Auf einen Blick:
- Martin Heinrich wollte immer schon selbstständig sein. Doch nach 17 Betriebsjahren hat er sein Unternehmen verkauft. Grund sei die überbordende Bürokratie.
- Der Unternehmer klagt über ständige Kontrollen und ein herablassendes Kommunikationsverhalten von den Behörden, kombiniert mit Androhungen von Strafen.
- Diese Unnannehmlichkeiten des Unternehmerdaseins lässt der 40-Jährige jetzt hinter sich. Dabei hat er für sich eine gute Lösung gefunden.
Ein Vor-Ort-Besuch in Genthin, nördlich von Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Es ist Sonntagmorgen und Martin Heinrich sitzt am Schreibtisch im Büro der Hausmeisterservice Heinrich e. K. Es wirkt, als hätte er hier heute schon eine Weile verbracht. Sein Büro ist funktional eingerichtet. An den Wänden hängen Schnappschüsse, die schöne Erinnerungen aus 17 Betriebsjahren zeigen. Ein paar Zeitungsartikel gibt es auch. „Ich wollte schon immer selbstständig sein“, steht auf einem. „Das stimmt auch“, sagt Martin Heinrich. „Ich wollte selbst entscheiden und mir den Tag selbst einteilen.“ Eine Weile hatte das auch gut funktioniert.
Tiefpunkt und kein Ende des Drucks
2017 wuchs dem Unternehmer der Druck über den Kopf. „Ich habe noch eine halbe Stunde pro Nacht geschlafen und konnte überhaupt nicht mehr abschalten“, sagt Heinrich. Schließlich brach er zusammen. Diagnose: Burn-out. Es folgte ein siebenwöchiger Krankenhausaufenthalt. „Eine wunderbare Mitarbeiterin, der ich sehr dankbar bin, hat den Laden am Laufen gehalten und so konnte ich mich langsam wieder aus diesem Loch herauskämpfen“, erklärt er. Seine Einstellung zur Selbstständigkeit hat sich seitdem geändert. „Ich war Sklave meines Betriebs geworden“, urteilt Heinrich.
Der Wunsch, zu verkaufen, wuchs. Als die Entscheidung gefallen war, Heinrich aber letzte Zweifel hegte, ob es der richtige Weg sei, kam die nächste Auseinandersetzung: Die Agentur für Arbeit habe nicht verstehen wollen, dass Heinrich zuletzt aus unternehmerischen Gründen seine Arbeitnehmerüberlassungs-Lizenz nicht verlängert hatte. „Natürlich wurde ich direkt verdächtigt, Arbeitnehmer ohne Lizenz einfach weiterhin verleihen zu wollen“, sagt Heinrich. Ende Februar folgte die Prüfung im Steuerbüro, das für den Betrieb Steuern und Lohnabrechnung übernimmt. „Die von uns zeitaufwendig erstellten Mindestlohnzettel wurden erst gar nicht akzeptiert. So stelle ich mir als Unternehmer und Steuerzahler keine positive Zusammenarbeit mit den Behörden vor.“
Die Entscheidung
Heinrich lässt die Drohungen, Sitzungen mit Anwälten und die bürokratischen Hürden nun hinter sich. Dafür hat er eine gute Lösung gefunden: Zum 1. März hat ein größeres Unternehmen seinen Betrieb gekauft und führt ihn als eigenständige Abteilung weiter, die Heinrich nun als Angestellter leitet. „Abgesehen von den Streitereien mit den Behörden mache ich künftig dasselbe wie bisher. Nur dass ich jetzt endlich wieder mit zum Arbeiten rausfahren kann“, sagt er.
Die Entscheidung habe auch in seiner Familie für Erleichterung gesorgt. „Mein Sohn hat zu meiner Frau gesagt: ‚Danke, dass Papa die Firma verkauft hat‘“, berichtet der zweifache Vater. Nun hat er einen Plan für sein erstes freies Wochenende gefasst. „Ich fahre mit meinem Sohn an die Ostsee. Es wird unser erstes Vater-Sohn-Wochenende.“
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