- Laut Bundesrahmenrahmentarifvertrag für das Baugewerbe müssen Baubetriebe ein Ausgleichskonto für ihre Mitarbeiter führen.
- Ein Baubetrieb hat dieses Konto wegen eines witterungsbedingten Arbeitsausfalls in der Schlechtwetterzeit belastet, obwohl ein Mitarbeiter längerfristig krankgeschrieben war. Der Mann klagte bis vor das Bundesarbeitsgericht.
- Doch die Karlsruher Richter entschieden, die Belastung des Ausgleichskontos sei rechtens und dem Mitarbeiter stehe im Krankheitsfall keine Lohnfortzahlung zu.
- Begründung: Ohne die Erkrankung hätte er keinen Anspruch auf Lohnzahlung gehabt, weil er auch von dem witterungsbedingten Arbeitsausfall betroffen gewesen wäre.
Wenn Mitarbeiter arbeitsunfähig erkranken, dann müssen Betriebe in der Regel Lohnfortzahlung im Krankheitsfall leisten. Aber gilt das auch, wenn ein Baubetrieb in der Schlechtwetterzeit die Arbeiten auf der Baustelle witterungsbedingt einstellt und das Saison-Kurzarbeitergeld – auch Schlechtwettergeld genannt – nutzt? Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage mit einem Urteil geklärt.
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Erkrankter Mitarbeiter lehnt Belastung des Ausgleichskontos ab
Der Fall: Ein Betrieb stellt einen Mitarbeiter befristet ein. Für das Arbeitsverhältnis gilt der allgemeinverbindliche Bundesrahmenrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV), weshalb der Betrieb gemäß BRTV ein individuelles Ausgleichskonto einrichtet.
In der Schlechtwetterzeit hat der Angestellte einen Arbeitsunfall und fällt arbeitsunfähig aus. Der Mann erhält deshalb zunächst Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Doch dann muss der Betrieb die Arbeiten auf der Baustelle witterungsbedingt einstellen. Er belastet daher das Ausgleichskonto des Mitarbeiters mit 65 Stunden und zahlt den entsprechenden Bruttolohn. Auf der Abrechnung ist das als „Saison-KUG“ ausgewiesen. Der Erkrankte ist mit der Belastung des Ausgleichskontos allerdings nicht einverstanden und fordert stattdessen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
BAG: Betrieb darf Ausgleichskonto auch bei Arbeitsunfähigkeit belasten
Das Urteil: Das Bundesarbeitsgericht entscheidet zu Gunsten des Betriebs. Gemäß § 3 Nr. 1.43 Abs. 3 Alt 2 BRTV darf vom Ausgleichskonto gutgeschriebener Lohn bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall ausgezahlt werden. Hintergrund sei eine Regelung im BRTV wonach bei zwingenden Witterungsgründen oder in der Schlechtwetterzeit der Lohnanspruch von Mitarbeitern entfällt. Dieser Lohnausfall müsse durch die Auflösung von Arbeitszeitguthaben ausgeglichen werden. Nur wenn ein solcher Ausgleich nicht möglich sei, müssten Arbeitgeber Saison-Kurzarbeitergeld zahlen.
Die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters konnte die Belastung des Ausgleichskontos nicht verhindern. Weil der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht im BRTV geregelt ist, richte er sich nach den gesetzlichen Bestimmungen – also dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG).
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG haben Beschäftigte im Krankheitsfall nur dann einen Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn die Arbeitsunfähigkeit die einzige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Laut Bundesarbeitsgericht werden arbeitsunfähige und arbeitsfähige Arbeitnehmer somit gleichgestellt.
Keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bei witterungsbedingten Baustopps
Für arbeitsunfähige Beschäftigte, für die der BRTV Anwendung findet, bedeute das Folgendes: Sie können keine Fortzahlung der Vergütung verlangen, wenn die Arbeit im Betrieb aus zwingenden Witterungsgründen oder in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich wird, und sie bei bestehender Arbeitsfähigkeit von dem Arbeitsausfall betroffen gewesen wären. Denn ohne die Erkrankung entfalle in solchen Fällen der Lohnanspruch.(BAG, Urteil vom 23. Februar 2021, Az. 5 AZR 304/20)
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