Auf einen Blick:
- Introvertierte Menschen kostet Kommunikation mit anderen viel Kraft. Besonders für introvertierte Chefs und Vorgesetzte wird sie zur Herausforderung.
- Selbstfürsorge und Klarheit bei den eigenen Zielen und Werten ist deshalb für introvertierte Führungskräfte besonders wichtig. Denn alles andere können Sie üben – und dabei Ihre wichtigste Stärke nutzen: Ihre Zurückhaltung.
Schüchtern, introvertiert, zurückhaltend – und doch ein guter Unternehmer? „Das ist kein Widerspruch“, sagt Bernd Geropp, Führungscoach aus Aachen. „Denken Sie an Bill Gates, Elon Musk oder Jeff Bezos – die sind alle introvertierte Menschen, aber niemand würde auf die Idee kommen, sie seien schlechte Unternehmer.“
Allerdings gibt es Eigenschaften introvertierter Führungskräfte, die ihnen im Weg stehen. Die gute Nachricht lautet: Dagegen kann man etwas tun, auch indem man sich auf seine eigenen Stärken besinnt.
Herausforderung 1: Entscheidungen treffen
„Unternehmer und Führungskräfte sind im Betrieb, um Entscheidungen zu treffen“, sagt Geropp. Allerdings fiele das introvertierten Menschen oft schwer. „Sie haben das Gefühl, sie bräuchten mehr Zeit, mehr Fakten oder noch eine weitere Meinung, um entscheiden zu können.“
Bei weitreichenden oder schwer zu korrigierenden Entscheidungen, wie der Einführung einer neuen Software oder Änderung des Firmennamens, sei es in Ordnung, Zeit zu brauchen, so Geropp. „Aber im Tagesgeschäft sind viele kleine und schnelle Entscheidungen gefordert, für die Sie nur maximal 80 Prozent der verfügbaren Informationen haben.“
Sein Tipp: „Machen Sie sich klar, dass das Verschieben einer Entscheidung auch eine Entscheidung ist, die Konsequenzen hat. Man kann nicht Nicht-Entscheiden. Also können Sie es auch gleich erledigen.“
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Herausforderung 2: Offene Kommunikation pflegen
Extrovertierte Menschen schöpfen Kraft aus der Begegnung und Kommunikation mit anderen Menschen. Introvertierten geht es genau anders herum – sie kostet es Kraft. „Deshalb neigen introvertierte Menschen dazu, Kommunikation zu vermeiden. Das ist als Führungskraft ein fataler Fehler“, warnt Geropp. Wenn es darum geht, Vertrauen aufzubauen, sei ein regelmäßiger Austausch mit den engsten Mitarbeitern extrem wichtig. „Es reichen oft schon 15 Minuten Gespräch, die regelmäßig und häufig stattfinden. Es sollte dabei nicht ums operative Geschäft gehen, sondern um Privates oder die Entwicklung des Mitarbeiters.“
Besonders kräftezehrend können für introvertierte Menschen Konflikte sein. „Doch auch hier hilft es nicht, auszuweichen“, betont der Coach.
Sein Tipp: „Kommunizieren Sie regelmäßig mit Ihren Mitarbeitern und Kunden. Das übt und senkt die Hemmschwelle. Grundsätzlich ist es wichtig sich seiner Position und seiner Ziel sicher zu sein, um klar kommunizieren zu können. Das gilt für introvertierte Menschen und Konfliktsituationen erst recht. Der Vorteil ist aber: Wer nicht ständig redet, findet eher Gehör.“
Herausforderung 3: Selbstfürsorge nicht vernachlässigen
Introvertierte Menschen, die aus Ruhe ihre Kraft schöpfen, haben es als Unternehmer nicht leicht. Zu fremdbestimmt ist der Alltag, ein Termin jagt den nächsten. „Wer sich in so einem Hamsterrad befindet, läuft Gefahr, einen Burn-out zu erleiden“, sagt Coach Geropp. Abschalten, zur Ruhe kommen, Kraft tanken - dafür müsse trotz allem genug Zeit eingeplant werden.
Seit Tipp: „Markieren Sie sich Freiräume in Ihrem Kalender: Vereinbaren Sie Termine mit sich selbst und verteidigen Sie sie so, wie Sie es mit anderen Terminen auch tun! Beschäftigen Sie sich dann mit Dingen, für die sonst keine Zeit ist: eine Fachzeitschrift lesen, über die Unternehmensstrategie nachdenken oder Yoga. Sie haben dafür in den nächsten 2 Wochen keinen Platz im Kalender? Dann schauen Sie in vier oder sechs Wochen und blockieren schon jetzt die Zeit. Tun Sie das regelmäßig, um Ihre Selbstfürsorge nicht zu vernachlässigen.“
Die große Stärke: im Hintergrund agieren können
Wer Introvertiert ist, muss nicht im Mittelpunkt stehen. Das kann als Chef eine große Stärke sein, denn wer im Hintergrund agieren kann, beobachtet oft gut, kann zuhören und auch mal andere glänzen lassen.
„Moderne Führung funktioniert nicht mehr so, dass der Chef allein entscheidet und alles erledigt“, ist Geropp überzeugt. Mitarbeiter könne gut führen, wer Gespräche nicht dominiert, sondern zuhört, in Konfliktsituationen genau beobachtet, ohne sich vorschnell eine Meinung zu bilden, und Erfolge des Unternehmens nicht als seine Einzelleistung begreift.
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