Auf einen Blick:
- Werbung soll verkaufen. Das gelingt mit etwas Provokation oft besser. Doch wie weit darf Werbung dabei aus rechtlicher Sicht gehen?
- Daniel Kötz, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz, weiß: „Unternehmen haben nahezu dieselben Freiheiten ihre Meinung zu äußern wie natürliche Personen.“
- Gesetze, die Sexismus in der Werbung begrenzen, gibt es nicht, sagt Kötz. Somit könne man Werbetreibenden auch nicht untersagen, potenziell sexistische Werbung zu machen.
Ein frecher Spruch, ein wenig nackte Haut, ein bisschen Provokation: Werbung soll Aufmerksamkeit erregen. Doch was mancher Betrachter als geniale Marketingidee feiert, empfindet ein anderer möglicherweise als unpassend, sexistisch oder diskriminierend.
Doch müssen Handwerker bei der Entwicklung ihrer Werbeidee aus rechtlicher Sicht überhaupt Rücksicht auf die Empfindungen aller potenziellen Betrachter nehmen? Und ist Sexismus in der Werbung eigentlich verboten? Daniel Kötz kennt die Antworten. Der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz erklärt wie weit die Gestaltungsfreiheit bei der Werbung reicht und wo sie endet.
Meinungsfreiheit: Das darf Werbung
Inwiefern fällt kommerzielle Werbung unter den Schutz der Meinungsfreiheit?
Daniel Kötz: Zu 100 Prozent. Da gibt es auch für Gewerbetreibende keine Einschränkung. Unternehmen haben nahezu dieselben Freiheiten ihre Meinung zu äußern wie natürliche Personen. Die Grenze ist erst da erreicht, wo man sich über Mitbewerber herabsetzend äußert. Das wäre eine unlautere Handlung nach Paragraph 4 Absatz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Gibt es Gesetze, die Sexismus und Diskriminierung in der Werbung begrenzen?
Daniel Kötz: Nein, die gibt es nicht. Allenfalls könnten Handlungen, die die Menschenwürde verletzen, als unlauter im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb gelten. Aber so ein Verstoß ist mit einem provokanten Werbespruch oder ein paar nackten Menschen auf einem Plakat nicht annähernd in Reichweite. Das ist auch gut so. Denn eine strengere Rechtsprechung für Werbeinhalte würde die Schwere echter Verstöße gegen die Menschenwürde stark relativieren.
Muss sich ein werbendes Unternehmen gegebenenfalls eine Rüge des Deutschen Werberats gefallen lassen?
Daniel Kötz: Ja, die Rüge muss man sich gefallen lassen. Sie ist eine Meinungsäußerung des Werberats und auch die ist von der Meinungsfreiheit geschützt. So eine Rüge betrifft zudem die Sozialsphäre des Unternehmens und nicht den Chef oder die Chefin privat. Aus meiner Erfahrung kann man als gerügtes Unternehmen allerdings gelassen bleiben. Ich habe auch schon Mandanten gehabt, die das für sich medial positiv genutzt haben.
Diskriminierung durch Verbote
Gibt es Bemühungen, Sexismus und Diskriminierung in der Werbung zu reglementieren?
Daniel Kötz: Der Deutsche Juristinnenbund wollte einen neuen Paragraphen in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb einbringen, der sexistische Werbung verbietet. Um dieses Vorhaben ist es allerdings sehr ruhig geworden. Mich wundert das nicht, denn was sexistisch ist, kann kaum gerichtsfest definiert werden. Es handelt sich meist nicht um Tatsachenbehauptungen. Das ist etwas ganz anderes, als wenn ich beispielsweise behaupte, mein Mitbewerber wäre ein schlimmer Verbrecher.
Ich laufe zum Beispiel häufig am Plakat eines Reinigungsunternehmens mit drei ziemlich nackten Damen vorbei. Auf mich wirkt das antiquiert. In den Augen vieler Betrachter ist es sicher sexistisch. Für das Unternehmen hingegen ist es ein Eyecatcher, der Aufmerksamkeit für sein Angebot erregt. Um ein Verbot über das Jugendschutzgesetz zu erzwingen, ist die Abbildung zu harmlos. Wo würden Sie eine Grenze ziehen, um so eine Werbung zu verbieten?
Einige Städte aber versuchen sich bereits an einem Sexismusverbot in der Werbung.
Daniel Kötz: Das ist richtig. Im vorgeblich liberalen Berlin ist solche Werbung zum Beispiel in einigen Bezirken nicht erwünscht. In meinen Augen ist das jedoch eine Ungleichbehandlung, die einzelne Werbetreibende diskriminiert. Es gibt schließlich kein Gesetz, das ihre Werbeinhalte verbietet. Diese Diskriminierung muss sich kein Werbetreibender gefallen lassen. Den Rechtsstreit darüber würde ich gerne mal führen.
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