Foto: Reicher - Fotolia.com
handschlag

Recht

Kein Widerrufsrecht beim Kauf auf Messen

Ein Messestand kann ein "Geschäftsraum" sein, entschied der Europäische Gerichtshof. Daher gilt unter bestimmten Voraussetzungen auf Messen auch kein Widerrufsrecht.

Auf einen Blick:

  • Auf Messen müssen Unternehmer ihre Kunden nicht zwingend über das Widerrufsrecht aufklären, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH).
  • Es folgte damit der Entscheidung einiger deutscher Gerichte, die vorher eine Klage der Verbraucherzentrale Berlin abgewiesen hatten.
  • Der Grund: Ein Messestand kann aus Sicht der Richter ein „Geschäftsraum“ sein, wenn Verbraucher damit rechnen können, dass Unternehmer sie ansprechen, um Waren zum Kauf anzubieten.

Der Fall: Im Januar 2015 bestellte ein Kunde am Messestand der Vertriebsgesellschaft einen Dampfstaubsauger. Der Kunde wurde nicht darüber belehrt, dass nach deutschem Recht im Einklang mit Art. 9 der Richtlinie 2011/83/EU ein Widerrufsrecht bestehe.

Nach Ansicht der Verbraucherzentrale hätte der Kunde aber beim Kauf über das Bestehen eines Widerrufsrechts informiert werden müssen, da der Kaufvertrag außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen worden sei. Deshalb reichte die Verbraucherzentrale Berlin Unterlassungsklage beim Landgericht Freiburg ein. Das Gericht wies die Klage ab. Auch beim Oberlandesgericht Karlsruhe hatte die Verbraucherzentrale keinen Erfolg. Im nächsten Schritt wandte sich die Verbraucherzentrale mit einer Revision an den Bundesgerichtshof.

Der Bundesgerichtshof verwies die Entscheidung weiter an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und legte dort eine Vorabentscheidung vor. Der EuGH hatte unter anderem darüber zu urteilen, ob ein Messestand ein Geschäftsraum ist und ob dort das Widerrufsrecht gilt.

Das Urteil: Der EuGH legte den Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU so aus: Ein Messestand eines Unternehmers, an dem er seine Tätigkeiten an wenigen Tagen im Jahr ausübt, kann als „Geschäftsraum“ gelten. Voraussetzung dafür sei, dass aufgrund des Erscheinungsbilds des Messestandes sowie der auf der Messe verbreiteten Informationen ein normal informierter, angemessen aufmerksamer Verbraucher damit rechnen könne, dass der Unternehmer ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen – also ihm etwas zu verkaufen.

Solange ein Verbraucher nicht davon überrascht sei, dass ihm am Messestand Waren zum Kauf angeboten werden, bestehe auch kein Widerrufsrecht. Aus diesem Grund musste die Vertriebsgesellschaft in diesem Fall den Kunden beim Kauf auch nicht auf das Widerrufsrecht hinweisen.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 07. August 2018, Az. C-485/17

Auch interessant:

Widerrufsrecht: Fehler kosten Geld und Nerven

Ist bei Ihnen bis jetzt alles gut gegangen mit dem neuen Widerrufsrecht? Ein Dachdecker ist in die Falle getappt und hat teuer dafür bezahlt. Damit Ihnen nicht etwas Ähnliches passiert, sollten Sie unbedingt einige Regeln beachten.
Artikel lesen

Bauvertragsrecht: Das Widerrufsrecht wird auf Neubauten ausgeweitet

Bei vielen Verträgen haben Verbraucher schon seit 2014 ein Widerrufsrecht. Doch das wird 2018 mit dem neuen Bauvertragsrecht noch deutlich ausgeweitet. Was für Handwerksbetriebe deshalb noch wichtiger wird: die richtige Aufklärung.
Artikel lesen

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.

Bauvertragsrecht

Neue Falle beim Widerrufsrecht!

Wer einen Verbraucherbauvertrag abschließt, muss seine Kunden immer über das Widerrufsrecht informieren. Wo der Vertrag abgeschlossen wird, spielt keine Rolle mehr. Wird das nicht beachtet, kann der Kunde noch nach über einem Jahr widerrufen.

    • Recht, Baurecht, Bauvertragsrecht
Kein Fernabsatzgeschäft: Kundin schließt einen Vertrag per Mail und dann kommt der Handwerker zum Aufmaß.

Vertrag per E-Mail

Kein Widerrufsrecht, wenn der Handwerker persönlich da war

Nach Abschluss der Arbeit pocht eine Kundin auf ihr Widerrufsrecht und will 29.000 Euro zurück. Weil der Vertrag per E-Mail geschlossen wurde. Doch so einfach ist es nicht.

    • Recht, Baurecht

Recht

Widerrufsrecht: Fehler kosten Geld und Nerven

Ist bei Ihnen bis jetzt alles gut gegangen mit dem neuen Widerrufsrecht? Ein Dachdecker ist in die Falle getappt und hat teuer dafür bezahlt. Damit Ihnen nicht etwas Ähnliches passiert, sollten Sie unbedingt einige Regeln beachten.

    • Recht
Verbraucher widerruft Haustürgeschäft rechtmäßig: Laut EuGH muss der Betrieb die Kosten tragen, die ihm während der Widerrufsfrist entstanden sind.

EuGH-Urteil

Widerrufsbelehrung fehlt: Handwerker erhält kein Geld

Bei Haustürgeschäften müssen Handwerker über das Widerrufsrecht aufklären. Versäumen sie das, steht ihnen laut EuGH kein Geld zu – auch wenn die Leistung voll erbracht ist.

    • Recht, Baurecht