Ein aktueller Beschluss verpflichtet Betriebe zur Arbeitszeiterfassung. Doch wie genau das umgesetzt werden soll, bleibt vorerst offen. 
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Ein aktueller Beschluss verpflichtet Betriebe zur Arbeitszeiterfassung. Doch wie genau das umgesetzt werden soll, bleibt vorerst offen. 

Bundesarbeitsgericht

Urteil verpflichtet Betriebe zur Arbeitszeiterfassung

Ansage vom Bundesarbeitsgericht: Unternehmen müssen Arbeitszeiten erfassen. Sollten Handwerksbetriebe jetzt schnell handeln – und Arbeitszeiten digital erfassen? 

Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sorgt für Aufsehen: Eigentlich ging es um eine andere Frage, doch die führte das Gericht zu einer grundsätzlichen Aussage: Unternehmen sind zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet.

Was sagt der Beschluss des Bundearbeitsgerichts?

Tatsächlich liegt der Beschluss des BAG noch nicht schriftlich vor, sondern lediglich eine erste Pressemitteilung des BAG. Doch darin findet sich eine zentrale Aussage des Gerichts: Der Arbeitgeber sei gemäß Arbeitsschutzgesetz „verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann“.

Für Rechtsanwältin Cornelia Höltkemeier von der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen ist das eine klare Ansage: „Arbeitgeber sind bereits nach geltendem Recht verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu erfassen – unabhängig davon, ob es in dem Betrieb einen Betriebsrat gibt.“

Diese Pflicht zur Arbeitszeiterfassung leite das BAG aus dem Arbeitsschutzgesetz ab. Dieses Gesetz verpflichte Arbeitgeber zu notwendigen organisatorischen Maßnahmen, um die Gesundheit ihrer Beschäftigten sicherzustellen. Zu diesen Maßnahmen zähle das Gericht nun auch die Arbeitszeiterfassung, sagt Höltkemeier. Im Kern gehe es darum, Mitarbeitende vor gesundheitsbelastender Mehrarbeit zu schützen.

Empfehlung: „Nicht vorschnell in digitale Zeiterfassung investieren“

Konkrete Aussagen, wie Betriebe die Arbeitszeiterfassung über die Überstunden und Wochenendarbeitszeit hinaus regeln sollen, beinhalte die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts jedoch nicht, betont Höltkemeier.

„Es lässt sich derzeit nicht ablesen, dass alle Unternehmen eine digitale Zeiterfassung verpflichtend einführen müssen“, sagt die Juristin. Sie rät Betrieben, die Urteilsbegründung abzuwarten und erst dann für den Betrieb zu entscheiden, welche zusätzlichen Maßnahmen zur Arbeitszeitdokumentation noch erforderlich sind.

Hintergrund: Darum ging es im dem Fall

Der Fall: Ein Arbeitgeber wollte ein Zeiterfassungssystem einführen und verhandelte darüber mit dem Betriebsrat. Nach Abbruch der Verhandlungen wollte der Betriebsrat die elektronische Zeiterfassung gegen den Willen des Arbeitgebers durchsetzen.

Der Beschluss: Das Bundesarbeitsgericht weist darauf hin, dass Arbeitgeber gemäß Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet sind, „ein System einzuführen, mit dem die von Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann“. Der Betriebsrat habe „in sozialen Angelegenheiten nur mitzubestimmen, wenn eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht“. Aufgrund der bereits bestehenden Pflicht des Arbeitgebers habe der Betriebsrat kein Initiativrecht zur Einführung eines Systems der Arbeitszeiterfassung. (Beschluss vom 13. September 2022, Az: 1 ABR 22/21)

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