Auf einen Blick:
- Hektarweise Mauern aus der Halle. Die Investition in einen Maurerautomat hat die Arbeit einiger niedersächsischer Baubetriebe deutlich beschleunigt.
- Nötig sind zur Nutzung der Technik die Maschine selbst, eine hohe Halle und einige Mitarbeiter. Eine digitale BIM-Planung des Gebäudes sei hilfreich, aber kein Muss.
- Die Vorteile lägen nicht nur einer enorm gesteigerten Effizienz und Witterungs-Unabhängigkeit. Selbst bei der Mitarbeitersuche soll die Anschaffung helfen.
Stein auf Stein bei Wind und Wetter: schwer schleppen, schwitzen, eben richtig malochen. Das ist Arbeit, die beim handwerklichen Hausbau einfach dazugehört. Oder nicht? Wie es anders geht, kann Matthias Schöning seit einigen Wochen aus erster Hand berichten.
Der Bauunternehmer aus Bösel bei Oldenburg hat sich mit vier weiteren Bauunternehmen und einem Baustoffhändler zusammengetan und in einen Maurerautomaten investiert. Mit ihm lässt sich die händische Mauerwerkserstellung teilautomatisieren und vereinfachen: Die Mauern für ein Projekt werden in einer Halle vorgefertigt und dann als Fertigelement auf die Baustelle gebracht.
„Auf der Baustelle schließen wir die Mauerwerksarbeiten dadurch sechsmal schneller ab“, berichtet Schöning. Diesen Mai haben die Partner den Maurerautomaten in Betrieb genommen. Dafür gründeten sie mit der Mauerwand System GmbH, eine Gesellschaft mit eigenen Mitarbeitern speziell für die Mauerwerksproduktion.
Was braucht es noch zur Produktion? „Vor allem braucht man dafür eine ziemlich hohe Halle“, sagt Schöning. Rund 35 mal 50 Meter und 12 in der Höhe messe die der Niedersachsen. Das Bauunternehmen Diekgerdes GmbH, Mitgründer der Mauerwand System GmbH, hatte die Halle bereits vor zwei Jahren zu diesem Zweck gebaut. Zunächst soll hier im Einschichtbetrieb Mauerwerk entstehen, später soll ein Zweischichtbetrieb eingeführt werden.
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So funktioniert der Maurerautomat
Herzstücke der Halle sind ein großer Unterdeckenkran, der die entstandenen Mauern bewegt, ein millimetergenau ausgeglichener Hallenboden und der Maurerautomat – oder genauer: Maurerhalbautomat. Arbeiter sind auch hier noch am Werk; schwer schleppen müssen sie aber nicht und einige Arbeitsschritte laufen automatisch. Der Automat gleicht einem großen Portalrahmen, der mit einer Arbeitsplattform ausgestattet ist. Damit ließen sich eine lange oder zwei kürzere Wände nebeneinander herstellen. „Wir können Wände bis 3,5 Meter Höhe und 8,5 Meter Breite mit dem Automaten fertigen“, erklärt Schöning.
Die Arbeiter stehen zusammen mit den zu verbauenden Steinen auf der Plattform und setzen mit Hilfe einer Hebevorrichtung die erste Ebene Steine. Dann fährt eine Maschine die Steine an und verteilt vollautomatisch eine gleichmäßige Schicht Mörtel auf ihnen. Es folgt die nächste Ebene. Je höher die Mauer wird, desto höher wird die Arbeitsplattform angehoben. Ist eine Mauer geschafft, fährt der Portalrahmen ein Stück vor und die nächste Mauer kann gebaut werden.
Die fertigen Wände werden mit Gurten verpackt und auf Tief- oder Zwischenlader für den Baustellentransport gesetzt. Dort brauche es nur einen Kran und eine Traverse um die vorgefertigte Mauer an ihren Bestimmungsort in ein Mörtelbett zu heben. „Rüberheben, einsetzen, ausrichten – das dauert nicht mehr als eine viertel Stunde“, sagt Matthias Schöning.
Ein Automat, hektarweise Mauerwerk
Zusammengetan haben sich die fünf beteiligten Unternehmen aus zwei Gründen. „Die Investitionssumme war sehr hoch und der Output eines einzelnen Automaten übersteigt den Bedarf eines Bauunternehmens mit 20 bis 30 Mitarbeitern vielfach“, erklärt Matthias Schöning, „ein paar Hektar Mauerwerk im Jahr lassen sich damit schon realisieren“.
Die beteiligten Unternehmen könnten die Produktionskapazitäten des Systems aktuell mit ihren eigenen Projekten gerade noch komplett abnehmen. Das allein sei aber nicht Ziel der Investition. Man wolle einen Teil der Vorproduktion für eigene Projekte nutzen und darüber hinaus auch für Kollegen fertigen. „Wir haben jetzt schon konkrete Anfragen, die wir demnächst bedienen wollen“, erklärt Schöning.
Mit einem Ausbau der Produktionskapazitäten in der Halle könnte die Unternehmensgruppe den Output noch signifikant steigern. „Aktuell arbeiten wir mit einer Produktionsstraße für den Maurerautomaten. Sechs wären in der Halle möglich“, erzählt der Bauunternehmer.
Welche Vorteile bringt der Automat?
Der große Geschwindigkeitsgewinn bei der Bauwerkserstellung ist nicht der einzige Vorteil, den die Maschine bringt. „Die Kosten sind am Ende dieselben“, sagt Schöning, „aber der Kunde bekommt den Mehrwert, dass wir schneller sind und eine kontrolliert gleichbleibende Qualität liefern können.“ Außerdem ließen sich damit in derselben Zeit mehr Projekte mit derselben Personaldecke realisieren.
Auch witterungsbezogen bringe die Vorfertigung in der Halle Vorteile. Schließlich lasse die sich beheizen, wodurch Mauerwerk auch geklebt werden kann, wenn die die Temperaturen im Freien dafür eigentlich zu niedrig sind.
Klare Vorteile sieht Matthias Schöning auch für die Mitarbeiter: „Der Maurerautomat sorgt dafür, dass das Team auf der Baustelle mehr von den Arbeiten macht, die Spaß machen“, erklärt der Chef der Theo Schöning GmbH. Entlastung liefert der Automat speziell bei der Erstellung des Hintermauerwerks. Das sei schwere Arbeit, von der beim fertigen Haus nichts mehr zu sehen ist, wenn es verputzt oder verblendet wurde. Auf Verblendarbeiten zum Beispiel, bei denen man die schönen Ergebnisse am Ende des Tages sehe, hätten seine Mitarbeiter viel mehr Lust.
„Tatsächlich ist die Umstellung auf den Maurerautomaten bei uns im Team sehr gut angekommen“, sagt Schöning. Die beteiligten Betriebe sehen den Maurerautomaten daher auch als Argument bei der künftigen Mitarbeitersuche im angespannten Fachkräftemarkt.
Voraussetzung: eine genaue Planung
„Bei einem aktuellen Mehrfamilienhaus-Projekt haben wir jetzt geplant, alle Mauern an einem Tag aufzustellen. Da sind wir sonst über eine Woche dabei“, berichtet Matthias Schöning. An die neue Geschwindigkeit müsse man sich auch in der Planung gewöhnen. „Früher hatten wir zwei Wochen Zeit um uns zum Gedanken um die Decke zu machen. Jetzt sind es nur wenige Tage, bis der nächste Fertigungsschritt im Rohbau kommt“, sagt der Unternehmer. „Das kann einen fast ins Schwitzen bringen.“
Voraussetzung, damit sich ein Maurerautomat lohnt, sei eine genaue Planung zu Beginn eines Projektes. „Die Planung muss stehen und stimmen. Wenn die Wände fertiggestellt sind, können wir vor Ort nicht einfach mal die Maße des Baus ändern“, sagt Schöning.
Eine digitale Objektplanung sei dafür zwar kein Muss, sie helfe aber ungemein weiter. Die Theo Schöning GmbH konstruiert Bauten seit Jahren mit der Building Information Modeling (BIM) Methode. „Wir machen eine steingenaue Planung des Gebäudes, in der sämtliche Maße und Mauerwerksregeln von einer Software überprüft werden“, erklärt der Unternehmer. Diese interne Planung reicht der Baubetrieb weiter zur Werkplanung an die Mauerwerksherstellung, wo die Steine exakt nach der digitalen Vorgabe zugeschnitten und zu Mauern verbaut werden.
So digitalisiert wie die Handwerker aus Bösel müssten externe Kunden nicht zwingend sein. Für Betriebe ohne eigene BIM-Planung könnten die Konstrukteure der Mauerwand System GmbH die Werkplanung zur Mauerwerkserstellung übernehmen.
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