Auf einen Blick:
- Fakten und Argumente spielen bei unseren Entscheidungen eine viel kleinere Rolle, als wir annehmen. Sehr viel ist Bauchgefühl, sagt die Psychologin Dagmar Holzberger.
- Hier erklärt sie, warum das keine schlechte Nachricht ist. Und warum gerade erfolgreiche Unternehmer ihrer Intuition folgen.
Frau Holzberger, vielen Menschen fallen Entscheidungen schwer. Warum?
Holzberger: Es kommt darauf an, wie Sie an Entscheidungen herangehen. Viele Menschen wollen sich vor einer Entscheidung gründlich informieren und sammeln alle Fakten. Doch letztlich hilft das nicht viel. Je mehr Antworten Sie finden, desto mehr Fragen tun sich auf. Es droht die Gefahr, sich in Details zu verzetteln und die Entscheidung immer weiter zu verschieben. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Sie irgendwann alle Fakten kennen, ist gering.
Dazu kommt: Sie können nicht in die Zukunft blicken. Was heute richtig ist, kann sich morgen als fatale Fehlentscheidung herausstellen. Krankheiten, Wirtschaftskrisen oder unglückliche Zufälle können Sie nicht einplanen oder mit Fakten absichern.
Wie kommen wir aus diesem Dilemma?
Holzberger: Indem wir uns klarmachen, dass der Kopf ist höchstens zu 10 Prozent an unseren Entscheidungen beteiligt ist. Unser Gehirn hat in 7,5 Millionen Jahren menschlicher Entwicklung gelernt, dass wir vor einer Entscheidung nicht alle Unwägbarkeiten kennen können. Deshalb entscheiden wir, trotz allen Fakten-Sammelns, nicht mit dem Kopf, sondern aus dem Bauch heraus. Wir folgen unserer Intuition, unserer Überzeugung. Und erst im Nachhinein beginnen wir, diese Entscheidung mit passenden Argumenten zu untermauern.
„Sind Sie von einer Idee überzeugt, erscheinen alle Hürden überwindbar!“
Das heißt, Fakten und Argumente zählen nichts?
Holzberger: Jedenfalls nicht so viel, wie wir glauben. Denn letztlich gewichten Sie auch die Fakten und Argumente nach Ihrem Bauchgefühl.
Ein Beispiel: Ich habe einer Schreinerei, die auf Fensterbau spezialisiert ist. Das Geschäft ist schwierig geworden, denn die Konkurrenz arbeitet mit schlecht bezahlten Subunternehmern, die Kunden haben sich an die niedrigen Preise gewöhnt. Wie reagiere ich? Die Idee: Ich gebe die Fenster auf und spezialisiere mich auf hochwertige Spielplatzgeräte. Nun sammle ich Fakten: Gibt es überhaupt einen Bedarf? Kommen neue Haftungsregeln auf mich zu? Können meine Mitarbeiter vom Fenstereinbau auf Spielgeräte umlernen? Wie viel muss ich investieren? Die Hürden könnten hoch sein. Sicherer wäre es wahrscheinlich, bei den Fenstern zu bleiben, meine Leute zu entlassen und selbst mit Subunternehmern zu arbeiten.
Aber: Sie sind überzeugt von der Spielplatzidee. Weil Sie das machen wollen, werden alle Hürden überwindbar erscheinen, ob sie es nun sind oder nicht. Gegenargumente von Beratern, Freunden oder der Bank beeindrucken Sie dann wenig. Außerdem wollen Sie Ihre Leute anständig bezahlen und hochwertige Arbeit abliefern. Und was wir wollen, suchen wir uns nicht aus.
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„Entscheidungen gegen das Bauchgefühl machen oft unglücklich“
Wie kann ich diese Erkenntnis bei Entscheidungen nutzen?
Holzberger: In dem Sie sich vor Augen halten, dass die Menschheit mit dieser Art Entscheidungen zu treffen die letzten 7,5 Millionen Jahre ganz gut gefahren ist. Bauchentscheidungen sind nichts Schlechtes, im Gegenteil, sie sind oft richtig. Werte, Gelerntes, Vorlieben – all das verbindet sich zu unserem Bauchgefühl, das uns zeigt, ob eine Entscheidung zu uns passt oder nicht.
Und nur wenn Sie, wie in unserem Beispiel, von der Spielplatzidee überzeugt sind und Hürden für überwindbar halten, können Sie auch Geldgeber, Mitarbeiter und Kunden davon überzeugen.
Bleiben Sie stattdessen bei den vermeintlich sicheren Fenstern, werden Sie wahrscheinlich scheitern oder unglücklich werden. Sie haben diese Entscheidung nicht aus Ihrem Bauchgefühl, Ihrer Überzeugung heraus getroffen und deshalb stehen Sie nicht dahinter. Menschen, die akzeptieren, dass jede Entscheidung zu nur 10 Prozent aus logischen Schlussfolgerungen hervorgeht und die 90 Prozent Restunsicherheit des Lebens akzeptieren können, werden erfolgreiche Unternehmer. Oder anders ausgedrückt: Erfolgreiche Unternehmer entscheiden aus dem Bauch.
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