- Für Handwerker ist es nicht immer leicht, mit Kunden Vorauszahlungen zu vereinbaren – vor allem, weil rechtlich einige Fallstricke lauern.
- Doch gerade in Zeiten von schnell steigenden Materialpreisen und langen Lieferzeiten ist Vorkasse eine Option, damit Betriebe nicht über längere Zeit in Vorleistung gehen müssen.
- Rechtlich haben Handwerker nicht viel Spielraum, doch einige Möglichkeiten gibt es, erläutert Baurechtsanwalt Bernd Hinrichs.
- Er weist auch darauf hin, dass Betriebe Kunden besonders jetzt ausführlich beraten und über die Lage informieren sollten, das erhöhe die Chance auf freiwillige Vorauszahlungen.
In Zeiten von rasch steigenden Materialpreisen und Lieferengpässen fällt es Handwerksbetrieben manchmal schwer, über einen längeren Zeitraum hinweg in Vorleistung zu gehen und hohe Beträge auszulegen. „Die Corona-Krise hat vielen Betrieben in Sachen Liquidität zugesetzt“, weiß auch Bernd Hinrichs, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Aurich. Warum nicht einfach Kunden bei Vertragsabschluss zur Kasse bitten und eine Vorauszahlung vereinbaren? „Das ist rechtlich schwer abzusichern“, betont der Rechtsanwalt. Denn nach § 641 BGB sind Handwerker generell vorleistungspflichtig und dürfen erst nach geleisteter Arbeit Abschlagszahlungen verlangen.
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Vorauszahlung als AGB-Klausel im Vertrag unwirksam
Hinrichs weist darauf hin, dass Vorauszahlungen als AGB-Klausel in einem Vertrag vor Gericht in der Regel nicht standhalten. Schreibe ein Handwerker beispielsweise in die AGBs (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) eines Vertrages „Der Auftraggeber zahlt bei Vertragsabschluss Summe X an den Betrieb Y“, sei diese Klausel unwirksam und der Kunde müsse in dem Fall keinen Cent vorab zahlen. „Der Rest des Vertrages bleibt aber dennoch bestehen und der Handwerker kann mit seinem Auftrag starten“, stellt Bernd Hinrichs klar.
Kommunikationsgeschick zahlt sich beim Thema Vorkasse aus
Der sicherste Weg, Vorkasse zu vereinbaren, sei eine „Individuallösung“. „Wichtig ist, dass Sie mit dem Kunden reden und die Vorauszahlung individuell vereinbaren“, betont Hinrichs. Das sei im Einzelfall aber schwer nachzuweisen. Denn rechtlich seinen Kunden nicht verpflichtet, eine Vorauszahlung an den Handwerker zu leisten. Es komme also auf das Kommunikationsgeschick des Unternehmers an, ob der Kunde ein Einsehen hat oder nicht.
Generell sei der Beratungsbedarf in Zeiten von steigenden Materialpreisen und Lieferengpässen gestiegen, weiß der Baurechtsanwalt aus seiner täglichen Praxis. „Die lange Corona-Krise macht einigen Betrieben finanziell zu schaffen. Es fällt ihnen zunehmend schwerer, für Aufträge mit großem Materialbedarf in Vorleistung zu gehen“, sagt Hinrichs. Einigen Kunden helfe es, wenn Handwerker die individuelle Situation erläutern. Schriftlich festhalten könnten Betrieb und Kunde dann, dass die Vorauszahlung für ein Einkauf von Material X am Tag Y verwendet wäre und damit sichergestellt wird, dass die Preise dafür nicht weiter steigen und die Arbeiten beim Kunden zeitnah beginnen können.
Vorkasse gegen Bürgschaft – möglich, aber kompliziert
Eine rechtlich sichere, aber nicht immer einfache Möglichkeit ist, Vorkasse gegen eine Bürgschaft zu vereinbaren. Das sei nach §16 Abs. 2 Nr.1 VOB/B nach Vertragsabschluss dann möglich, wenn der Betrieb dem Kunden mittels Bankbürgschaft eine Sicherheit stellt. „Das Problem hierbei ist, dass die Bank oft nicht so rasch mit einer Bürgschaft rausrückt, wie der Handwerksbetrieb sie braucht“, betont Rechtsanwalt Hinrichs.
Entscheiden sich Betrieb und Kunde dennoch für diesen Weg, rät Hinrichs Handwerkern, sich professionelle Unterstützung zu holen. „Lassen Sie sich den Text, wie Sie die Vorkasse im Zusammenhang mit der Bankbürgschaft regeln, von einem Anwalt rechtssicher formulieren.“ Dann seien Sie rechtlich abgesichert, wenn doch etwas nicht so läuft, wie geplant.
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