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Factoring: Forderungen verkaufen

Factoring: Forderungen verkaufen

Die Zahlungsmoral vieler Kunden macht dem Handwerk zu schaffen. Wer nicht lange auf das Geld warten will, kann seine Forderungen an eine Factoring-Gesellschaft verkaufen. Die zahlt sofort und übernimmt das Forderungsmanagement. Allerdings nicht für alle Gewerke.

Leistungen der Factoring-Gesellschaft

Factoring ist eine vielseitige Finanzdienstleistung, die immer mehr auch von kleineren Unternehmen genutzt wird, beschreibt der Bundesverband Factoring für den Mittelstand das Serviceangebot seiner Mitgliedsunternehmen. Zu den Leistungen des Factoring-Institutes (Factor) zählen:

Finanzierung durch Forderungskauf,

Schutz vor Forderungsausfällen,

Service (Unterstützung im Debitorenmanagement).

Eine Chance für das Handwerk?

Factoring kann die Liquidität verbessern und die Eigenkapitalquote stärken. Mit beiden Problemen haben Handwerksbetriebe in besonderem Maße zu kämpfen. Dennoch nutzen erst 4,1 Prozent der Unternehmen im Handwerk regelmäßig Factoring als Finanzierungsinstrument. Diese Zahl schätzt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) nach einer Befragung von rund 12.000 Handwerksunternehmen. Angesichts der laufenden Verschlechterung der Zahlungsmoral und gestiegener Forderungsausfälle sei jedoch gerade dieses Instrument für viele Handwerksbetriebe geeignet, unsichere Forderungen einzuholen, meint der ZDH. Allerdings stünden dem stärkeren Einsatz im Handwerk die hohen und vielfach von Handwerksbetrieben nicht erreichbaren Eingangsschwellen für Factoring-Geschäfte im Wege.

Rechte und Pflichten beim Factoring

Die Bedingungen, zu denen eine Factor Geldforderungen eines Kunden kauft, können individuell ausgehandelt werden. In der Regel sehen die Vereinbarungen jedoch die folgenden Rechte und Pflichten vor:

Das Factoring-Institut kauft die Geldforderungen seiner Kunden im Rahmen eines zuvor vereinbarten Limits.

Vor und nach Vertragsabschluss prüft der Factor laufend die Bonität der Schuldner seines Kunden.

Der Factor übernimmt im Rahmen eines vereinbarten Limits das volle Risiko, falls eine Rechnung einmal nicht bezahlt werden sollte. Er überweist dem Kunden sofort den Rechnungsbetrag abzüglich der vereinbarten Factoring-Gebühr (im Allgemeinen zwei bis acht Prozent). Zudem behält der Factor zwischen zehn und 20 Prozent des Kaufpreises als Sicherheit für Mängelrügen und Skontoabzüge ein. Sofern der Factor auch die Risikoabsicherung gegen Forderungsausfälle übernommen hat, zahlt er den Sicherheitsbehalt auch im Fall der Nichtzahlung des Schuldners an den Betrieb aus.

Der Betrieb verpflichtet sich seinerseits, dem Factor alle Forderungen zum Kauf anzubieten.

Der Factor muss jedoch nicht alle Forderungen annehmen, etwa wenn seine Bonitätsprüfung ergibt, dass der Schuldner nicht kreditwürdig ist.

In der Regel informiert der Betrieb zudem seine Schuldner darüber, dass die Forderungen an einen Factor verkauft wurden, an den nun der Rechnungsbetrag zu zahlen ist.

Für wen kommt Factoring in Frage?

Der Verkauf von Forderungen an eine Factoring-Gesellschaft (Factor) kommt nicht für jedes Unternehmen in Frage.

Der Umsatz muss stimmen

Factoring lohnt sich nach Angaben von Karl Kaufhold vom Deutschen Factoring-Verband erst ab einer bestimmten Umsatzgröße: Die Mitglieder des Verbandes würden ein Gesamtvolumen der Forderungen von 1,5 Millionen Euro pro Jahr voraussetzen. Wenn ein Factor bei kleinerem Volumen die Kosten kalkulieren wollte, wären sie zu hoch für den Handwerker, und der Factor kann sie selbst auch nicht übernehmen, sagt Kaufhold.

Viele Factor-Institute kaufen zudem nur Rechnungen ab einer bestimmten Mindestgrenze, die nach Auskunft des Bundesverbandes bei manchen Instituten um 50 Euro liegt.

Baugewerke bleiben außen vor

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sieht für Mischbetriebe mit Waren- und handwerklichem Angebot zu denen beispielsweise Raumausstatter gehören gute Chancen für Factoring. Sie können beim Einkauf Skonto geltend machen und somit ein Hauptvorteil des Factoring die verbesserte Liquidität nutzen.

Gut geeignet sind nach Ansicht einiger Factoren auch Dentallabore. Die Zahntechnikerinnung Hannover hat dies erkannt und bietet ihren Mitglieder einen Rahmenvertrag an, der individuell auf die Branche zugeschnitten ist. Zahntechniker haben einen entscheidenden Vorteil gegenüber vielen anderen Handwerkern: Bei ihnen werden Mängel nicht durch Rechnungsabzug ausgeglichen, sondern das Labor muss Ersatz liefern. Und das berührt einen Factor nicht.

Wichtig ist für den Factor die Solidität der Forderung. Sie muss abtretbar sein und darf deshalb nicht mit Reklamationen belastet sein. Daher wird das gesamte Bauhaupt- und -nebengewerbe in der Regel vom Factoring ausgeschlossen. Für Joachim Lempio, Inhaber von Crefo Factoring in Hannover, sind diese Forderungen nur Ausnahmen, nach Prüfung des Einzelfalls. Sobald die VOB im Spiel ist, ist die Gefahr von Einreden, und damit das Risiko, dass der Factor nicht den vollen ausbezahlten Betrag erhält, einfach zu groß, betont auch Volker Ernst vom Bundesverband Factoring für den Mittelstand.

Gewerbliche Kunden sind gern gesehen

Ein wichtiger Aspekt beim Factoring ist die Kundenstruktur: Bonitätsprüfungen sind in der Regel nur bei gewerblichen Kunden möglich. Für Betriebe mit großem Privatkundenanteil kommt Factoring daher nicht in Frage. Da kann man Zahlungsschwierigkeiten erst dann feststellen, wenn der Kunde fast schon steckbrieflich gesucht wird, meint Björn Behrmann von Commercial Factoring in Celle.

Ein hoher Anteil an unternehmerischen Kunden ist auch aus Sicht des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) für Factoring besser geeignet als private Kunden. Vor allem sollte ein Betrieb aber viele Stammkunden haben. Da jeder einzelne Kunde auf seine Bonität überprüft wird, sei bei vielen wechselnden Kunden dieser Aufwand für den Factor schnell unrentabel.

Der Bundesverband Factoring für den Mittelstand empfiehlt Factoring besonders für solche Betriebe, die ihren Kunden lange Zahlungsfristen einräumen. Factor Joachim Lempio sieht Vorteile durch Factoring speziell für Betriebe, die viel für Kommunen arbeiten. Die haben nämlich häufig 90 Tage Zahlungsziel. Und das können wir überbrücken.

Vor- und Nachteile des Factoring abwägen

Factoring bringt dem Betrieb eine Reihe von Vorteilen:

Außenstände gibt es für einen Betrieb, der alle seine Rechnungen über Factoring abwickelt, praktisch nur noch in Höhe des Sicherheitsvorbehalts von zehn bis 20 Prozent. Zahlungsverzug oder eventuelle Zahlungsausfälle seiner Kunden belasten ihn nicht mehr.

So gewinnt der Unternehmer zeitlichen und finanziellen Handlungsspielraum, seine Eigenkapitaldecke wird gestärkt und somit auch seine Position gegenüber den Lieferanten und seiner Hausbank.

Durch die verbesserte Liquidität können beim Einkauf Skonti und Rabatte genutzt werden, durch die je nach Branche ein Teil der Factoring-Gebühr sogar wieder ausgeglichen werden kann.

Der Schutz vor Zahlungsausfällen erhöht die Sicherheit der betrieblichen Finanzplanung.

Einsparungen sind auch im Rechnungswesen möglich, und das Mahnwesen entfällt komplett, falls der Factor diese Leistungen übernimmt. Eine zusätzliche Teilzeitkraft kann oft eingespart werden, wenn die Debitorenbuchhaltung einschließlich Mahnwesen durch den Factor erledigt wird, meint Joachim Lempio von Crefo Factoring in Hannover. Wo bislang kein Mahnwesen bestand, kann der Factor diese Aufgabe direkt übernehmen.

Zudem prüft der Factor fortlaufend die Bonität der Debitoren. Falls der Betrieb eine Kreditversicherung hat, kann er diese Kosten künftig einsparen.

Aus Sicht des Handwerks fallen vor allem zwei Nachteile ins Auge:

Der Factor kann Kunden, deren Bonität er anzweifelt, vom Factoring ausschließen, sich also weigern, die Forderung aufzukaufen.

Zudem kommt das Factoring für viele Handwerksbranchen nicht in Frage, bei denen die Auftragsabwicklung mit Vorauszahlungen und Zwischenabrechnungen erfolgt.

Wahl der Factoring-Art

Factoring wird in zahlreichen Spielarten angeboten:

Offenes Factoring

Beim offenen Factoring informiert der Betrieb den Schuldner über den Verkauf der Forderung an den Factor. Der Schuldner wird aufgefordert, direkt an den Factor zu zahlen.

Halboffenes und stilles Factoring

Wünscht der Betrieb, dass der Schuldner von dem Forderungsverkauf an den Factor nichts erfährt, so kommen das halboffene und das stille Factoring in Frage. Beim halboffenen Factoring wird in der Rechnung lediglich eine anonyme Kontonummer des Factors angegeben. Beim stillen oder verdeckten Factoring erhält der Kunde keinen Hinweis über den Verkauf der Schuld.

Standard-Factoring

Beim Standard-Factoring nutzt der Kunde den kompletten Service des Factors: Finanzierung durch Forderungskauf, volle Risikoabsicherung gegen Forderungsausfälle und Entlastung beim Forderungsmanagement einschließlich Mahnwesen und Inkasso.

Eigenservice-Factoring

Beim Eigenservice-Factoring nutzt der Kunde die Finanzierung und Risikoabsicherung durch den Factor, wickelt das Forderungsmanagement jedoch selbst treuhänderisch für den Factor ab.

Fälligkeits-Factoring

Beim Fälligkeits-Factoring leistet der Factor den Risikoausfall und übernimmt das Forderungsmanagement. Die sofortige Regulierung des Kaufpreises entfällt jedoch.

Unechtes Factoring

Übernimmt der Factor nicht das Ausfallsrisiko für die Forderungen, wird von unechtem Factoring gesprochen.

Den Factor sorgfältig wählen

Nicht unproblematisch ist die Wahl des Factoring-Instituts. Diese Erfahrung hat auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) gemacht. Der Verband hatte sich nach Factoring-Gesellschaften umgesehen, die als Partner für Handwerksbetriebe in Frage kämen. Wir nehmen auch das Baugewerbe und haben keine Grenzen nach unten für die Rechnungssumme, versprachen die Inhaber eines Factoring-Instituts am Telefon. Die haben wir dann zum Gespräch eingeladen und dabei festgestellt, dass sie horrende von Bedingungen hatten, erinnert sich Ute Aschenbrenner, ZDH-Referentin für Unternehmensfinanzierung.

Rückgriffsrecht vorbehalten

Sie empfiehlt, sorgfältig zu beachten, ob der Factor sich ein Rückgriffsrecht vorbehält. Es muss deutlich sein, ob er echtes oder nur unechtes Factoring anbietet, bei dem er Forderungsausfälle mit seinem Kunden verrechnet.

Kosten prüfen

Auch bei den Kosten lohnt es sich, aufzupassen: Aufnahmeprämie, Organisationsbeitrag, Debitorenpauschale, Zinsen, Forderungsausfallversicherung all das muss miteinander verglichen werden. Wenn jemand nur eine Factoring-Gebühr berechnet, die alles enthält, halte ich das nicht für sauber kalkulierbar, sagt Roland Zilk vom Handwerker-Verrechnungszentrum in Nürnberg (HWVZ). Wenn sich die Zins-Rahmenbedingungen ändern, müssen wir unsere Zinsen schließlich auch anpassen, sagt Zilk und plädiert für Kostentransparenz als vertrauensbildende Maßnahme zwischen Handwerksbetrieb und Factor.

Vorbereitung: Auch der Factor prüft genau ...

Manche Handwerker sind kaufmännisch recht unerfahren, klagt der Bundesverband Factoring für den Mittelstand. Wenn sie in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, weil sie nicht richtig kalkuliert haben, kann auch ein Factor nicht helfen. Ein Handwerksbetrieb sollte aus finanzstrategischen Gründen mit uns zusammenarbeiten wollen und nicht, weil die Bank nicht mehr mitspielt, sagt Verbandssprecher Volker Ernst. Ein Factor schaut sich deshalb genau die Bücher eines Betriebs an, bevor er ihm ein Angebot für eine Zusammenarbeit unterbreitet. Aber auch die Zahl der Reklamationen, die bei dem Betrieb üblicherweise auflaufen, sind ein ganz entscheidendes Kriterium. Da ist aber auch viel Bauchgefühl des Factors im Spiel, ob man mit einem Betriebsleiter zusammenarbeiten kann oder nicht, sagt Ernst. Man bekommt ja mit, ob dieser von seinen Einnahmen einen Porsche kaufen oder investieren will.

Der Betrieb muss einfach ordentlich arbeiten, sagt auch Factor Roland Zilk von der Handwerker-Verrechnungszentrum Aktiengesellschaft in Nürnberg (HWVZ). Mit einem schlampig arbeitenden Handwerker werden sie ja verrückt.

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