Nach der Betriebsprüfung hatte ein Freiberufler erwartet, dass ihn Finanzamt nun erst einmal in Ruhe lassen würde. Doch schon im Folgejahr erschienen die Betriebsprüfer erneut, zur Anschlussprüfung. Dagegen klagte der Mann: Er wollte klären, ob solche nahtlosen Anschlussprüfungen in Kleinstbetrieben zulässig sind.
Die Antwort des Bundesfinanzhofs fiel eindeutig aus: Finanzbehörden sind auch bei Kleinbetrieben und Kleinstbetrieben nicht an einen bestimmten Prüfungsturnus gebunden. Sie können auch in solchen Betrieben eine Anschlussprüfung vornehmen. (Beschluss vom 07. Juni 2022, Az. VIII B 105/21)
Dass der Kläger Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Anschlussprüfungen hatte, könnte etwas mit der Betriebsprüfungsstatistik zu tun haben. Denn statistisch dürfen kleine Unternehmen tatsächlich hoffen, dass Betriebsprüfer bei ihnen nicht zweimal nacheinander erscheinen. Das zeigt zum Beispiel die Betriebsprüfungsstatistik 2020 des Bundesfinanzministeriums:
- 2020 wurden 0,79 Prozent aller Kleinbetriebe geprüft. Statistisch bedeutet das: Ein Kleinstbetrieb wird wahrscheinlich nur alle 126,5 Jahre geprüft. Kleinstbetriebe sind Unternehmen mit weniger als 44.000 Euro Gewinn oder 210.000 Euro Umsatz.
- Etwas häufiger wären Kleinbetriebe statistisch fällig: alle 43,7 Jahre. Kleinbetriebe sind Unternehmen mit weniger als 68.000 Euro Gewinn oder 610.000 Euro Umsatz.
Verdacht statt Wahrscheinlichkeit: Wann ein Betrieb überprüft wird
In der Betriebsprüfung geht es jedoch nicht um statistische Wahrscheinlichkeiten. Die wären nur verlässlich, wenn Betriebsprüfer Unternehmen zufällig auswählen. Doch Betriebsprüfer machen keinen Stichproben. Das hat zwei Gründe:
- Aufgabe: Betriebsprüfer sollen dafür sorgen, dass der Staat möglichst viel der ihm zustehenden Steuern wirklich erhält.
- Ausstattung: Finanzämter sind unterbesetzt: 2020 gab es in Deutschland 8,4 Millionen Unternehmen – und nur 12.664 Betriebsprüfer.
Gäbe es Zufallskontrollen, würden die Finanzämter zu oft Betriebe kontrollieren, bei denen wenig zu holen ist. Während lohnendere Ziele ungeprüft blieben. Wie senkt der Fiskus dieses Risiko? Indem er Betriebsprüfungen nur aus wichtigem Grund durchführt:
- Entweder handelt sich um ein Großunternehmen. Die werden durchgängig überprüft, weil es sich eher lohnt. So lag die durchschnittliche Steuernachzahlung eines Großbetriebs im Jahr 2020 bei 231.328 Euro – dem Zehnfachen dessen, was ein Kleinstbetriebt im selben Jahr nachzahlen musste.
- Oder gegen einen Betrieb liegt ein Anfangsverdacht vor: Sind zum Beispiel die Zahlen in den Steuererklärungen stimmig – passen sie zu Betriebsgröße, Branche, Vorjahreswerten?
Liegt ein Verdacht vor, spielt die Betriebsgröße keine Rolle. Dann bekommt auch ein Kleinstbetrieb Besuch vom Betriebsprüfer. Sogar mehrere Jahre in Folge, wenn es weiterhin Verdachtsmomente gibt.
Woher Betriebsprüfer ihre Informationen bekommen und wann das Finanzamt misstrauisch wird, lesen Sie hier.
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