

Eine 7-zeilige Datenschutz-Erklärung genügt den Anforderungen der DSGVO nicht, entschied das Landgericht (LG) Würzburg im Fall einer Rechtsanwältin. Nach Einschätzung der Richter kann dieser Verstoß wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden. Allerdings lieferten sie keine detaillierte Begründung dafür, warum ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung auch einen Verstoß gegen Paragraf 3a UWG darstellt und damit wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden kann.

LG Würzburg, Entscheidung vom Az. 11 O 1741/18

Beitrag vom 23. November 2018, aktualisiert am 19. Juni 2019.

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