Auf einen Blick:
- Das Wachstumschancengesetz könnte dem Handwerk eine Reihe von Steuersenkungen und bürokratischen Vereinfachungen bringen.
- Es geht um kleine steuerliche Erleichterungen, zum Beispiel bei Betriebsfeiern und Präsenten. Es geht um handfeste Liquiditätsvorteile bei der Umsatzsteuervoranmeldung. Und es geht um Investitionsprämien und Steuervorteile für Klimaschutzinvestitionen.
Eigentlich wollte die Bundesregierung am Mittwoch den Regierungsentwurf für ein „Wachstumschancengesetz“ beschließen. Diesen Beschluss hat das Kabinett nun erst einmal auf Ende August vertagt.
Der Grund: Die Bundesfamilienministerin hat ein Veto gegen die geplanten Steuererleichterungen von rund 6 Milliarden Euro jährlich eingelegt. Ihr geht es um mehr Geld für die Kindergrundsicherung.
Die Aufregung darüber ist groß in Politik, Wirtschaft und Betrieben. Löst die Bundesregierung dieses Problem nicht, würden dem Handwerk eine ganze Reihe von Steuersenkungen, bürokratischen Vereinfachungen sowie Investitions- und Liquiditätshilfen entgehen. Manche davon kosten den Staat keinen Euro an Steuern.
Hier 7 Beispiele mit kleinen und großen Erleichterungen, die das Wachstumschcancengesetz bringen könnte.
1. Ist-Besteuerung: Grenze steigt auf 800.000 Euro
Aktuell gilt: Betriebe, deren Umsatz 600.000 Euro übersteigt, müssen die Umsatzsteuer für den Monat der Rechnungsstellung voranmelden und abführen (Soll-Besteuerung). Auf Antrag können sie jedoch zur Ist-Besteuerung wechseln. Dann wird die Umsatzsteuer erst im Monat des Zahlungseingangs fällig. (§ 20 Satz 1 Nr. 1 UstG)
- Geplant: Die Grenze soll auf 800.000 Euro steigen.
- Gilt für: Umsatzsteuereinnahmen ab 2024.
- Vorteile: mehr Liquidität, weniger Bürokratie. Steuerersparnis: 0 Euro.
2. Buchführungspflicht: Grenze steigt auf 800.000 Euro,
Aktuell gilt: Handwerksbetriebe mit einem Gesamtumsatz von mehr als 600. 000 Euro pro Jahr sind steuerlich und handelsrechtlich buchführungspflichtig. Liegt der Umsatz niedriger, können sie die einfachere Einnahmen-Überschuss-Rechnung wählen. (§ 141 AO, § 241a HGB)
- Geplant: Die Grenze soll auf 800.000 Euro steigen.
- Gilt ab: 2024.
- Vorteile: mehr Liquidität, weniger Bürokratie. Steuerersparnis: 0 Euro.
3. Sofort-Abschreibung: GWG-Grenze steigt von 800 auf 1.000 Euro
Aktuell gilt: Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) können Betriebe bei einem Netto-Kaufpreis von maximal 800 Euro sofort abschreiben. (§ 6 Abs. 2, Abs. 2a Satz 1 und Satz 2 EstG)
- Geplant: Die Grenze soll auf 1.000 Euro steigen.
- Gilt für: ab 2024 angeschaffte Wirtschaftsgüter.
- Steuerersparnis: 550 Millionen Euro pro Jahr.
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4. Sonderabschreibungen steigen auf 50 Prozent
Aktuell gilt: Unternehmen mit maximal 200.000 Euro Gewinn pro Jahr können insgesamt 20 Prozent der Investitionskosten als Sonderabschreibung geltend machen – zusätzlich zur regulären Abschreibung (AfA). (§ 7g Abs. 5 EstG)
- Geplant: Künftig können Betriebe bis zu 50 Prozent der Investitionskosten abschreiben.
- Gilt für: ab 2024 angeschaffte Wirtschaftsgüter.
- Steuerersparnis: Durchschnittlich 225 Millionen Euro pro Jahr.
5. Geschenke: Freigrenze steigt auf 50 Euro
Aktuell gilt: Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde können Sie als Betriebsausgaben absetzen, wenn die Kosten pro Empfänger und Jahr eine Freigrenze von 35 Euro nicht übersteigen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EstG)
- Geplant: Die Freigrenze wird auf 50 Euro erhöht.
- Gilt für: Geschenke ab 2024.
- Steuerersparnis für Betriebe: 20 Millionen Euro pro Jahr.
- Tipp: Beachten Sie schon jetzt die 5 Steuerregeln für Kundengeschenke. Sonst ist der Betriebsausgabenabzug futsch.
6. Betriebsfeiern: Freibetrag steigt auf 150 Euro
Aktuell gilt: Für Betriebsfeiern können Unternehmen bis 110 Euro pro Mitarbeiter als Betriebsausgaben als Freibetrag geltend machen. (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EstG)
- Geplant: Der Freibetrag soll auf 150 Euro steigen.
- Gilt ab: 2024.
- Steuerersparnis: 200 Millionen Euro.
7. Prämien und Steuervorteile für Klimaschutz-Investitionen
Geplant ist die Einführung einer Investitionsprämie in Höhe von 15 Prozent für Investitionen, die dazu beitragen, die Energieeffizienz des Unternehmens zu verbessern. Zudem sollen solche Investitionen steuerlich durch Sonderabschreibungen gefördert werden.
- Gilt für: Investitionen bis 31. Dezember 2027.
- Steuerersparnis: 390 Mio. Euro pro Jahr.
Was noch im Wachstumschancengesetz geplant ist
Weitere Punkte sind zum Beispiel:
- 3.000 Millionen Euro für die befristete Aussetzung der Mindestgewinnbesteuerung von 2024 bis 2027 und ab 2028 Anhebung des Sockelbetrags beim Verlustvortrag (§ 10d EStG und § 10a GewStG)
- 170 Millionen Euro für den Verzicht auf Besteuerung der Soforthilfe Dezember
- 620 Millionen Euro für die Verbesserung der Rücklagenbildung (§ 34a EstG)
- 20 Millionen Euro für höhere Freigrenzen bei Einnahmen aus Vermietung (§ 3 Nr. 73 EstG)
- 70 Millionen Euro für die Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand (§ 9 Abs. 4a EstG)
Handwerk kritisiert die Verschiebung
Erste Reaktion aus dem Handwerk: „Einige am Kabinettstisch haben den Schuss wohl noch nicht gehört“, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. „Bevor etwas verteilt werden kann, muss es erwirtschaftet und erarbeitet werden.“ Anders als alle „anderen wesentlichen Industrieländern rutschen wir weiter in Richtung Rezession“.
Die Verschiebung sende „das falsche Signal“, warnt auch Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Die Entlastungsmaßnahmen seien „lange überfällig“. Transformation könne nur gelingen, wenn Mittelstand und Handwerk wettbewerbsfähig bleiben.
Das Wachstumschancengesetz habe „das Potenzial, wichtige Impulse für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum zu setzen“. Es sei „überfällig, die lang angekündigten Entlastungen nun auch auf den Weg zu bringen.“
Folgen für die Pflicht zur elektronischen Rechnung ab 2025?
Auch die geplante Einführung einer Pflicht zur elektronischen Rechnung zwischen Geschäftspartnern ist Teil des Wachstumschancengesetzes. Da diese Pflicht erst ab Januar 2025 greifen soll, ist die Vertagung um zwei Wochen noch nicht gravierend.
Umstritten ist indes, ob das Gesetz hier die erwarteten Erleichterungen bringt – oder erst einmal neue Probleme schaffen wird.
Tipp: Die Wahrscheinlichkeit für die elektronische Rechnungspflicht ist hoch. Sie sollten ab 1. Januar 2025 mit ersten elektronischen Rechnungen von Lieferanten rechnen. Darauf können sich Handwerksbetriebe mit Rechnungen im ZUGFerD-Format schon jetzt problemlos einstellen.
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