Auf einen Blick:
- Wachsendes Ärgernis: Immer mehr Betriebe werden Opfer von Kunden, die mit schlechten Online-Bewertungen Preisnachlässe erzwingen wollen.
- Was Kunden und Betriebe oft nicht wissen: Die Androhung so einer negativen Bewertung ist eine Straftat.
- Karsten Gulden, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht rät Betrieben: Klären Sie den Kunden über die Folgen seines Vorhabens auf. In jedem Fall sind Geld- und grundsätzlich auch Freiheitsstrafen möglich.
- Außergerichtliche Wege: Mit einer Unterlassungserklärung weisen Sie den Bewerter in die Schranken. Er trägt die Kosten von etwa 750 Euro.
- Spezialfall anonyme Bewertung: Auch die müssen Sie oft nicht schweigend hinnehmen. Bei falschen Tatsachenbehauptungen ist die Bewertungsplattform in der Pflicht.
Auf der Suche nach dem richtigen Produkt, Restaurant oder Handwerksbetrieb verlassen sich Internetnutzer gerne auf die Bewertungen und Erfahrungsberichte der Netz-Community. Auch Karsten Gulden, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei Gulden Röttger Rechtsanwälte, ist ein Freund von Online-Bewertungen. So lange sie ehrlich sind.
Zunehmender Missbrauch von Bewertungsportalen
Das Problem: „Immer mehr Kunden missbrauchen sie, um sich einen persönlichen Vorteil zu verschaffen“, sagt Röttger. Denn mit wachsender Beliebtheit der Bewertungsportale werden auch erpresserische Bewertungen immer populärer. So hat Gulden in den letzten Jahren 500 bis 600 Mandanten betreut, die mit erpresserischen Bewertungen zu kämpfen hatten. Im Interview erklärt der Medienanwalt, wie sich Unternehmen dagegen richtig zur Wehr setzen.
Welche Ziele verfolgen Kunden, wenn sie Bewertungen als Druckmittel einsetzen?
Karsten Gulden: Viele drohen einfach mit schlechten Bewertungen, um einen Preisnachlass zu erreichen. Sie kennen ihre Macht, denn so eine Bewertung hat direkten Einfluss auf den Umsatz des Unternehmens.
Aufklärung hilft: erpresserische Bewertungen sind Straftaten
Was kann ich als Unternehmer tun, wenn mir ein Kunde mit einer schlechten Bewertung droht?
Karsten Gulden: Lassen Sie sich niemals darauf ein. Stattdessen klären Sie den Kunden über die Folgen seines Vorhabens auf: Droht er mit einer schlechten Bewertung, um einen Preisnachlass zu bekommen, handelt es sich um Erpressung. Droht er ohne konkrete finanzielle Forderung, ist es Nötigung. In beiden Fällen begeht er eine Straftat. Viele Kunden wissen das nicht. Erklären Sie ihm nüchtern, dass er sich mit dem Vorhaben strafbar macht und Sie dagegen rechtliche Maßnahmen ergreifen werden.
Welche Konsequenzen drohen dem Kunden maximal?
Karsten Gulden: Bei Nötigung und Erpressung sind grundsätzlich Geld- und Freiheitsstrafen möglich. Ein Urteil mit Freiheitsstrafe ist mir allerdings nicht bekannt. Mit Kosten von 4000 Euro sollte der erpresserische Bewerter aber rechnen, wenn es zur Verurteilung kommt. Oft lassen sich die Verfahren jedoch auch außergerichtlich lösen.
Richtig wehren per Unterlassungserklärung
Wie sieht der zivilrechtliche Weg aus?
Karsten Gulden: Sind die Adressdaten des Bewerters bekannt, bekommt er von uns eine Abmahnung. Er muss den Eintrag löschen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterschreiben. Das tut ihm mit Kosten von 750 Euro auch finanziell weh. Und das Unternehmen ist gut gegen weitere Bewertungen dieses Kunden abgesichert.
Was ist bei anonymen Bewertungen möglich?
Karsten Gulden: Das hängt vom Einzelfall ab: Steht in der anonymen Bewertung lediglich, dass das bewertete Unternehmen schlecht ist, ist das eine Meinungsäußerung. Dagegen kann man nicht vorgehen. Auch kann ich vom Bewertungsportal grundsätzlich keine Herausgabe der Nutzerdaten verlangen. Aber: Stehen in der Bewertung falsche Tatsachenbehauptungen, sollte man das Portal darüber in Kenntnis setzen. Denn ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme haftet das Portal. Es muss die Bewertung dann überprüfen und im Zweifel löschen. Bei negativen Bewertungen auf Plattformen des Google-Konzerns zum Beispiel klären wir die Fälle direkt mit Google. Das ist gängige Praxis.
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