Auf einen Blick:
- Das Anordnungsrecht gilt als eine der kritischsten Neuerungen des Bauvertragsrechts. Doch die befürchteten Konflikte sind bislang offenbar ausgeblieben.
- Die VOB/B ist ein bewährtes Instrument, auf das viele trotz des neuen Bauvertragsrechts setzen wollen. Davor warnt Baurechtsexpertin Nina Janßen: Handwerker laufen dabei Gefahr, dass einzelne Vertragsklauseln unwirksam sind.
- Neu ist das Widerrufsrecht bei Verbraucherbauverträgen. Das ist allerdings nur für Betriebe relevant, die schlüsselfertig bauen. Das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen müssen hingegen alle Handwerker weiterhin beachten.
Seit Anfang des Jahres gilt das neue Bauvertragsrecht. Seither gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) erstmals explizit Regelungen zu Bauverträgen. Doch wie kommt die Praxis eigentlich mit dem neuen Recht klar? Was ist mit Verträgen nach VOB/B? Und haben sich bisher die Befürchtungen beim Anordnungsrecht bewahrheitet? Nina Janßen, Fachanwältin für Baurecht bei der Kanzlei Henseler, Collarini, Janßen und Hoffmann, berichtet von ihren Erfahrungen der letzten Monate.
Anordnungsrecht: Große Befürchtungen scheinen sich nicht zu bewahrheiten
Das neue Anordnungsrecht hat vor dem Inkrafttreten des Bauvertragsrechts für große Aufregung gesorgt. Doch warum? Laut Paragraf 650b BGB können Bauverträge auf Kundenwunsch nachträglich geändert werden. Großen Wirbel gab es vorab vor allem wegen des dabei vorgeschriebenen Einigungsmechanismus. Demnach können Auftraggeber Änderungen anordnen, wenn es ihnen nicht gelingt, sich innerhalb von 30 Tagen mit dem Auftragnehmer zu einigen. Experten befürchteten deshalb Baustopps und überhöhte Nachtragangebote.
Doch was ist davon zu spüren? „Wenn der Gesetzgeber mit dem neuen Bauvertragsrecht eines geschafft hat, dann dass die am Bau Beteiligten einigungswillig sind“, ist Rechtsanwältin Nina Janßen überzeugt. Sie selbst hatte zumindest noch keinen Fall, bei dem ein Auftraggeber von seinem Anordnungsrecht Gebrauch gemacht hat. Und auch sonst gebe es bisher kaum Streitigkeiten. „Bei Gericht ist das neue Bauvertragsrecht noch kein Thema“, berichtet die Juristin. Von einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor einer Baukammer hat Janßen noch nichts gehört – zumindest nicht in Trier, wo Janßen arbeitet.
Bauverträge mit Unternehmern: Lieber keine Verträge nach VOB/B!
Lange war die VOB/B bei Verträgen zwischen Unternehmen das Maß aller Dinge. Das Regelwerk ist aber kein Gesetz sondern gilt als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). Trotz des neuen Rechts wollen einige noch immer auf dieses altbewährte Instrument setzen. Doch davor warnt Nina Janßen – aber warum?
„In der Praxis wird die VOB/B selten als Ganzes vereinbart“, sagt die Fachanwältin für Baurecht. Schließlich sei das für die Vertragsparteien beispielsweise bei den Gewährleistungsfristen völlig uninteressant. Das zieht ein Problem nach sich: „Wird die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart, unterliegt sie als AGB grundsätzlich der Inhaltskontrolle“, sagt Janßen. Das bedeutet: Im Streitfall müssen die einzelnen Vertragsklauseln daraufhin geprüft werden, ob sie den Vertragspartner des Verwenders der AGB unangemessen benachteiligen. Tun sie es nicht, besteht die Gefahr, dass einzelne Vertragsklauseln unwirksam sind.
Vor diesem Hintergrund rät Janßen dazu, die Finger von der VOB/B zu lassen und stattdessen auf ausgeglichene Verträge nach BGB zu setzen. „Sonst ist die Gefahr groß, dass es später Probleme gibt“, meint Janßen. Sie ist gespannt, wie sich die VOB/B fortentwickelt. Schließlich will der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) eine Überarbeitung des Regelwerks im Auge behalten.
Widerrufsrecht: Die richtige Aufklärung ist wichtig!
Das Bauvertragsrecht erweitert das Widerrufsrecht für den Verbraucher auf den Verbraucherbauvertrag. Das bedeutet: Auch bei Neubauten und erheblichen Umbauten haben Verbraucher 14 Tage lang das Recht, einen Verbraucherbauvertrag zu widerrufen. „Dazu gibt es detaillierte Vorgaben im Bauvertragsrecht“, sagt Nina Janßen. Insbesondere müsse der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt werden.
„Geschieht dies nicht, so beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen“, so die Juristin. Dies hat zur Folge, dass der Verbraucher in solchen Fällen den Vertrag nach Vertragsschluss und während der Ausführung- und Fertigstellung des Bauvorhabens widerrufen kann. Der Verbraucher könnte sich also ohne Grund von dem Vertrag lösen. Doch wie groß ist das Problem? „Für Verbraucher ist es nicht unbedingt ratsam, einen Bauvertrag zu widerrufen“, meint Janßen, da sie mit einem Widerruf die Gewährleistungsrechte aufs Spiel setzten. Trotzdem ist die Anwältin davon überzeugt, dass Handwerker bei Verträgen mit Verbrauchern das Widerrufsrecht auf jeden Fall beachten sollten. Denn nur so laufen sie nicht Gefahr, dass sich die versäumte Aufklärungspflicht später als Fallstrick erweist.
Mehr zum Thema erfahren Sie auf der Themenseite zum Bauvertragsrecht.
Auch interessant: [embed]https://www.handwerk.com/aenderungen-bei-der-verguetung-durch-das-bauvertragsrecht[/embed]