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Auch im Kleinbetrieb können sich Mitarbeiter gegen ein Kündigung wehren.

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Personal

Kündigungsschutz im Kleinbetrieb – das müssen Arbeitgeber wissen

Im Kleinbetrieb gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Trotzdem dürfen Arbeitgeber nicht jeden wahllos entlassen. Auch hier gelten gewisse Schutzrechte.

  • Der gesetzliche Kündigungsschutz nach dem KSchG gilt nicht im Kleinbetrieb oder wenn das Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate bestanden hat.
  • Trotzdem können Kündigungen in Kleinbetrieben von Arbeitsgerichten für unwirksam erklärt werden.
  • Dies gilt zum Beispiel, wenn der Chef gegen ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme verstoßen hat.
  • Auch wenn die Kündigung treuwidrig, sittenwidrig oder diskriminierend im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist, kann sie unwirksam sein.
  • Die Beweislast liegt in diesen Fällen beim Arbeitnehmer.

Mitarbeiter in einem Kleinbetrieb genießen keinen gesetzlichen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Als Kleinbetrieb gilt, wer regelmäßig weniger als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt; Auszubildende zählen nicht mit. Obwohl kein Kündigungsgrund erforderlich ist, dürfen Chefs trotzdem nicht nach Belieben kündigen. Irene Taut, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Laborius, erklärt, wann Mitarbeitern in einem Kleinbetrieb nicht gekündigt werden dürfen.

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Kündigung darf nicht treuwidrig oder sittenwidrig sein

„Arbeitnehmer dürfen dem Arbeitgeber nicht schutzlos ausgeliefert sein“, erklärt Taut. Das bedeutet: Der Arbeitnehmer kann sich mit einer Klage gegen die Kündigung wehren, wenn diese treuwidrig oder sittenwidrig ist. „Das ist der Fall, wenn die Kündigung willkürlich auf sachfremden Motiven beruht oder gegen die guten Sitten verstößt, also nicht auf plausiblen persönlichen, betrieblichen oder sonstigen Gründen fußt“, erläutert Taut.

So entließ ein Dachdecker einen Mitarbeiter unter Corona-Verdacht, der die schriftliche Quarantäne-Anordnung nicht rechtzeitig vorlegen konnte. Der Arbeitgeber forderte den Mitarbeiter auf, zur Arbeit zu kommen, obwohl er damit gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen hätte. „Damit brachte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die unzumutbare Drucksituation, entweder seinen Job zu verlieren oder sich strafbar zu machen“, beschreibt Taut den Fall. Die Kündigung erklärte das Arbeitsgericht für unwirksam, weil sie willkürlich aus sachfremden Motiven erfolgte und gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstoßen habe.

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Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme

Auch in Kleinbetrieben darf der Chef bei einer Kündigung soziale Aspekte nicht völlig außer Acht lassen. „Stehen mehrere Arbeitnehmer bei einer Kündigung aus betrieblichen Gründen zur Auswahl, kann die Kündigung treuwidrig sein, wenn dem besonders schutzwürdigeren Arbeitnehmer gekündigt wird“, sagt Anwältin Taut. „Problematisch wird es, wenn ein Familienvater, der für zwei Kinder unterhaltspflichtig ist und schon seit Jahren im Betrieb arbeitet, gehen muss, und ein junger lediger Kollege, der erst kurze Zeit beschäftigt ist, bleiben darf“, nennt sie ein Beispiel.

Der besondere Kündigungsschutz gilt auch im Kleinbetrieb

Auch wer weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt, muss den besonderen Kündigungsschutz beachten. Hierunter fallen:

  • Schwangere und Frauen im Mutterschutz,
  • Eltern in Elternzeit,
  • Mitarbeiter in der Pflegezeit, die einen Angehörigen pflegen,
  • Schwerbehinderte, die länger als sechs Monate beschäftigt sind und
  • Betriebsratsmitglieder

 „Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass ein kleiner Betrieb einen Betriebsrat hat – unmöglich ist es nicht“, sagt Taut.

Ebenfalls unwirksam sind Kündigungen anlässlich eines Inhaberwechsels, beim sogenannten Betriebsübergang. „Hier gibt es eine grundsätzliche Regelung im BGB“, erläutert die Anwältin. „Kündigungen sind nur möglich, wenn der Grund nicht die Betriebsübergang ist.“

Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

„Kündigungen, die aus diskriminierenden Gründen erfolgen, sind deshalb unwirksam, unabhängig davon wie groß der Betrieb ist“, sagt Anwältin Taut.

Kündigung als Maßregelung

Sie sind genervt von Ihrem Mitarbeiter, der auf seine Rechte pocht, und sprechen deshalb eine Kündigung aus? Auch das ist nicht erlaubt. „Wenn ein Arbeitnehmer seine Rechte zulässig ausübt, darf deswegen keine Kündigung als Maßregelung erfolgen“, so Taut. So habe das Arbeitsgericht Hamburg die Kündigung eines Mitarbeiters für unwirksam erklärt, der mehrfach erfolglos neue Arbeitsschuhe von seinem Chef verlangt habe und dem deswegen gekündigt wurde.

Beweislast liegt beim Arbeitnehmer

Das Kündigungsschutzgesetz sieht vor, dass die Darlegungs- und Beweislast für eine rechtmäßige Kündigung beim Arbeitgeber liegt. „Im Kleinbetrieb ist dies andersherum, denn der Arbeitgeber kann grundsätzlich ohne Angabe von Gründen kündigen“, sagt Taut. Der Arbeitnehmer muss also darlegen und beweisen können, dass der Arbeitgeber willkürlich kündigte.

„Das dürfte nicht immer leicht sein“, meint die Anwältin. Immer öfter könnten jedoch Mitarbeiter Chatverläufe von Messenger-Diensten wie Whatsapp vorlegen, die vor Gericht als Beweis anerkannt werden. „Chefs sollten Auseinandersetzungen mit Mitarbeitern aus taktischen Gründen deshalb besser nicht über Messenger-Dienste führen.“

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