Foto: Martina Jahn

Inhaltsverzeichnis

Traumberuf Dachdeckerin

Spaß am Handwerk: Diese Meisterin vermittelt Leidenschaft

Wer seinen Traumberuf finden will, muss sich umsehen und sich ausprobieren. Dachdeckermeisterin Jaqueline Gerschler hat das getan. Jetzt zeigt sie anderen, wieviel Leidenschaft im Handwerk steckt.

Auf einen Blick:

  • Über Umwege hat Jaqueline Gerschler den Beruf gefunden, der ihr Spaß macht und die Tätigkeiten vereint, die ihr liegen.
  • Die Dachdeckermeisterin zeigt auf ihrer Website, ihrem Video-Blog und in sozialen Netzwerken, was ihr Handwerk ausmacht. Das Ziel: Sie will aufklären, informieren und begeistern.
  • Vor allem jungen Frauen rät sie: „Schaut euch um und probiert euch aus.“ Das Handwerk sei ein unterschätztes Gewerbe. Es biete gute Karrieremöglichkeiten und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – weiß die zweifache Mutter aus eigener Erfahrung.

Selbstbewusst steht Jaqueline Gerschler an diesem Morgen auf dem Baugerüst: Kurze Zunfthose, weißes Poloshirt, Weste und Sicherheitsschuhe. Die langen Haare hat sie zum Zopf geflochten. Ein Einfamilienhaus wird neu eingedeckt, dafür ist das gesamte Team von Gerschler Bedachungen aus Burgdorf bei Hannover im Einsatz. Die Dachdeckermeisterin, ihr Mann Janes, ebenfalls Meister, sowie ein Azubi und ein Geselle.

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Die Vielfalt des Handwerks: Planen, kreativ sein, Kundenwünsche erfüllen

Am liebsten würde die 36-Jährige jeden Tag mit auf die Baustelle fahren, die Arbeit an der Luft macht ihr am meisten Spaß. „Das passt aber zeitlich leider nicht immer“, sagt sie. Ihren zwei kleinen Töchtern widmet sie viel Zeit an den Nachmittagen. Außerdem erledigt sie im Betrieb ihres Mannes die Büroarbeit, plant Baustellen und Routen, beschafft Material und berät Kunden bei der Sanierung. Trotz der täglichen Herausforderung ist Dachdeckerin – über Umwege – ihr Traumberuf geworden.

„Ich bin Planerin, Eventmanagerin und Designerin gleichzeitig“, erklärt sie. Dazu komme die handwerkliche Arbeit: vom Umgang mit dem Schweißgerät bis zu filigranen Dachklempnerarbeiten. „In dem Beruf findet jeder seine Nische und kann sich spezialisieren – man muss es nur herausfinden“, betont die Handwerkerin. Sie durfte sich ausprobieren: An der Seite ihres Vaters war sie auf Baustellen unterwegs und hat im Anschluss ihren Ausbildungsvertrag unterschrieben.

Auf allen Kanälen für das Handwerk trommeln

Die Vielfalt ihres Handwerks will Gerschler mit anderen teilen. Deshalb hat sie sich in den vergangenen zwei Jahren als „Die Dachdeckerin“ einen Namen gemacht. Eine Website, ein Blog und Videos auf Youtube bilden das Grundgerüst. Die Inhalte teilt Gerschler auf Instagram und Facebook.

„Der Auslöser war, dass immer mehr befreundete Familien Häuser bauten und Fachfragen hatten“, erinnert sie sich. In den Videos wollte sie Laien erklären, was Dachdecker machen. „Die meisten können sich nicht viel unter dem Beruf vorstellen“, sagt sie.

Die Videos auf ihren Youtube-Kanal stoßen auf Interesse: Nicht selten schauen mehr als 5000 Interessenten die Erklärfilme an. Im aktuellsten Video sieht man sie auf einem Steildach sitzen. Sie erläutert den Zuschauern beispielsweise, welche Eindeckmethoden es gibt, erklärt Unterschiede der Ziegel-Beschichtung und warum jedes Steildach Treppenziegel haben muss.

Die Begeisterung für ihr Gewerk habe ihr den Auftritt vor der Kamera erleichtert. Angespornt von der positiven Resonanz auf ihre Videos zeigte sie in den Social Media-Kanälen nach und nach mehr aus ihrem Arbeitsalltag. Ihr Ziel: den handwerklichen Nachwuchs auf den Kanälen zu erreichen und als Vorbild für andere Frauen in dem Handwerk zu dienen. Mit Erfolg: Die Fotos von Baustellen oder aus dem Familienalltag bekommen nicht selten bis zu 300 Likes. Bei Instagram folgen ihr knapp 3000 Personen – davon sind die meisten selbst Handwerker.

Frauen müssen schlagfertig sein

Ihre Medienarbeit zeigt Wirkung. Gerschler bekomme regelmäßig Anfragen von jungen Frauen, die sich nicht trauen, sich für eine Ausbildung in Bauberufen zu bewerben. Und sie hilft ihnen gerne weiter. „Ich möchte anderen Mädchen die Scheu vor der vermeintlichen Männerdomäne nehmen und versuche sie zu ermutigen, zu testen, welcher Beruf etwas für sie sein könnte“, sagt die Dachdeckermeisterin. Schließlich habe sie selbst nach ihrer ersten Ausbildung zur Bürokauffrau nochmal auf die Dachdeckerlehre umgeschwenkt.

Die Handwerkerin macht aber auch kein Geheimnis daraus, dass Frauen es auf Baustellen nach wie vor schwerer haben als ihre männlichen Kollegen. „Frauen müssen schlagfertig sein und sich nicht alles gefallen lassen“, weiß sie aus Erfahrung. Dumme Sprüche seien auf Baustellen keine Seltenheit. Sie habe gelernt, da drüberzustehen. Und das Verhalten der Kollegen habe sie angespornt zu zeigen, was sie kann, was sie schließlich zum Meistertitel geführt hat.

Mut und Umdenken sind gefragt

Und was können Betriebe tun, um mehr Frauen für das Handwerk zu begeistern? „Es braucht mehr Mut und Umdenken“, ist sich Gerschler sicher. Betriebe müssten sich von starren Strukturen lösen und sich für junge Frauen öffnen. Sie rät Betrieben, Praktika anzubieten. Und Jugendlichen rät sie, ausgiebig zu testen, ob ihnen die Tätigkeiten liegen oder ob das Team zusammenpasst.

Bei der Nachwuchssuche wird die Meisterin auch selbst aktiv: Auf Berufsmessen und in Schulen präsentiert sie ihren Beruf und geht auf Jugendliche zu. „Wir brauchen den Draht zu Schülern. Wir müssen sie begeistern“, sagt sie. Denn die Karrieremöglichkeiten im Handwerk seien vielfältig und unterschätzt.

Ein weiterer Pluspunkt, den sie am Handwerk mag: die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Mit Flexibilität und guten Absprachen kann man alles regeln“, ist Jaqueline Gerschler überzeugt. Und gleich nach unserem Gespräch macht sie sich auf den Weg nach Hause. Ihre Kinder hatte sie während unserem Ortstermin bei ihrer Mutter untergebracht – die Kita hatte Ferien.

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