- Ein Urteil des Finanzgerichts Münster zeigt, wie Betriebsprüfer des Finanzamtes durch Scheinfirmen den Auftraggebern von Kolonnenschiebern und Abdeckrechnungen auf die Spur kommen.
- Was das Urteil auch zeigt: Bei Aufträgen an eine Scheinfirma liegt die Beweislast gegenüber dem Fiskus beim Auftraggeber – und das kann trotz umfangreicher Nachweise gründlich schiefgehen.
- Die Folge: Aus dem Betriebsausgabenabzug wird plötzlich eine steuerpflichtige verdeckte Gewinnausschüttung.
- Ganz schlecht in einem solchen Fall für den Auftraggeber: keine Personallisten auf der Baustelle und ein schwaches Personengedächtnis.
Bei einer Betriebsprüfung in einem Baubetrieb 2014 in NRW entdeckt das Finanzamt Zahlungen an einen Subunternehmer. Die Betriebsprüfer erkennen die Zahlungen nicht als Betriebsausgaben, da es sich beim Subunternehmer um eine Scheinfirma handelte. Mehr als 80.000 Euro soll der Baubetrieb deswegen als verdeckte Gewinnausschüttung nachversteuern. Ein Zufallsfund war das für den Fiskus allerdings nicht.
Subunternehmer: Strohfrau für Kolonnenschieber und Abdeckrechnungen
Die Firmenchefin des Subunternehmens hatte in einem Gerichtsverfahren 2013 gestanden, dass sie als Scheinfirma für „Kolonnenschieber“ tätig gewesen sei: So konnten nicht ordnungsgemäß gemeldete Betriebe anderen Bauunternehmen ihre Leistungen anbieten und ihre Arbeiten abrechnen.
Außerdem habe sie gegen Bezahlung „Abdeckrechnungen“ für ordnungsgemäß gemeldete Bauunternehmen ausgestellt. Dadurch konnten solche Unternehmen eigene Ausgaben für Schwarzarbeit in Buchhaltung und Steuererklärungen berücksichtigen.
Die Frau wurde unter anderem wegen Steuerhinterziehung zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Damit nicht genug: Das Urteil leitete die Polizei an das zuständige Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung weiter. So landete es auch bei den Betriebsprüfern.
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Auftraggeber legt zahlreiche Nachweise vor
Mit den Informationen über den Subunternehmer nahmen die Betriebsprüfer 2014 einen der Auftraggeber ins Visier, eine GmbH im Baubereich. Deren Geschäftsführer hielt dagegen: Sein Unternehmen habe bei der Beauftragung des Subunternehmer „alles getan, was man von einem ordentlichen Unternehmer erwarten könne“.
Als Nachweis für seine Bemühungen legte er Unbedenklichkeitsbescheinigungen für den Subunternehmer vor: vom Finanzamt, von der Krankenkasse und von der Berufsgenossenschaft.
Damit nicht genug: Auch Nachweise über die Gewerbeanmeldung, die Freistellungsbescheinigung vom Finanzamt, eine Haftpflichtversicherung, die Handwerkskarte und den Nachweis der Bundeagentur für Arbeit über eine Betriebsnummer des Subunternehmers hatte der Auftraggeber in seinen Akten. Hinzu kamen Werkverträge, Rechnungen und Zahlungsbelege für jedes Bauprojekt, an dem der Subunternehmer beteiligt war.
Daher habe es sich aus seiner Sicht bei dem Subunternehmer zweifelsfrei um eine ordnungsgemäße Firma gehandelt, schloss der Geschäftsführer. Es sei ihm als Auftraggeber nicht zuzumuten, sich unter solchen Umständen auch noch zu erkundigen, ob die Arbeitnehmer tatsächlich für das Subunternehmen tätig sind.
Doch den Betriebsprüfern genügten diese Nachweise nicht: Bei dem Subunternehmer habe es sich nachweislich um eine Scheinfirma gehandelt. Daher müsse der Auftraggeber für den Betriebsausgabenabzug nur eines tun: belegen, wer die Leistungen tatsächlich erbracht hatte.
Fallstrick bei Scheinfirma: keine Abnahme, keine Listen, keine Namen
Auch das Finanzgericht Münster ließ sich von den zahlreichen Nachweisen des Auftraggebers nicht beeindrucken.
Als Nachweis über erbrachte Leistungen hätte das Gericht vom Auftraggeber Listen mit den Namen der auf den Baustellen eingesetzten Arbeiter wie auch Zwischen- und Endabnahmeprotokolle erwartet. Dazu sei er rechtlich zwar nicht verpflichtet. Dennoch seien solche Nachweise zumutbar, weil „nur so eine Überprüfungsmöglichkeit“ für die Aufwendungen bestehe.
Die umfangreichen anderen Nachweise des Auftraggebers würden dafür hingegen nicht genügen, entschied das Gericht. Denn Schein- oder Strohmannfirmen würden „von den jeweiligen Hinterleuten typischerweise nach außen hin mit den erforderlichen Urkunden und Nachweisen ausgestattet“.
Dass es solche Hinterleute gab, stand für das Finanzgericht zweifelsfrei fest. Da das Subunternehmen nachweislich selbst keine Leistungen erbracht hatte, müsse der Auftraggeber mit anderen Personen als der Chefin der Scheinfirma zu tun gehabt habe. Diese „Hinterleute“ hätte er benennen können. Der Behauptung des Geschäftsführers, er „wisse nicht mehr, ob dort noch weitere Personen anwesend gewesen seien“, glaubte das Gericht nicht. (Urteil vom 18. März 2021, Az. 10 K 1556/16 K,G)
Tipp: Diese Nachweise helfen
Das Urteil des Finanzgerichts Münster zeigt: Als Auftraggeber sollten Sie aus steuerlichen Gründen besonders genau hinschauen, wenn Sie einen neuen Subunternehmer beauftragen. Hilfreich sind:
- Personallisten: Wer erledigt wann welche Arbeiten auf Ihren Baustellen?
- Verantwortliche: Wer ist Ansprechpartner bei den Arbeiten auf der Baustelle?
- Abnahmeprotokolle: Auch wenn Mängel sofort beseitigt werden, sollten Sie diese in Zwischen- und Endabnahmeprotokollen festhalten.
Auch wenn solche Nachweise rechtlich nicht vorgeschrieben sind, können Sie steuerliche Nachteile vermeiden, falls sich der Subunternehmer als Scheinfirma herausstellt.
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