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Personal

Ausbildung in Corona-Zeiten: Hürden und Zuversicht

Die Berufsorientierung brach weg, da wichen diese Betriebe erfolgreich aufs Internet aus. Experten rechnen mit Nachholeffekten bei Ausbildungsverträgen.

Auf einen Blick:

  • Der Shutdown in der Corona-Krise hat die Suche nach Auszubildenden verkompliziert: Ein Teil der Betriebe hinterfragt sein Ausbildungsengagement, für die andere wurde der Kontakt zu Schülern schwierig.
  • Bei der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim lag die Zahl neuer Ausbildungsverträge im Mai 20 Prozent unter der des Vorjahres. Nachholeffekte im Juni und Juli können diesen Einbruch wohl nicht komplett ausgleichen.
  • Viele Betriebe wollen trotz Corona-Komplikationen und der neu eingeführten Mindestvergütung weiter ausbilden.

Ausbildung in Corona-Zeiten ist eine komplizierte Sache geworden. Wirtschaftliche Sorgen lassen manchen Handwerker zögern, neue Verträge abzuschließen. Eine Umfrage des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH) ergab im April, dass rund ein Viertel der teilnehmenden Betriebe ihr Ausbildungsengagement hinterfragen. Fast die Hälfte will hingegen weiter ausbilden – für sie erschwerte der Shutdown den Kontakt zu den Schülern.

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„Wir hatten tatsächlich im Mai 2020 etwa 20 Prozent weniger neu eingetragene Ausbildungsverträge als im Vorjahr“, bestätigt Goran Miladinovic, Fachbereichsleiter Berufsbildung bei der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. Doch diese Momentaufnahme zeige nicht das ganze Bild: „Die Zahl korrespondiert nicht mit dem, was wir aus den Betrieben hören.“ Viele Handwerker seien weiter bereit auszubilden, doch die Corona-Krise habe die Suche nach Auszubildenden erschwert. „Es ist praktisch die gesamte Berufsorientierung zusammengebrochen: Ausbildungsmessen, Schulbesuche oder Praktika sind komplett wegegefallen“, so Miladinovic. Dazu kam die Herausforderung, mit der Pandemie-Situation umzugehen. „Viele Betriebe hatten dringendere Sorgen als neue Ausbildungsverträge.“

Konditormeister Michael Wiecker bildet trotz Azubi-Mindestvergütung aus

So wie Konditormeister Michael Wiecker aus Wernigerode. Sein Café am historischen Marktplatz musste über Wochen schließen, das gesamte Ostergeschäft fiel aus. Die Wiedereröffnung unterlag strengen Auflagen. Trotzdem wird Wiecker auch in diesem Jahr wieder ausbilden. Zwei bis drei Konditorlehrlinge und eine Auszubildende als Fachverkäuferin will er neu einstellen. Bei ihm hat der Lockdown sogar die Azubi-Suche eher beschleunigt: „Viele Schüler informieren sich online und hatten Zeit für eine Bewerbung.“ Zwei Verträge sind unterschrieben, für zwei weitere Azubis ist noch Platz. Für Wiecker ist die Ausbildung ist einer der Grundpfeiler des Betriebes. Es gehe nicht allein um eine wirtschaftliche Betrachtung. Die Mindestvergütung, die jetzt auch Konditor-Azubis bekommen, steigere zwar die Kosten, aber: „Wenn wir nicht ausbilden, haben wir irgendwann keine Fachkräfte mehr.“ Seine Gesellen habe er alle selbst ausgebildet.

Zimmerermeister Bastian Strohmeyer sieht Azubis als Fachkräfte von morgen

Für den eigenen Betrieb bildet auch Bastian Strohmeyer aus. Der Zimmerermeister aus Stolzenau bei Hannover will in diesem Jahr ein bis zwei neue Auszubildende einstellen und das Ziel ist, sie auf Dauer zu halten. In diesem Jahr habe er aktiver gesucht, über Social Media und die Tageszeitung „Wir haben drei gute Bewerbungen auf dem Tisch, das reicht uns“, sagt Strohmeyer. Der Shutdown brauchte ihn dabei nicht aus dem Gleichgewicht. „Wir konnten als Zimmereibetreib die ganze Zeit weitermachen.“ Seit 111 Jahren gibt es seinen Betrieb, Strohmeyer führt ihn in der vierten Generation. „Wir haben schon andere Krisen gut durchgestanden.“

Azubi-Prämie – ein zweischneidiges Schwert?

Betrieben, die noch zögern, will Goran Miladinovic Mut machen. „Ausbildung ist eine strategische Entscheidung für die Zukunft des Betriebes“, betont er. „Sie sollte nicht wegen der Corona-Pandemie auf Eis gelegt werden.“ Die Ausbildungsberater der Handwerkskammer berieten Betriebe jederzeit in allen Ausbildungsfragen vom Vertrag bis zur Prüfung. Die geplante Azubi-Prämie der Politik sieht er hingegen als zweischneidiges Schwert: „Natürlich ist die finanzielle Unterstützung ein positives Symbol. Der geplante Impuls darf sich aber nicht zu einem Hemmschuh entwickeln. Eine konkretisierte Förderrichtlinie zur Umsetzung der Ausbildungsprämie muss daher rasch vorgelegt werden.“

Ob im Ausbildungsjahrgang 20/21 nun insgesamt weniger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen werden, möchte Miladinovic nicht voraussagen. Er rechnet aber damit, dass die Delle im Mai mit zusätzlichen Verträgen im Juni und Juli zumindest teilweise ausgeglichen wird. „Uns hat noch kein Betrieb gebeten, seine Anzeige aus der Lehrstellenbörse zu nehmen. Es werden wahrscheinlich weniger Ausbildungsverträge in diesem Jahr verzeichnet werden, aber nicht in der Größenordnung von minus 20 Prozent.“ Und schließlich sei der Start in die Ausbildung nicht nur zum 1. August, sondern auch zum 1. September oder 1. Oktober möglich.

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